Schweiz
Klima

Klimaaktivisten von Fribourg: Bundesgericht spricht sie von Nötigung frei

Des personnes reagissent apres le verdict du proces de 31 activistes du climat ayant bloque Fribourg-Centre en novembre 2019 lors du Black Friday, le vendredi 18 juin 2021, devant le Tribunal d'a ...
Klimaaktivisten demonstrieren vor dem Bezirksgericht Saane während des Gerichtsprozesses 2021.Bild: KEYSTONE

Klimaaktivisten blockierten Shopping Center am Black Friday – Bundesgericht entlastet sie

16.11.2023, 12:0016.11.2023, 13:22
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Ende November 2019 ketteten sich Mitglieder der Bewegungen Extinction Rebellion und Klimastreik Freiburg an Einkaufswagen und Bretter vor dem «Fribourg Centre». Und das an einem der umsatzreichsten Tage des Jahres: am Black Friday. Sie wollten die jährlich an diesem Tag stattfindende Rabattschlacht anprangern.

Mit der Aktion blockierten sie die Eingangshalle des Einkaufszentrums. Die Polizei musste ausrücken, forderte die Klimaaktivisten auf, das Gebäude zu verlassen. Doch sieben Teilnehmende wehrten sich dagegen.

Das Freiburger Kantonsgericht verurteilte die sieben Aktivistinnen und Aktivisten 2022 darum zu 150 Franken Busse wegen «Zuwiderhandlung gegen Anordnungen oder Massnahmen der Polizei». Die erstinstanzliche Verurteilung wegen Nötigung hob das Kantonsgericht jedoch auf. Der Freiburger Generalstaatsanwalt war mit dieser Aufhebung jedoch nicht einverstanden. Er zog den Fall weiter bis vors Bundesgericht. Dieses hat nun ihr Urteil gefällt.

«Sieben Klima-Aktivistinnen und Aktivisten haben sich mit der Blockade der Eingangshalle eines Einkaufszentrums in Freiburg nicht der Nötigung schuldig gemacht», schreibt das Bundesgericht heute in einer Medienmitteilung. Der Grund: Der bei der friedlichen Aktion ausgeübte Druck auf Dritte habe nicht die dazu erforderliche Intensität erreicht, zumal die Kundschaft das Gebäude über andere Zugänge habe betreten und verlassen können.

Die Demonstration sei zudem friedlich verlaufen, die Blockade des Eingangs eines Einkaufszentrums stand in direktem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Protests anlässlich des «Black Fridays» und die Aktion sei strukturiert abgelaufen. Den Straftatbestand einer Nötigung sah das Bundesgericht deshalb nicht als erfüllt an.

Das Bundesgericht hat sich in seinem Urteil auch auf die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) bezogen, wie es in der Mitteilung weiter heisst. Dieses halte nämlich fest, «dass staatliche Behörden bei unbewilligten, aber gewaltfreien Versammlungen eine gewisse Toleranz üben müssen, damit die Versammlungsfreiheit nicht ihres Gehaltes entleert wird.»

Das Bundesgericht unterstreicht jedoch auch die Grenzen dieser Toleranz: «Als strafwürdig erachtete der EGMR etwa die fast vollständige Blockade von drei wichtigen Autobahnen.» Wann Klimaproteste den Straftatbestand einer Nötigung erfüllen, muss das Gericht also weiterhin im Einzelfall prüfen. Dauer und Umfang der Störung seien dabei in Betracht zu ziehen, wie es vom Bundesgericht heisst. (aye)

(Entscheid 6B_138/2023 vom 18. Oktober 2023)

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42 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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nichtMc
16.11.2023 14:13registriert Juli 2019
Ich verstehe die Interpretation des EGMR durch das BG nicht so richtig.
Dass staatliche Toleranz bei der Umsetzung der Versammlungsfreiheit gewährleistet sein muss, verstehe ich absolut.
Aber nicht im Kontext einer nichtbewilligten Versammlung auf privatem Grund.
Dass man sie auf öffentlichem Grund, wie bspw. ein Ratsplatz gewährleisten muss, ok. Aber hier wurde doch zumindest das Hausrecht des privaten Eigentümers verletzt?
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champedissle
16.11.2023 13:22registriert März 2020
Schon merkwürdig. Wenn ich 2 Minuten zu lange parkiere schlägt der Staat mit seiner ganzen Härte zu, obwohl ich durchaus friedlich bin und niemandem weh tue. Wenn aber Leute andere Leute nötigen und das taten sie, auch wenn das Bundesgericht jetzt das Gegenteil behauptet, und Landfriedenbruch begeht, so ist dies keineswegs "friedlich" sondern ein Verbrechen.
Wenn wir künftig solche "Richtersprüche" als Massstab hinnehmen müssen, empfehle ich gegen jede auch noch so kleine Busse Einspruch zu erheben und Weiterzug bis vor Bundesgericht vorzunehmen. Mal sehen wer den längeren Atem hat.
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