Hier sehen Sie richtig – aber nur, was uns gefällt: Der europäische Fussballverband UEFA zensiert während der Europameisterschaft alle Spiele. Das «Weltsignal» zeigt meist nur Traumtore, jubelnde Fans und schwitzende Trainer.
Krawalle auf den Tribünen, Flitzer und Böller hingegen bleiben vielen Zuschauern verborgen. Die EM wirkt dadurch wie eine heile Welt, die sie gar nicht ist.
«Natürlich haben wir die Erwartung, dass auch angesichts der brisanten gesellschaftspolitischen Lage alle relevanten Szenen im Weltsignal der UEFA enthalten sind», sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz dem deutschen Sportinformationsdienst am Montag: «Dazu gehören nicht nur die Spielszenen, sondern auch alles, was abseits passiert. Diese Erwartungshaltung haben wir auch klar formuliert.»
Zwar könnten die deutschen Sender theoretisch bei jedem EM-Spiel bis zu zehn eigene Kameras aufstellen. Das rentiere sich aber nur, wenn die deutsche Nationalmannschaft mitspielt.
«Da können wir deshalb alle journalistisch relevanten Szenen zeigen», sagte Gruschwitz. Bei den Öffentlich-Rechtlichen gebe es keine Zensur. Bei den Übertragungen aus den deutschen Bundesligastadien werden keine Bilder herausgeschnitten. Wenn beispielsweise Pyrotechnik brennt, ist das meist auch zu sehen. Bei den EM-Spielen sind die TV-Anstalten aber von der UEFA abhängig.
Als am Samstag nach dem Hochrisikospiel zwischen England und Russland auf den Tribünen des Stade Velodrome die Ausschreitungen begannen, als Familien voller Angst vor der Hooligan-Gewalt flüchten mussten, gab es deshalb davon im Fernsehen ganz wenig zu sehen.
Offiziell geht es der Uefa, die das TV-Signal für viele Millionen Franken verkauft, darum, den Randalierern keine Bühne zu bieten und möglichen Nachahmern kein Vorbild zu liefern.
Les marseillais rouent de coups un supporter anglais #ANGRUS #Marseille #Euro2016 pic.twitter.com/xdtIUlqY69
— La Provence à l'Euro (@LaProvenceEuro) 11. Juni 2016
Das war am Samstag, als in der Fanzone von Marseille mehrere Tausend Russen und Engländer in der ohnehin schon viel zu aufgeheizten Stimmung das Spiel vor der Grossbildleinwand verfolgten, auch hilfreich.
Die Gewalt aus dem Stadion hätte sich schnell auf die Fans ohne Ticket übertragen können. In der südfranzösischen Stadt hatte es zuvor blutige Ausschreitungen gegeben, ein Fan befindet sich immer noch in kritischem Zustand.
Soziale Medien gewinnen an Ausstrahlungskraft
Dennoch bleibt die Frage, wie weit die Zensur gehen darf. Als am Sonntag im Pariser Prinzenpark ein kroatischer Fan glückselig auf den Platz stürmte und den Treffer von Luka Modric gegen die Türkei mit seinen Idolen feierte, war das im Fernsehen für den Bruchteil einer Sekunde zu sehen.
Passiert ist nichts, spätestens in der Wiederholung hätten die Bilder niemandem geschadet - wohl aber offenbart, welche Sicherheitslücken es in den Stadien gibt. Das gefällt der Uefa selbstverständlich überhaupt nicht.
Bei der Zensur von offizieller Seite gewinnen die Sozialen Medien an Ausstrahlungskraft. Jeder Fan kann das Erlebte in der Stadt und in den Fanzonen aufnehmen und via Twitter oder Facebook in die weite Welt tragen. Verbände und Behörden geraten dadurch noch stärker unter Druck.
(aargauerzeitung.ch)
Wasser- oder Galiamelonen?
Ich finde es eher bedenklich, das man in den städten mit bekannten problemzonen und unbequemen Gästen dermassen überrascht und überfordert wird.
Meist sind diese Typen nur in der anonymen Masse stark.
Vor einiger Zeit fragte ich einmal einen Polizisten, ob es hinter den Masken und Kapuzen bei einer Fussballrandale andere Gesichter hätte als beim schwarzen Block vom 1. Mai oder bei anderen gewalttätigen Saubannerzügen. Lakonisch meinte er, dass es sich vielfach um die gleiche "Kundschaft" handle. Als wenig bis nichts politisch motiviert. Gewalt in der Anonymität ausüben und sich bei, vor allem linken Demos, feige hinter Familien verstecken.