Beim DFB will keine Ruhe einkehren. Nach der enttäuschenden WM, dem Kader-Umbruch und der Blamage in der Nations League steht der Weltmeister von 2014 immerhin tabellarisch wieder dort, wo er sich das vorstellt: An der Spitze seiner Gruppe C. In den Duellen gegen Estland, Weissrussland und Nordirland kann die Löw-Elf ihr EM-Ticket lösen. Wer dabei das DFB-Tor hüten sollte, daran schieden sich zuletzt die Geister – sogar Bayern-Boss Uli Hoeness mischte sich ein. Nun sprach Bundestrainer Jogi Löw aber ein Machtwort: «Manuel Neuer ist auch mit Blick auf die Europameisterschaft unser Kapitän und somit für uns aktuell auch unsere Nummer eins.» Ist die Torwart-Posse damit endlich vom Tisch?
Es waren keine einfachen Jahre für den Vizeweltmeister von 2010. Gleich zweimal in Serie musste die Elftal zuletzt ein grosses Turnier am TV mitverfolgen, nachdem sie in der Qualifikation von Teams wie Island oder Tschechien düpiert worden war. Oranje ist darob aber nicht im Tal der Tränen versunken, sondern hat die Baisse genutzt, um sich unter Ronald Koeman mit Geduld neu zu erfinden. Der Generationenwechsel ist vollzogen. Statt Robben, Sneijder oder Van Persie sind heute Youngsters wie De Ligt, De Jong oder Depay die Hoffnungsträger. Mit ihnen sollen sich die Niederlande endlich wieder qualifizieren. Dank des fulminanten 4:2-Siegs über Deutschland stehen die Chancen dafür aktuell richtig gut.
Eine EM ohne Titelverteidiger? Das wäre ein dickes Ding. Ganz so schwarz wollen wir die Situation Portugals in Gruppe B noch nicht malen. Trotzdem steht die Truppe um Superstar Cristiano Ronaldo aktuell nur auf dem zweiten Rang, hat nach harzigem Auftakt bereits fünf Punkte Rückstand auf die Ukraine. Grund zur Besorgnis ist das aber noch nicht. Denn: Portugal zeigte eine Reaktion, fertigte Litauen (5:1) und Serbien (4:2) ab und hat dank des einfacheren Restprogramms alle Trümpfe in der Hand. Ausserdem qualifiziert sich auch der Gruppenzweite. Und selbst wenn Serbien noch vorbeiziehen sollte, bleibt den Portugiesen die Hintertüre Nations League zur EM-Teilnahme.
Sein Name ist in aller Munde: Teemu Pukki. Der Stürmer ist in der Premier League der Mann der Stunde und verblüfft mit seiner Torflut für Norwich City die Insel. Auch im Nationalteam läuft es eindrücklich: Auch dank seinen fünf Toren steht Finnland in Gruppe J derzeit auf dem zweiten Rang. Und dort herrscht hinter den enteilten Italienern jede Menge Platz für Sensationen. Diesen will das Team von Markku Kanerva nutzen. Der ehemalige Lehrer hat den Finnen eine neue Identität verliehen. Mit Kampfgeist, defensiver Stabilität und Torjäger Pukki will sich Finnland zum ersten Mal überhaupt für ein grosses Turnier qualifizieren. Wiederholt sich im hohen Norden gerade die Erfolgsstory Islands?
Wo ist nur die Euphorie geblieben, die Trainer Marcel Koller in Österreich mit seinem Team vor vier Jahren auf dem Weg an die EM 2016 entfacht hat? Die verpasste WM-Qualifikation 2018 sowie die Niederlagen zu Hause gegen Polen und in Israel beim Start in die EM-Ausscheidung 2020 sowie die gescheiterte Einbürgerung des Premier-League-Topstürmers Ashley Barnes vom FC Burnely haben für Ernüchterung gesorgt. Zwar sind die Österreicher nach zehn Punkten aus vier Spielen wieder im Geschäft und können sich im Fünfkampf(!) mit Polen, Slowenien, Nordmazedonien und Israel sogar noch aus eigener Kraft für die EM qualifizieren, dennoch wird das Ernst-Happel-Stadion heute gegen Israel nur zur Hälfte gefüllt sein.
Drei Tore in einem Auswärtsspiel gegen England müssen zuerst einmal geschossen werden. Kosovo hat das geschafft, am Ende in Southampton aber gleichwohl 3:5 verloren und im fünften Spiel in dieser Qualifikation die erste Niederlage eingesteckt. Dennoch kann der Schweizer Trainer Bernard Challandes das kleine Land noch immer zur Sensation einer erstmaligen Turnierteilnahme führen. Viele seiner Spieler haben Bezug zur Schweizer Super League. Richtungsweisend wird im November die Partie in Tschechien sein. Zuerst aber müssen sich die Kosovaren gegen Montenegro durchsetzen. Mut macht, dass der zuletzt zweimal verletzt fehlende Stürmerstar Milot Rahica von Werder Bremen wieder zur Verfügung steht.
Eines der bisher verrücktesten Spiele dieser EM-Ausscheidung war Norwegen gegen Schweden. Nach 70 Minuten stand es 2:0, dann drehten die Gäste den Spiess um und schossen in der Nachspielzeit das 3:2. Aber in der 97. Minute gelang Kamara noch der Ausgleich. Damit hat Norwegen im Wettstreit mit Schweden und Rumänien intakte Chancen auf Rang 2 hinter Spanien. Es wäre die erste EM-Qualifikation seit 2000. Der vielleicht grösste Trumpf der Norweger steht an der Linie und heisst Lars Lagerbäck, der mit den Isländern bei der EM 2016 für Furore gesorgt hat. Und dann ist da natürlich auch noch Shootingstar Erling Haaland, der für Salzburg in der Bundesliga in acht Spielen elf Tore geschossen hat.
Der dritte Rang bei der WM 2002 und die Halbfinalteilnahme bei der EM 2008 sind die bisher grössten Erfolge der Türkei. Nach der bitteren Enttäuschung des frühen Ausscheidens 2016 in Frankreich unter Fatih Terim will sie es 2020 besser machen. Die Chancen, im nächsten Sommer mitzuspielen, stehen gut. Der diskussionslose 2:0-Erfolg über Weltmeister Frankreich hat das Potenzial der Mannschaft von Trainer Senol Günes aufgezeigt. Zwar gab es in Island eine knappe Niederlage, doch weil die Türken das Rückspiel noch zugute haben und jetzt schon drei Punkte vor den Nordländern liegen, werden sie wohl durchkommen. Ihr bester Torschütze ist der 28-jährige Cenk Tosun vom FC Everton mit vier Toren. (mim/aargauerzeitung.ch)
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