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Nun fordert auch die Internationale Energieagentur: Schluss mit Öl!

epa04109005 Steam rises from the lignite power plants Neurath I and Neurath II near Rommerskirchen, Germany, 04 March 2014. German electric utilities company RWE AG hardly makes any money any more wit ...
Kohlekraftwerk Neurath in Deutschland.Bild: EPA/DPA

«Gewaltige Kehrtwende» – Internationale Energieagentur IEA fordert: Schluss mit Öl!

Ein Aufsehen erregender Bericht der IEA verlangt einen deutlich beschleunigten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen.
18.05.2021, 12:2918.05.2021, 13:59
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Der Weltklimarat IPCC – ein internationales Gremium von Klimaexperten – warnt seit langem vor der Gefahr einer ungebremsten Klimaerwärmung. Die Internationale Energieagentur IEA hingegen hat sich in dieser Frage bisher weitgehend zurückgehalten.

Das hat sich geändert: In einem soeben veröffentlichten Bericht fordert die IEA nun den sofortigen Stopp von neuen Kohlekraftwerken. Sie will keine Erschliessung von neuen Ölfeldern und eine rasche Ablösung der Verbrennungsmotoren. Nur so könnten die schlimmsten Folgen der Klimaerwärmung noch verhindert werden, heisst es im IEA-Bericht.

Mike Lucini, vice president of ISM Solar, poses, Tuesday Jan. 26, 2021, in Burrillville, R.I., at ISM's 10-acre solar farm which is the first of its kind in the state. U.S. President Joe Biden wa ...
Eine Solaranlage der jüngsten Generation in den USA.Bild: keystone

Stattdessen plädiert die IEA für massive Investitionen in nachhaltige Energie. Die Ausgaben für Energieanlagen mit tiefem CO2-Ausstoss müssten bis 2030 von derzeit rund zwei Billionen Dollar jährlich auf mindestens fünf Billionen Dollar erhöht werden, heisst es weiter im Report.

«Wir brauchen einen historischen Anstieg der Investitionen», erklärt dazu der IEA-Vorsitzende Fatih Birol. «Der grösste Teil davon muss in nachhaltige Energie fliessen.»

Der IEA-Report kommt selbst für die Experten überraschend. So erklärt etwa Dave Jones vom Klima-Thinktank Ember in der «Financial Times»:

«Niemand hätte das von der IEA erwartet. Es ist eine gewaltige Kehrtwende. Die IEA war bisher sehr pro fossile Brennstoffe. Dieser Bericht ist daher wahrhaftig überraschend. Er ist ein Dolchstoss in den Rücken der Erdölindustrie.»

Die IEA belässt es nicht bei einer Warnung. Sie präsentiert auch einen Schritt-für-Schritt-Plan, wie die Regierungen eine Klimakatastrophe noch verhindern können. Hier die wichtigsten Vorschläge:

  • Im laufenden Jahr sollten keine neuen Kohlekraftwerke mehr genehmigt werden, ausser sie verfügten über die Technologie, welche den Ausstoss von CO2 an die Umwelt verhindert. Ebenso sollten keine neuen Erdölfelder mehr erschlossen werden.
  • Ab 2025 sollten die Regierung weltweit Öl- und Gasheizungen nicht mehr zulassen und stattdessen Wärmepumpen fördern.
  • Ab 2030 sollten 60 Prozent der Neuwagen mit einem Elektromotor ausgerüstet sein. Heute beträgt der Anteil 5 Prozent. 2035 soll der Verkauf von Autos mit Brennstoffmotoren gänzlich eingestellt werden.
  • Bis 2050 sollten alle Autos entweder mit Batterien oder einem Wasserstofftank ausgerüstet sein.
  • Ab 2035 sollten in den entwickelten Ländern keine Kraftwerke mehr in Betrieb sein, welche mit Kohle oder Gas betrieben werden. Es sei denn, sie verfügen über eine Technik, welche das CO2 abscheidet.
  • Ab 2035 sollten mehr als die Hälfte aller Lastwagen mit Elektromotoren ausgerüstet sein. Ab 2040 sollten mehr als die Hälfte aller Flugzeuge über saubere Alternativen zu Kerosin verfügen, etwa synthetische Treibstoffe oder Wasserstoff.

Der IEA-Report gilt als weiterer Meilenstein im langen Kampf gegen die Klimaerwärmung. Weltweit hat inzwischen in Wirtschaft und Politik ein Umdenken begonnen. Banken und Vermögensverwalter haben das grüne Investieren entdeckt und setzen auf sogenannte ESG-Fonds.

In Deutschland soll der ursprünglich für 2038 geplante Ausstieg aus der Kohle nun deutlich früher erfolgen. In der Autoindustrie zeichnet sich derweil eine Art Revolution ab. Neuerdings heisst es, dass bald Foxconn und Apple ins Elektroauto-Geschäft einsteigen wollen.

In der Schweiz werden wir bald über ein neues CO2-Gesetz abstimmen. Im Lichte des IEA-Reports wäre eine Ablehnung nur sehr schwer verständlich.

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147 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Überdimensionierte Riesenshrimps aka Reaper
18.05.2021 12:39registriert Juni 2016
Ich würde vorschlagen wir streichen bei allen Nationen das Militärbudget auf ein Minimum ein und Nutzen das Geld fürs Klima
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DichterLenz
18.05.2021 12:45registriert Juni 2017
Alfred Rösti does not like this.
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Faktenfreund
18.05.2021 15:31registriert August 2020
Mit den Schweizer Gebäudeoberflächen kann gemäss BFE 67 TWh produziert werden (Stromverbrauch 2020: 56 TWh). Dafür ist etwa 75 GW notwendig.

Im Grosshandel kosten PV-Module noch 0.2 CHF/W. 75 GW kosten somit 15 Mrd CHF - weniger als die neuen Kampfjets.

Die wesentlichen Kosten fallen bei der Installation an. Elektriker & Dachdecker bezahlen im Gegensatz zu den Ölscheichen AHV und Steuern in der Schweiz.
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