Für Sadio Mané war am 1. Juni ein Traum wahr geworden: Mit dem FC Liverpool gewann er die Champions League. Doch jüngst liess er verlauten, er würde diesen Triumph eintauschen, wenn er dafür mit Senegal den Afrika-Cup gewinnen könne. Für den zweifachen WM-Teilnehmer aus Westafrika wäre es der allererste Erfolg an der kontinentalen Meisterschaft.
Nun wartet Aussenseiter Benin auf den Senegal. Napoli-Verteidiger Kalidou Koulibaly warnt: «Wir haben sie beobachtet. Benin hat ein kompaktes Team und spielt sehr gut.»
Vier Spiele, keines gewonnen – und trotzdem im Viertelfinal. Mit einem 2:2 und zwei 0:0 kam Benin als Gruppendritter dank der besseren Tordifferenz gegenüber Kenia weiter. Gegen Marokko stand es nach 120 Minuten ebenfalls unentschieden (1:1), im Penaltyschiessen setzten sich die «Eichhörnchen» durch.
Noch nie zuvor war Benin bei seinen bisher drei Teilnahmen am Afrika-Cup über die Gruppenphase hinausgekommen. Nach dem letzten Scheitern im Jahr 2010 löste der Verband gar die Nationalmannschaft auf, wegen angeblich fehlendem Patriotismus der Spieler. Kein Jahrzehnt später rief der Staatspräsident in die Kabine an, um den Spielern auszurichten: «Ihr seid nun der Stolz unseres Landes.» Und die genossen es ausgiebig, wie der in Deutschland geborene und lebende Stürmer Cebio Soukou erzählte: «Wir haben im Bus und später im Hotel gefeiert, gesungen und getanzt. Und das alles ohne einen Tropfen Alkohol.»
Der letzte von drei Titelgewinnen der «Super Eagles» liegt sechs Jahre zurück. Der ehemalige YB-Trainer Gernot Rohr soll Nigeria nun wieder zum Erfolg führen, nachdem es mit einheimischen Ex-Stars an der Linie (Stephen Keshi, Daniel Amokachi und Sunday Oliseh) nicht geklappt hat.
Rohr, 66-jähriger Deutscher und schon Nationaltrainer in Gabun, Niger und Burkina Faso, wurde mit einer Streikdrohung konfrontiert. Seine Spieler forderten, dass versprochene Prämien ausbezahlt würden. Dass Nigerias Verband daraufhin Geld von der Frauen-WM zu den Männern umleiten wollte, fanden diese falsch, man müsse dies anders regeln. Er rechne das seinen Spielern hoch an, sagte Rohr der NZZ.
Die Zuschauer hat Südafrika bestimmt nicht auf seiner Seite. Denn die «Bafana Bafana» warf Afrika-Cup-Gastgeber Ägypten aus dem Turnier – und das nach einer mühsamen Vorrunde mit einem mageren 1:0-Sieg gegen Namibia und zwei Niederlagen. Im Land des WM-Ausrichters von 2010 hatte es Kritik gehagelt. Zu Recht, wie Goalie Ronwen Williams befand. «Wir versuchten, die Kritik als Anregung anzunehmen, und wir haben gegen Ägypten allen bewiesen, was wir können.»
Auch Trainer Stuart Baxter ist sich bewusst, dass die Leistungen nicht gut waren. Aber es kümmert ihn nicht: «Nun geht es ums Eingemachte. Derjenige, der wie ein Sieger auftritt, wird das Turnier gewinnen. Es wird im Kopf entschieden.»
Der Captain der «Elefanten» ist in der Schweiz bestens bekannt: Geoffrey Serey Dié. Von einem kurzen Abstecher (Stuttgart) abgesehen rackert er seit einem Jahrzehnt in der Super League. Serey Dié war schon 2015 beim Afrika-Cup-Triumph der Elfenbeinküste dabei und er spielte bislang in allen vier Partien im Mittelfeld durch.
Noch ohne Einsatz ist der andere «Schweizer» im Kader: Roger Assalé. Vielleicht schlägt in der K.o.-Phase nun die grosse Stunde des YB-Angreifers. Im Sturm ist Wilfried Zaha (Crystal Palace) gesetzt, im Mittelfeld führt Franck Kessié (AC Milan) Regie.
Schon seit 1990 hoffen die Anhänger der «Wüstenfüchse» vergeblich darauf, dass ihre Lieblinge zum zweiten Mal den Afrika-Cup gewinnen. Die Hoffnungen ruhen insbesondere auf Dirigent Riyad Mahrez vom englischen Meister Manchester City. Drei Siege in den Gruppenspielen und im Achtelfinal ein 3:0 über Guinea liessen die Erwartungen in Nordafrika steigen.
Aufregung gab's schon vor dem Start zum Turnier, als Haris Belkebla aus dem Kader geworfen wurde. Mitspieler Alexandre Oukidja zockte nachts um 1 Uhr Fortnite und streamte die Partie live. Den 25-jährigen Belkebla sah man dabei hinter dem Torhüter stehend und den Zuschauern seinen blanken Hintern zeigend.
Zum ersten Mal dabei und gleich in den Viertelfinals – Madagaskar ist das grosse Überraschungsteam des Turniers. Es profitierte davon, dass dieses von 16 auf 24 Teilnehmer aufgestockt wurde und setzte sich dank eines 2:0-Siegs über Nigeria als Gruppensieger durch. Der Achtelfinal war ein Thriller: Nach einem 2:2 nach Verlängerung schlugen die Madagassen die Demokratische Republik Kongo vom Penaltypunkt aus.
25 Millionen Einwohner hat der Inselstaat im Indischen Ozean, der sportlich noch nie gross in Erscheinung getreten ist, sieht man einmal von den zwei Mannschafts-Weltmeistertiteln im Pétanque (1999 und 2016) ab. Nationalsport ist Rugby.
«Wir sind so stolz. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen», schwärmte Mittelfeldspieler Marco Ilaimaharitra. «Es ist ein Geschenk für die Leute in unserem Land, die uns alle zuschauen.» Trainer Nicolas Dupuis, ein Franzose, arbeitet nicht ausschliesslich auf Madagaskar, weil er dort fast nichts verdient. Im Alltag ist er Klubtrainer des französischen Viertligisten FC Fleury. Sein Erfolgsrezept am Afrika-Cup: «Die Jungs wachsen immer mehr zusammen. Wir sind wie eine grosse Familie.» Madagaskar kann befreit aufspielen, weil es schon jetzt mehr erreicht hat, als alle dem Team zugetraut haben. Und eine solche Lockerheit verlieh schon oft Flügel.
Mehr schlecht als recht – mit drei Unentschieden – mogelten sich die Tunesier durch die Gruppenphase. Beim Achtelfinal-Erfolg über Ghana wurde der Ersatzgoalie zum Helden: Farouk Ben Mustapha. Er wurde für das Penaltyschiessen eingewechselt, zum Ärger von Stammkeeper Moussez Hassen. Der wollte sich erst weigern, das Spielfeld zu verlassen.
Einen Tag darauf entschuldigte er sich für seine Reaktion. Hassen führte sie auf die Hitze des Gefechts zurück. Ob Trainer Alain Giresse seine Nummer 1 gegen Madagaskar wieder ins Tor stellt, ist noch nicht bekannt.