
Hat Raeto Raffainer eine Grenze überschritten?Bild: keystone
Eismeister Zaugg
SCB-Manager Raëto Raffainer hat erneut einen Tabubruch begangen und am Samstag während der ersten Pause des Spiels gegen Ambri die Schiedsrichter belehrt. In Gegenwart von Sponsorenvertretern. Er darf bei der Beurteilung seines Vergehens mit Milde rechnen. Dabei wäre es dringend erforderlich, ein Exempel zu statuieren.
Was ist passiert? Der Tathergang ist klar und wird von Raëto Raffainer auch nicht bestritten. Er sagt, er habe sich mit Sponsorenvertretern in der ersten Pause im «Bärengraben» aufgehalten. Das ist der Innenhof auf Höhe des Eisfeldes im Bauch der PostFinance Arena, von dem aus die Kabinen der beiden Teams und die Schiedsrichtergarderobe betreten werden.
Die Schiedsrichter kamen vom Eis und strebten ihrer Garderobe zu. Der SCB-Manager führt aus, er habe ihnen sinngemäss zugerufen, sie sollten etwas mutiger pfeifen. Beleidigende Worte seien keine gefallen.
So steht es in den Grundzügen auch im Schiedsrichter-Rapport. Dummerweise hat Ambris Assistent René Matte mitbekommen, dass der SCB-Manager den Schiedsrichtern etwas zugerufen hat und war verständlicherweise aufgebracht. Raëto Raffainer sieht ein: «Das war ein Fehler und ich habe mich in der zweiten Pause bei den Schiedsrichtern entschuldigt und die Entschuldigung ist angenommen worden.» Auch die Entschuldigung ist im Rapport vermerkt. Raeto Raffainer sagt, er habe sich dann am Sonntag auch noch bei Ambris Sportchef Paolo Duca entschuldigt. Er ist also zweifelsfrei einsichtig.

Die Ambri-Funktionäre sind erbost über die Aktion von SCB-Manager Raffainer.Bild: keystone
So weit, so gut. Dumm nur, dass Ambris Trainer Luca Cereda mitbekommen hat, dass sich Raëto Raffainer in der zweiten Pause bei den Schiedsrichtern entschuldigt hat und er ist logischerweise davon ausgegangen, dass sich der SCB-Chef mit den Unparteiischen unterhalten hat. Verständlicherweise war er aufgebracht.
Die Regeln sind klar und eindeutig: Ein Klub-Funktionär darf sich erst 20 Minuten nach Spielschluss mit den Schiedsrichtern unterhalten. Ausnahmen gibt es keine.
Was nun? Am Montag entscheidet das Büro der Liga («Liga-Politbüro») unter dem Vorsitz von Liga-Manager Denis Vaucher, ob aufgrund des eingegangenen Schiedsrichter-Rapportes bei der Verbandsjustiz Anzeige erstattet (d.h. ein Verfahren gegen Raëto Raffainer beantragt) wird oder ob man es bei einer schriftlichen Verwarnung bewenden lässt.

Lässt Denis Vaucher Raëto Raffainer ungeschoren davonkommen?Bild: KEYSTONE
Denis Vaucher entstammt einer mächtigen Stadtberner Familie. Im «Polit-Büro» hat auch der ehemalige SCB-Manager Willi Vögtlin als Spielplan-Chef Einsitz. Obwohl Schiedsrichterchef Andreas Fischer in diesem Gremium seine Meinung einbringen kann, ist damit zu rechnen, dass Raëto Raffainer als «Wiederholungstäter» mit Milde rechnen kann und erneut mit einer Verwarnung davonkommen wird. Er hat sich bereits letzte Saison eines ähnlichen Vergehens schuldig gemacht.
Auch wenn der SCB-Manager den Anstand gewahrt hat und sich reuemütig zeigt. Einmal mehr ist in Bern eine rote Linie überschritten worden. Die Schiedsrichter sind während eines Spiels tabu. Ein Manager hat während eines Spiels nichts bei den Schiedsrichter-Garderoben zu suchen und erst recht keine Sponsorenvertreter. Raëto Raffainer sagt, die Sponsorenvertreter hätten sich im Hintergrund gehalten. Aber es ist nachgerade ein Skandal, dass sich Sponsorenvertreter während eines Spiels im sensibelsten Bereich des Stadions aufhalten dürfen.
Die strikte Abschirmung der Schiedsrichter ist zwingend notwendig. Es darf nicht auch nur den Anschein erweckt werden, dass der Manager oder gar Sponsorenvertreter eines Klubs während eines Spiels in irgendeiner Form Einfluss auf die Schiedsrichter nehmen können. Erst recht, vor den Augen von Vertretern der gegnerischen Mannschaft. Das ist umso wichtiger, weil in der Schweiz – anders als in der NHL – die Schiedsrichter bei mehreren Stadien und auch in Bern das Eis auf dem gleichen Weg wie die Spieler und Trainer verlassen müssen, um in ihre Garderoben zu gelangen.

Die National-League-Schiedsrichter sind tabu für Funktionäre.Bild: keystone
Im Tessin schiessen im Hockey die Verschwörungstheorien oft aus dem Boden wie die Steinpilze im Herbst. Immer wieder werden Verschwörungen gegen Ambri oder Lugano vermutet. Wenn der SCB-Manager sich während der Pause mit den Schiedsrichtern unterhalten darf und im Hintergrund gar noch Sponsorenvertreter zuschauen dürfen – dann wird eine rote Linie weit überschritten und Verschwörungstheorien sind mehr als verständlich. Zumal Raëto Raffainer als Mitglied des Direktoriums des internationalen Eishockey-Verbandes auch noch der international ranghöchste Hockeyfunktionär im Lande ist.
Im alten Preussen galt für die Beamten: Es genügt nicht, unbestechlich zu sein. Es ist auch alles zu unterlassen, das den Eindruck erwecken könnte, bestechlich zu sein. In diesem Sinne ist im Hockey alles zu unterlassen, was den Eindruck erwecken könnte, dass sich die SCB-Vertreter mehr erlauben dürfen als andere. Es wäre an der Zeit, ein Exempel zu statuieren, ein Verfahren gegen Raëto Raffainer zu eröffnen und ihn nicht schon wieder mit einer Verwarnung davonkommen zu lassen. Dabei müsste zwingend untersucht werden, wie es sein kann, dass Sponsorenvertreter während des Spiels in den sensibelsten Bereich des Stadions gelangen können. In den VIP-Logen hat es ja wahrlich Platz genug.
P.S. Der SCB hat das Spiel gegen Ambri in der Verlängerung 4:3 gewonnen. Es hat keine Schiedsrichter-Fehlentscheide und keine Powerplay-Tore gegeben.
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