Das Obergericht des Kantons Zürich hat am Donnerstag einen 29-jährigen Mann der vorsätzlichen Tötung eines Kleinkindes und einiger Nebendelikte schuldig gesprochen. Bestraft wird er mit 15 Jahren Freiheitsentzug, einer bedingten Geldstrafe und einer Busse.
Nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe tritt für den Deutschen eine 13-jährige Landesverweisung in Kraft. Der Mutter des Kindes hat er eine Genugtuung von 75'000 Franken, dem Vater 55'000 Franken zu bezahlen. Dazu kommen hohe Verfahrenskosten auf ihn zu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.
An der Landesverweisung führe kein Weg vorbei, sagte der vorsitzende Richter in der mündlichen Urteilsbegründung. Die so genannten Katalogtaten zögen sie zwingend nach sich. Auch wenn der Beschuldigte bereits als Kind in die Schweiz gekommen sei, sei er nicht wirklich integriert. Er hat keine abgeschlossene Ausbildung und keine Arbeit, sondern lebt von Sozialhilfe.
Mit seinem Entscheid bestätigte das Obergericht das erstinstanzliche Urteil, erhöhte aber das Strafmass und verlängerte die Dauer der Landesverweisung. Das Bezirksgericht Winterthur hatte im September 2023 den Mann zu 12 Jahren und drei Monaten Freiheitsentzug, einer bedingten Geldstrafe und einer Busse verurteilt und elf Jahre Landesverweisung angeordnet.
Das Gericht musste in einem reinen Indizienprozess entscheiden. Aufgrund des Gesamtbildes der Indizien habe man aber keinen Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten, sagte der Richter.
Auffallend war laut Gericht unter anderem, dass der Kleine anfangs freudig auf den neuen Freund seiner Mutter zuging, gern mit ihm spielte. Mit der Zeit zog sich das Kind aber immer mehr vor dem Beschuldigten zurück und zeigte, dass es Angst vor ihm hatte.
Zweifellos sei es der Beschuldigte gewesen sei, der im Frühling 2021 in Winterthur den 20 Monate alten Sohn seiner neuen Freundin während Wochen misshandelte. Der Kleine wies zahlreiche Verletzungen bis hin zu einem Wirbelbruch auf. Schliesslich schüttelte er ihn so heftig, dass der Bub ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitt. Ein paar Tage später, am 12. Juni 2021, starb er.
Das Gericht sei nicht davon ausgegangen, dass der heute 29-Jährige die Tötung geplant oder direkt gewollt habe. Er habe sie durch sein Handeln aber in Kauf genommen, also eventualvorsätzlich gehandelt.
Als Täterschaft kamen nur er und die Mutter des Kindes in Frage. Beide wurden in Untersuchungshaft genommen. Aufgrund umfangreicher Ermittlungen wurde der Verdacht gegen den Mann erhärtet. Die Auswertungen der Mobilfunkdaten und Fotos der Verletzungen des Kindes, die der Beschuldigte jeweils machte, sei dokumentiert, dass er jeweils mit dem Kind allein war, wenn dieses verletzt wurde.
Die Aussagen des Mannes in der Untersuchung war laut Richter «über weite Strecken unglaubhaft». Er äusserte sich vage, und er machte Erinnerungslücken geltend, auch, wenn es um einschneidende Ereignisse ging.
Die Frau dagegen habe glaubhaft ausgesagt. Ihre Schilderungen seien detailliert und lebhaft gewesen, sie habe ihre eigene Situation nicht beschönigt und auch von Schwächen berichtet.
Der Verteidiger hatte für einen Freispruch seines Mandanten von allen Gewaltdelikten plädiert. Nur für die unbestrittenen Drogenvergehen sei er zu bestrafen. Angemessen seien eine bedingte Geldstrafe und eine Busse. Damit entfalle auch die Landesverweisung. Er rückte die Kindsmutter als Verdächtige in den Fokus.
Der Staatsanwalt forderte eine 14-jährige Freiheitsstrafe wegen vorsätzlicher Tötung und 13 Jahre Landesverweis. Von der vor Bezirksgericht geltend gemachten Qualifizierung der Tat als Mord rückte er damit ab. Er verlangte aber eine Erhöhung von Strafmass und Dauer der Landesverweisung. (sda)