In Nordamerika würde er wohl als «Heidiland-Gretzky» vermarktet. Andres Ambühl ist ein echter Bergbauernbub aus dem Bündnerland. Aus dem Sertigtal bei Davos. Das dürfen wir schon als «Heidiland» bezeichnen.
Es ist die Landschaft, die Johanna Spyri zu «Heidi», einem Klassiker der Weltliteratur, inspiriert hat. Und hätte sie schon 1878 von Andres Ambühl gewusst, hätte sie sicherlich ihre Erzählung «Wie Wiselis Weg gefunden wird» anders betitelt: «Wie Andresli seinen Weg von Davos bis Helsinki gemacht hat.»
Es geht hier nicht darum, die Wurzeln des 38-jährigen Ambühl romantisch oder gar ironisch zu verklären. Da seien die Hockey-Götter davor. Tatsächlich dürfte seine Herkunft, sein geerdetes Wesen, seine Gelassenheit und sein stilles Selbstvertrauen wichtige Gründe dafür sein, warum er ein Spieler mit Weltformat geworden ist. Und auf und nicht neben dem Eis für Wirbel sorgt.
2004 stürmt der HCD-Leitwolf zum ersten Mal auf der globalen Bühne und nun wird er gegen Kanada mit 120 WM-Partien ewiger WM-Rekordhalter aller Länder und Zeiten.
Andres Ambühl ist den ganzen, langen Weg von der «roten» zur «grünen» Nationalmannschaft bis hinauf in die Weltspitze mitgegangen. Rot waren einst unter Nationaltrainer Ralph Krueger bis 2009 die Spieler, die primär defensive Aufgaben hatten. Grün jene, die auch mal ein wenig nach vorne stürmen durften. 2004 waren noch fast alle rot. Heute sind nahezu alle grün.
Andres Ambühl, der flinke, schlaue, furchtlose Dauerläufer war bereits 2004 bei seinem WM-Debüt einer der wenigen grünen Spieler. Er erinnert sich: «Damals mussten wir meistens die Scheibe einfach ins gegnerische Drittel schiessen. Heute dürfen wir mit dem Puck auch mal was anfangen. Das macht natürlich mehr Spass.»
Ein Blick auf die Karrieren seiner Kollegen im WM-Team von 2004 mag seine spielerische Langlebigkeit illustrieren: Patrick Fischer ist jetzt temporär sein Chef als Nationaltrainer, Luca Cereda amtet als Trainer in Ambri und Thierry Paterlini als Bandengeneral in Langnau. Martin Steinegger arbeitet als Sportchef in Biel und Julien Vauclair in der gleichen Position bei Ajoie. Mark Streit ist gar beim SC Bern Verwaltungsrat und mit einem Aktienpaket in siebenstelliger Höhe Mitbesitzer.
Was die Rekordmarke des HCD-Captains Ambühl aufwertet: Er ist nicht der Legende und des Rekordes willen für Helsinki aufgeboten worden. Wie etwa die Finnen ihren ewigen Stürmer Raimo Helminen im gleichen Alter wie Andres Ambühl – also mit 38 Jahren – noch ein letztes Mal für die WM 2002 nominiert und zum Captain gemacht haben. Der finnische Kultstürmer musste sich damals bei seiner internationalen Abschiedsvorstellung mit zwei Assists in neun Partien begnügen.
Andres Ambühl hat hier in Helsinki schon nach vier Partien ein Tor und ein Assist auf dem Konto. Ein statistischer Vergleich mit dem bisherigen ewigen Rekordhalter Udo Kiessling (119 WM-Spiele) ist nicht ganz fair: Der Deutsche war Verteidiger. Bei seiner letzten WM 1991 im Alter von bloss 36 Jahren konnte der Captain des deutschen WM-Teams von seiner Position her nicht auf Punktejagd gehen. Immerhin kam er in neun Partien zu einem Assist.
Wir sehen: Andres Ambühl ist in jeder Beziehung eine Ausnahmeerscheinung. Mit einer Grösse von 176 Zentimetern bestätigt er auch ein Klischee: Kleine, leichte Läufer laufen länger als grosse, schwere und kräftige Titanen. Tempo, Energie und Schlauheit sind für die sportliche Langlebigkeit besser als Wucht, Kraft und Wasserverdrängung.
Die Frage ist natürlich: Was hat Andres Ambühl getan, um den Alterungsprozess aufzuhalten? Dazu hat er einmal gesagt: «Ich habe eigentlich nichts getan, um diesen Prozess aufzuhalten, und lebe heute nicht anders als vor zehn Jahren. Ich habe wohl das Glück einer von Natur aus robusten Verfassung und ich bin von Verletzungen weitgehend verschont geblieben.»
Diese robuste Natur, diese «Heidiland-DNA», spielt bei seiner spielerischen Langlebigkeit sicherlich eine zentrale Rolle. Natürlich spürt Ambühl, dass er nicht mehr 20 ist. «In erster Linie merke ich, dass um mich herum in der Garderobe alle jünger werden. In gewissen Bereichen merke ich aber schon, dass ich älter geworden bin. Mit zunehmendem Alter legt man beispielsweise ein grösseres Augenmerk auf die Regeneration als noch vor ein paar Jahren. Nicht unbedingt wegen der Müdigkeit, sondern vor allem, um Verletzungen zu vermeiden.»
Die Statistik verrät sein Alter nicht. Er hat diese Saison die Qualifikation mit 31 Skorerpunkten abgeschlossen: Exakt gleich viele Punkte hat der «Dauerskorer» auch vor zehn Jahren produziert und es sind bei gleich vielen Partien (49) sogar mehr als 2008 (26).
2023 eine weitere WM für Andres Ambühl? Es spricht nichts dagegen.
Jahr für Jahr ruft er seine Leistung nicht nur ab, sondern ist auch in seinem zarten Alter noch Vorbild, was Einsatz betrifft.
Am erstaunlichen finde ich, konnte er seinen Speed halten. Die meisten „älteren“ Spieler verlieren Speed, gleichen ihn aber durch Erfahrung aus.
Dass Büeli immer noch so stark ist, ist wohl seiner Unbeschwertheit und seiner Freude am Spiel geschuldet. Es ist schön zu sehen, wie er immer noch Spass hat.
Ich wünsche ihm eine erfolgreiche WM, denn niemand weiss, wie manche für ihn noch folgen wird.
Vergleichbar vielleicht mit einem Seger
Ein Vorbild für jeden Junior
Bravo
Er verdient jede erdenkliche Würdigung....