Wer ist gut? Wer ist wichtig? Wir können wochenlange Seminare veranstalten und doch finden wir in dieser Frage keine Einigkeit. Tore, Assists, Strafminuten und die Plus-/Minus-Statistik sagen zwar viel. Aber bei weitem nicht alles. Wäre die Beurteilung von Spielern so einfach, dann hätten die Sportchefs ein geruhsames Leben.
Die Statistiken sagen zum Beispiel nicht, welche Bedeutung ein Spieler in der Chemie einer Mannschaft hat. Welche Verdienste aus der Historie. Welche Ausstrahlung auf die Fans. Und erschwerend kommt hinzu, dass nicht nur das Talent entscheidet. Die Persönlichkeit spielt eine fast so wichtige Rolle. Sportchefs holen Spieler, aber es kommen Menschen. Junge Männer, die dafür bezahlt werden, um zu spielen.
Wer mag also in einer so komplizierten Wissenschaft von einem Chronisten verlangen, keinem Irrtum zu unterliegen? Nicht berücksichtigt sind die Spieler, die nur als Gäste hier waren und bereits wieder in die NHL-Trainingscamps abgereist sind.
Wir zeigen die Top 50 der besten Spieler der ersten Qualifikationshälfte 2020/21 in einer fünfteiligen Serie. Hier der zweite Teil:
Zweimal Meister mit den ZSC Lions (2012, 2014), zweimal Cupsieger (2016 mit dem ZSC, 2017 mit Kloten) – und doch war der WM-Silberheld von 2013 in den letzten Jahren nie mehr ganz glücklich. Nach einer «Odyssee» von Zürich über Kloten und Lugano ist er 2019 in Biel angekommen. Und nun sehen wir diese Saison endlich, endlich wieder den wahren Luca Cunti. An einem guten Abend ist wieder einer der smartesten, elegantesten und dynamischsten Schweizer Center der Liga.
Nach dem Abstieg mit den Lakers wechselte er im Sommer 2015 nach Langnau. Ein Kaisertransfer. Im Emmental ist der Lette mit Schweizer Lizenz zu einem der besten Torhüter der Liga gereift. Aber er ist ein zerbrechlicher Titan. Immer wieder wird er durch Verletzungen geplagt und in der ruhmreichen Playoff-Saison (2018/19) konnte er nur 12 Partien bestreiten. Langnaus bester Torhüter seit Benjamin Conz hat seinen Vertrag vorzeitig um ein Jahr bis 2022 verlängert. Der Traum ist die NHL, die Wirklichkeit Langnau.
Es mag sein, dass der WM-Silberheld von 2013 und 2018 nicht in jeder Partie ohne Fehl und Tadel ist und ab und zu einen «Haltbaren» reinlässt. Aber er ist ein charismatischer Titan (194 cm) und an einem guten Abend der beste Torhüter der Liga. Gottéron tritt mit einem ganz anderen Selbstvertrauen auf, wenn er zwischen den Pfosten steht. Nun versucht er, was weder Robert Meuwly noch Dino Stecher, Thomas Östlund oder Benjamin Conz gelungen ist: Meister werden mit Gottéron.
Im Sommer 2019 verpflichtete Servette einen 34 Jahre alten Kanadier mit hölzernen Füssen, 94 Kilo Kampfgewicht und über 700 NHL-Schlachten auf dem Tacho. Und schon kam die Hoffnung auf, Chris McSorley sei der Magie eines grossen Namens erlegen und für einmal habe auch er sich geirrt. Aber der Kinderbuchautor («The Bulliest Dozer») übertrifft auch in seinem zweiten Jahr in Genf alle Erwartungen: erstaunlich beweglich, in allen drei Zonen ein Plus und oft der Mann für die entscheidenden Tore.
Einer der meistunterschätzten Ausländer. Drei Jahre in Ambri, dann zwei Jahre in den nordamerikanischen Farmteamligen und schliesslich beim SCB gewogen und nach zwei Jahren und einem Titelgewinn im Frühjahr 2018 für eine Weiterverpflichtung als zu leicht befunden. Im Hallenstadion spielt der pflegeleichte, pflichtbewusste Leitwolf sein bestes Hockey. In seiner ersten NL-Saison (2012/13) in Ambri und letzte Saison produktivster Verteidiger der Liga.
Der U18-WM-Finalist von 2001 (bester Torhüter des Turniers und im All-Star-Team) spielt mit bald 37 Jahren eine weitere überragende Qualifikation und wird zum 10. Mal seit seiner Rückkehr aus Nordamerika vor 11 Jahren im Durchschnitt mehr als 92 Prozent der Schüsse abwehren. Ruhig, abgeklärt, souverän. Er hat nach wie vor eine Mission: Meister werden – um nicht als einer der besten Torhüter in unsere Geschichte einzugehen, der nie einen Titel gewonnen hat. Er hat noch etwas Zeit: Der Vertrag läuft bis 2022.
Mit 1,71 Meter zu klein für die NHL (kein Spiel in der wichtigsten Liga der Welt), aber gerade richtig für die National League. Über Salzburg, München und dem schwedischen Linköping kam er 2017 nach Zug, wo er nach der zweiten Saison von den ZSC Lions abgeworben wurde. Nun stürmt er bereits im zweiten Jahr im Hallenstadion. Der Amerikaner ist einer der smartesten, komplettesten Center der Liga. Feine Hände wie ein Pianist und läuferisch explosiv wie ein Sprinter.
Wir haben ihn in der Vergangenheit nicht immer gnädig beurteilt, aber im dritten Jahr in Zürich spielt der kräftige, schussfleissige Flügelstürmer das beste Hockey seiner Karriere. Er ist drauf und dran, zum zweiten Mal nach 2016/17 (23 Treffer) die 20-Tore-Marke zu knacken. Macht der Sohn der Klotener Legende Felix Hollenstein so weiter, sind nicht einmal 30 Tore ausgeschlossen. In dieser Form hat der WM-Silberheld von 2013 gute Chancen, erstmals seit 2017 wieder an die WM zu fahren.
Der tschechische Center kam vor einem Jahr mit dem Ruf nach Zug, ein bisschen ein Rock’n’Roller zu sein. Gekommen ist ein Profi ohne Fehl und Tadel und diese Saison ist er der einzige Ausländer in Zug, der die Erwartungen restlos erfüllt. Ein kräftiger, mit einem Hauch von Genie gesegneter Leitwolf, trotz seiner Masse (fast 100 Kilo) erstaunlich dynamisch und beweglich und fast nicht vom Puck zu trennen. Zug braucht vor allem auch seine meisterliche Erfahrung aus Russland und Tschechien.
Er ist in den zwei Jahren in Fribourg und anschliessend im Hallenstadion nicht ganz glücklich geworden. Erst jetzt sehen wir in der zweiten Saison bei den Lakers Abend für Abend den wahren Roman Cervenka. Im Herbst der Karriere zwickt es mal hier und mal da, 52 Spiele wird er vielleicht nicht bestreiten. Aber noch nie war er bei uns so produktiv. An lichten Abenden der Beste der Liga, ein leichtfüssiger Künstler, der übers Eis zu schweben scheint und Rapperswils spektakulärster Spieler seit Jason Spezza.