Schweiz
Zürich

Trotz fehlender Bewilligung: Velo-Demo Critical Mass in Zürich rollt

Critical Mass rollt auch ohne Bewilligung – Polizei stoppt sie nicht, aber verteilt Bussen

Trotz fehlender Bewilligung fand in Zürich die Velo-Demo Critical Mass statt. Die Polizei ist vor Ort, greift bislang aber nicht ein. Eine Übersicht zu den Entwicklungen.
28.07.2023, 19:5629.07.2023, 12:18
Mehr «Schweiz»

Weniger Leute als sonst

In der Stadt Zürich haben sich am Freitagabend Velofahrerinnen und Velofahrer zur monatlichen Demonstration Critical Mass versammelt. Dies, obwohl die Veranstaltung von der Polizei zum ersten Mal nicht bewilligt worden war.

Teilnehmer an der Velodemo Critical Mass auf dem Buerkliplatz in Zuerich am Freitag, 28. Juli 2023. Bei der Critical Mass fahren am letzten Freitag im Monat Hunderte Velos nebeneinander durch die Stra ...
Die Velofahrerinnen und Velofahrer am Bürkliplatz.Bild: keystone

Wie diverse Medien berichteten sind heute aber weniger Leute vor Ort als bei den vorherigen Demonstrationen. Laut dem «Tages-Anzeiger» trafen sich rund 50 Teilnehmende auf dem Bürkliplatz. Später nahm diese Zahl dann zu: Diverse Gruppen fuhren durch Zürich, die laut dem «Tages-Anzeiger» aus bis zu 200 Leuten bestehen. Insgesamt sollen laut Keystone-SDA «einige hunderte» Demonstrantinnen und Demonstranten mitgefahren sein.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Critical Mass in Zuerich am Freitag, 28. Juli 2023. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Im Laufe des Abends nahm die Anzahl Teilnehmerinnen und Teilnehmer weiter zu.Bild: keystone

Polizei ist vor Ort, aber greift nicht ein

Am Treffpunkt war auch die Polizei, wo rund 20 Einsatzkräfte das Geschehen verfolgten. Ebenfalls vor Ort war ein Kastenwagen mit der Leuchtaufschrift: «Unbewilligte Demonstration – Anweisung der Polizei befolgen». Zudem wurden die Teilnehmenden um 19 Uhr mit einer Durchsage darauf hingewiesen, dass die Demo nicht bewilligt sei und man die Örtlichkeit verlassen solle. Die Teilnehmenden reagierten mit Veloklingen.

Die Polizei wartet auf dem Buerkliplatz auf die Velodemo Critical Mass in Zuerich am Freitag, 28. Juli 2023. Bei der Critical Mass fahren am letzten Freitag im Monat Hunderte Velos nebeneinander durch ...
Die Polizei ist vor Ort, greift bislang aber nicht ein.Bild: keystone

Nach 19 Uhr setzten sich die Fahrerinnen und Fahrer dann im Bewegung – allerdings nicht alle zusammen, sondern gestaffelt in mehreren Gruppen. Die Polizei intervenierte nicht. Solange sich die Gruppen an die Verkehrsregeln halten und den Verkehr nicht beeinträchtigen würden, sei es auch erlaubt, so Velo zu fahren, so Daniela Brunner, Leiterin Kommunikation der Stadtpolizei.

Im Laufe der Demo griff die Polizei vereinzelt ein. So wurden diverse Velofahrerinnen und Velofahrer kontrolliert, sie mussten sich ausweisen. Zudem wurden die Teilnehmenden an gewissen Stellen von der Polizei gefilmt. Wie ein Besucher dem «Tages-Anzeiger» berichtete, kam es auch zu Bussen. Kurz vor 20 Uhr liess die Stadtpolizei auf Twitter verlauten, blockierende Personen würden kontrolliert, verzeigt und weggewiesen werden. Es seien zudem Musikanlagen sichergestellt worden.

Einschränkungen im ÖV

Im öffentlichen Verkehr waren mit Einschränkungen zu rechnen. Wie ZVV bekannt gab, waren Tram- und Buslinien in der City und Zürich West verlangsamt unterwegs oder fielen aus.

FDP ist zufrieden

Die Grüne Partei, der auch Sicherheitsvorsteherin Kathrin Rykart angehört, forderte die Polizei im Vorfeld auf, zurückhaltend zu sein. Die FDP, die eine Aufsichtsbeschwerde beim Statthalter eingebracht hatte, zeigte sich am Freitagabend erfreut.

Përparim Avdili FDP Aargau
Der Stadtzürcher FDP-Präsident Përparim Avdili.Bild: ZVG

Der öffentliche Verkehr habe dank ihrer Intervention weitgehend ungestört rollen können. Dies im Gegensatz zu früheren Critical Mass-Abenden, teilte die Partei mit.

Die Hintergründe

Jeden letzten Freitag im Monat findet die Critical Mass in Zürich statt. Was vor circa 25 Jahren mit ein paar Dutzend Teilnehmern begann, hat mittlerweile eine beachtliche Grösse erreicht. Laut Beobachtern sollen schon bis zu 10'000 Teilnehmerinnen dabei gewesen sein.

Critical Mass Zürich Mai 2021
Eine Critical Mass im Mai 2021.Bild: criticalmass-zh

Wie der Name vermuten lässt, ist die Teilnehmerzahl durchaus wichtig: Die Idee hinter der Bewegung ist nämlich, dass sich eine grosse Anzahl Leute – also eine kritische Masse – an einem Ort trifft und gemeinsam mit dem Fahrrad durch die Stadt fährt.

Gemäss der Webseite des Zürcher Ablegers der Critical Mass ist ein solcher Anlass deshalb notwendig, weil Fahrradfahrer sich im Strassenverkehr täglich grossen Gefahren aussetzen und «als minderwertige Verkehrsteilnehmer marginalisiert» werden.

Für die Demonstration am 28. Juli hätten die Organisatorinnen und Organisatoren nach einem erfolgreichen Rekurs der FDP erstmals eine Bewilligung einholen müssen. Darauf wurde verzichtet.

(dab)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
254 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Aspirin
28.07.2023 20:28registriert Januar 2015
„Musikanlagen werden sichergestellt.“
Muss ich jetzt um mein Autoradio fürchten?
19768
Melden
Zum Kommentar
avatar
Guguseli 4.
28.07.2023 20:07registriert November 2020
Man stelle sich vor, 50 Autos fahren ohne Bewilligung direkt hintereinander durch die Stadt. Das wäre dann hoffentlich auch bewilligungspflichtig. Weiss jemand mehr?
291176
Melden
Zum Kommentar
avatar
Marius98
28.07.2023 21:22registriert April 2023
In vielen Schweizer Städten herrschen katastrophale Zustände hinsichtlich der Velowege! Entweder sind sie extrem gefährlich oder schlichtweg nicht vorhanden. Dagegen wurden Autofahrer über Jahrzehnte hinweg bevorzugt, obwohl ihr tägliches Fahren unsere Umwelt zerstört. Es ist höchste Zeit endlich angemessene Velowege zu errichten!
232129
Melden
Zum Kommentar
254
    Schweizer Botschafter bei Geheimtreffen mit Putin-Vertrauten und deutschen Politikern
    Putin und Schröder riefen einst den «Petersburger Dialog» ins Leben, bevor sie Deutschland in eine verheerende Gasabhängigkeit trieben. Nun sorgt das längst aufgelöste Forum erneut für Schlagzeilen.

    Im Luxushotel Four Seasons in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, kam es Mitte April zu einem brisanten Treffen einflussreicher Deutscher und Russen. Mit dabei war eine Schweizer Delegation, wie deutsche Journalisten am Donnerstagabend enthüllten.

    Zur Story