Am Donnerstag vor dem GP der Steiermark (Zeltweg) hat Valentino Rossi (42) seinen Rücktritt per Ende Saison erklärt. Er mag nicht mehr hinterherfahren.
Die Frage aus helvetischer Sicht: Zu welchen Erkenntnissen ist Tom Lüthi (34) während der fünfwöchigen Sommerpause – der längsten in der GP-Geschichte – gekommen? Er hat für den Motorradrennsport in der Schweiz eine ähnliche Bedeutung wie Valentino Rossi für die globale Töffszene.
Der Emmentaler hat mit seinem WM-Titel von 2005 in unserem Land für eine wundersame Renaissance des Motorradrennsportes gesorgt, war 2005 auch Sportler des Jahres vor Roger Federer und ist inzwischen einer der populärsten Einzelsportler unseres Landes. Aber so wie Valentino Rossi kann auch er die Zeit nicht aufhalten.
Wie Valentino Rossi hat auch Tom Lüthi in der fünfwöchigen Pause über seine Zukunft nachgedacht. Aber er ist zu einem anderen Schluss gekommen als Rossi. Er will 2022 weitermachen. Er sagt, er habe mit seinem Freund und Manager Daniel Epp die Karten auf den Tisch gelegt. «Wir haben auch über einen möglichen Rücktritt gesprochen. Aber das ist für mich kein Thema. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass ich vorne mitfahren kann, und ich konzentriere mich in den nun folgenden Rennen ganz darauf, schneller zu werden.»
Daniel Epp ergänzt: «Wir haben alle Optionen durchgesprochen: Rücktritt oder nächste Saison im gleichen oder in einem anderen Team fahren. Tom schliesst den Rücktritt aus.» Die Frage ist nun: Wenn er auch 2022 fahren will – wo dann?
Der Vertrag mit dem Team von Eduardo Perales läuft unverändert auch nächste Saison, muss aber von beiden Parteien bald bestätigt werden. Daniel Epp will nicht verraten, wann diese Bestätigung erfolgen muss und sagt lediglich. «Wichtig sind nun gute Resultate in den nächsten Rennen.»
Ein anderes Team kommt für Tom Lüthi ohnehin kaum mehr in Frage und Daniel Epp sagt, er habe keine Transfer-Gespräche geführt. «Wir können uns über gar nichts beklagen und sind sehr zufrieden mit dem aktuellen Team.»
Der Termin, um den Vertrag für nächste Saison zu aktivieren, dürfte der 1. September sein. Ob die Verlängerung später als Ende August oder früher erfolgen muss, ist eigentlich unerheblich, wenn Tom Lüthi nun nicht bessere Resultate erreicht.
Der GP der Steiermark bringt eine kurze Aufhellung mit dem 3. Platz im zweiten freien Training am Freitag und immerhin einem 13. Startplatz (5. Reihe) am Samstag.
Aber dann ist alles wieder so, wie es diese Saison meistens war: Es reicht nicht einmal für WM-Punkte. Der Emmentaler fällt schon in der ersten Runde auf Rang 20 zurück. Er kämpft sich nun Runde für Runde tapfer an die Punkteränge heran. Aber vorne fallen zu wenig Konkurrenten aus. Es reicht nur zum 16. Platz. WM-Punkte gibt es bis Rang 15. In der WM liegt Tom Lüthi auf dem 29. Zwischenrang.
Vielleicht hätte es zum ersten Mal in dieser Saison für die «Top Ten» oder doch wenigstens für WM-Punkte gereicht: Wenn Tom Lüthi gesund gewesen wäre. Er erwischte in der letzten Woche der Pause eine Virus-Infektion (nicht Covid), die sogar einen Spitalaufenthalt nötig machte und ihn geschwächt hat. Aber eben: «Hätte» und «Wäre» sind Brüder, die am Ende mit leeren Händen dastehen.
In einer Woche geht es auf der gleichen Strecke mit dem nächsten GP weiter und wir werden sehen, ob Tom Lüthi dem Ende seiner grandiosen Karriere oder einer weiteren Saison ein Rennen nähergekommen ist.