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Unvergessen

Das Trauma der Eintracht Frankfurt: «Lebbe geht weider»

Der umstrittene Elfmeter, welcher die Zukunft der Eintracht veränderte.
Der umstrittene Elfmeter, welcher die Zukunft der Eintracht veränderte.Bild: Eintracht Archiv
Unvergessen

Das Trauma der Eintracht Frankfurt: «Lebbe geht weider»

16. Mai 1992: Nur Abstiegskandidat Rostock kann den zweiten Meistertitel in der Vereinsgeschichte der Eintracht noch verhindern. Dank gütiger Mithilfe des Schiedsrichters gelingt Rostock das Unmögliche und die Eintracht fällt in ein Trauma, aus dem sie sich bis heute nicht befreit hat.
16.05.2022, 00:1013.05.2022, 14:23
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Drei Worte gravieren sich an diesem schwarzen Tag in die Gedächtnisse der Fans von Eintracht Frankfurt: Rostock, Elfmeter und Berg.

Mit dem womöglich besten Team der Vereinsgeschichte, gespickt mit den Weltmeistern Uwe Bein und Andy Möller von 1990, reist die Frankfurter Eintracht an diesem Samstag nach Rostock. Neben Nockenschuhen und Trikots stellen die Rot-Schwarzen in der Gepäckablage bereits den Champagner kühl. In der Hansestadt bereiten sich derzeit mehr als 10'000 Fans friedlich auf die Meisterfeier vor, sogar mit Wohnmobilen sind einige angereist. Alles ist bereit für die grosse Party.

Zusammenfassung des schwärzesten Tages aus Frankfurter Sicht.Video: YouTube/Masabra76

Das Spiel wird sofort in die erwarteten Bahnen gelenkt. Die Eintracht spielt Rostock mit ihrem aggressiven Pressing und tollen Kombinationen an die Wand, das Tor scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Doch in der ersten Halbzeit bleibt das Gehäuse wie vernagelt. Und in der zweiten Hälfte folgt der Stich mitten ins Frankfurter Herz.

«Berg» wird zum Tabuwort

Rostock schiesst das 1:0, der sicher geglaubte Meistertitel ist plötzlich in weite Ferne gerückt. Doch drei Minuten später gelingt Frankfurt dank dem späteren FCB-Stürmer Axel Kruse der Ausgleich und als in der 76. Minute Ralf Weber im Strafraum zu Fall kommt, knallen bereits die ersten Champagner-Korken.

Sämtliche der etwas mehr als 25'000 Zuschauer im Stadion sehen einen Elfmeter – alle, ausser einer nicht. Und der hat dummerweise das letzte Wort. Schiedsrichter Alfons Berg sieht im Tackling von Stefan Böger kein Vergehen und lässt weiterspielen.

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Das klare Foul an Ralf Weber.Gif: Youtube/ForzaSGEintracht

Weil bis zum Schluss nur noch Hansa ein Tor schiesst, ist der Traum nach dem 1:2 vom hochverdienten und lang ersehnten Meistertitel geplatzt. Spieler und Fans stehen, sitzen, liegen völlig konsterniert auf dem Feld und können die Pleite kaum fassen.

Nur einer geht bereits der Frustbewältigung nach. Der Gefoulte Weber stürmt völlig wutentbrannt auf Schiri Berg los und will den Unparteiischen verprügeln. Als dieser verschwindet, muss eine Fernsehkamera daran glauben, welche er zu Bruch tritt.

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Ralf Weber muss mit vereinten Kräften zurückgehalten werden.Gif: Youtube/ForzaSGEintracht

Niemand will so recht daran glauben, was gerade passiert ist. Die längst geplante Meisterparty findet nicht statt. Alle getroffenen Vorbereitungen sind für die Katz, völlige Ratlosigkeit bricht aus. Gegen den späteren Absteiger den Meistertitel zu verspielen, haben sich nicht die kühnsten Schwarzmaler ausdenken können. Doch so fällt der Meisterpokal in die Hände Stuttgarts und Frankfurt soll sich in den darauf folgenden Jahren zu einem Kellerverein entwickeln.

Die Reaktionen auf die verspielte Meisterschaft.Video: YouTube/1893vfbfan

«Lebbe geht weider»

Nur einer nimmt die Niederlage mit Fassung: Trainer Dragoslav Stepanovic stellt sich ruhig den Medien, gratuliert Stuttgart und sieht nicht in Berg den Grund der Niederlage, sondern im Unvermögen der Mannschaft. Doch «Steppis» bestem Spruch «Das Lebbe geht weider» sollten vorerst keine Taten folgen.

«Das Lebbe geht weider», Stepanovics bekanntester Satz.Video: YouTube/Clubfriend72

Die erste Folge des verspielten Titels ist der Abgang von Andy Möller zu Juventus Turin. Der Transfer des späteren Bayern-Stars Mehmet Scholl aus Karlsruhe wird hinfällig, obwohl dieser eigentlich schon abgeschlossen war. Und die Teilnahme an der erstmals ausgetragenen Champions League mit den damit verbundenen 10'000 Mark hat sich in Luft aufgelöst. Die Abschlussfeier am Tag darauf mit 5000 Fans, die sich trotz des frustrierenden Abends aus dem Bett quälten, konnte den Kater ein wenig besänftigen. Die Worte Berg und Rostock will in Frankfurt trotzdem niemand mehr hören.

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