Der Lockdown wegen der Coronakrise hat die Spazier-Gewohnheiten der Bevölkerung massgeblich beeinflusst: Wer normalerweise viel in den Wald ging, reduzierte nun die Besuche, dafür fand der Forst viele neue Freunde.
Dank eines einzigartigen Zufalls konnten die Veränderungen bei Waldbesuchen statistisch ermittelt werden: Die Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL hatte gerade ihre dritte zehnjährliche Umfrage «Waldmonitoring Soziokulturell» (WaMoS) unter 8000 Gewährspersonen beendet, als im März der Lockdown verhängt wurde. Eine Wiederholung der Befragung bei 1000 Teilnehmern erlaubte konzise Rückschlüsse auf die Änderungen der Gewohnheiten.
Diese waren erheblich, wie die WSL in einer Mitteilung vom Mittwoch schreibt: «Anfang April, auf dem Höhepunkt des Corona‐Lockdowns in der Schweiz, waren viele Menschen häufiger im Wald unterwegs als vor dem Lockdown. Noch viel grösser war jedoch die Anzahl Erholungssuchender, die viel weniger oder überhaupt nicht mehr in den Wald ging.»
Unter anderem wurden Waldbesuche von der Wohnsituation und der Geografie mitbestimmt: Menschen aus Ballungsgebieten steigerten die Frequenz, Leute vom Land senkten sie. Der Anteil jener, die gar nie in den Wald gehen, stieg im Tessin am stärksten. Weil dieser Landesteil am härtesten vom Virus betroffen und die Bevölkerung deshalb die «Bleiben-Sie-zu-Hause»-Regel besonders streng befolgte, vermuten die Verfasser der Umfrage. In der Deutschschweiz gingen dagegen auffallend viele auffallend öfter in den Wald. Die Romandie lag anteilmässig dazwischen.
Auch die Motivation erfuhr einen Wandel: Die Gründe für die Waldbesuche verlagerten sich gemäss WSL «von sozialen Motiven (Freunde und Familie treffen, Fun erleben, Picknick usw.) hin zu Fitness sowie physischer und psychischer Gesundheit.»
Wer den Wald zu meiden begann, tat dies aus präventiv-medizinischen Gründen: «insbesondere aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder aus selbstgewählter Vorsicht, um sich nicht anzustecken.» Wer im Forst dagegen Erholung vom Eingesperrtsein suchte, war ungewöhnlich tolerant. Selbst Biker - sonst die Leib- und Magenfeinde von Waldspaziergängern - wurden laut WSL neuerdings wohlwollend ausgehalten.
Die Forschungsanstalt will die erlangten Erkenntnisse über Waldbesuche sinnvoll einsetzen: Sie bildeten «eine wichtige Grundlage für künftige Strategien zur Krisenbewältigung», schreibt sie, «denn der Wald ist in der Schweiz ein bedeutsamer Ort der Erholung, insbesondere in Stadtnähe. Und Erholung spielt gerade in Krisenzeiten eine grosse Rolle.» (aeg/sda)