Walter Frey empfängt die «Schweiz am Wochenende» im Sitzungszimmer der Emil Frey AG an der Badenerstrasse in Zürich. Dort liegt ein dickes Buch auf dem Tisch. «Es ist unsere Firmengeschichte, geschrieben von Kari Lüönd, ein Geschenk an meinen Vater zu seinem 90. Geburtstag», sagt Walter Frey. Als Erstes kommt er auf ihn zu sprechen, den Firmengründer Emil Frey (1898 bis 1995). Beim Blättern fällt ein Titel auf: «Der alte Mann und die neue Welt». Walter Frey lacht und sagt: «Das passt ja heute zu mir.»
Sie sind nicht nur in der Schweiz ein Grossimporteur, sondern inzwischen der grösste Autohändler Europas. Wie schwer wird Ihr Unternehmen von der Coronakrise getroffen?
Walter Frey: Im Durchschnitt haben wir im April etwa 70 Prozent weniger Autos verkauft als im Vorjahresmonat. Der Einbruch war von Land zu Land sehr unterschiedlich, weil der Lockdown nicht überall gleich gehandhabt wurde. In Frankreich war es besonders schlimm, in Deutschland weniger.
Sehen Sie jetzt eine Erholung?
Ja, aber es geht langsam. Im Mai waren wir etwa auf 50 Prozent des Vorjahres.
Langfristig spricht man jetzt davon, dass das Auto von der Coronapandemie profitieren könnte, zu Lasten des öffentlichen Verkehrs. Glauben Sie daran?
Man wird sehen. Ich habe schon früher vom Auto als «mobilem Schutzraum» gesprochen. Nun ist dieser Vorteil offensichtlich. Unseren Fachleuten tut das gut, denn normalerweise wird das Auto ? gerade in den Medien ? nur negativ dargestellt. Jetzt gibt es auf einmal positive Artikel.
Mit «Fachleuten» meinen Sie Ihre rund 22'000 Mitarbeitenden?
Richtig. Wir sprechen von Fachleuten, sie sind das Allerwichtigste. Der Begriff ist auch eine Wertschätzung. Er stammt von meinem Vater, der ihn in seinem Kundenbrief erwähnt, welcher zu unserer Firmen-Verfassung geworden ist.
Dieser Kundenbrief hängt hier im Sitzungszimmer an der Wand. Er ist gezeichnet mit «Emil Frey, Mechaniker».
Wer bei uns neu angestellt wird, bekommt diesen Brief am ersten Tag ausgehändigt. Jeder Mitarbeitende hat einen Berufsstolz. Wenn man in unserer Branche arbeitet, bekommt man aber immer wieder zu spüren, dass man angeblich etwas Schlechtes macht. Wie oft sind wir verdammt worden! Und das, obwohl doch offensichtlich ist, dass wir ohne Mobilität kein Wachstum und keinen Wohlstand haben können.
Sie haben ein Leben lang für das Auto und für Ihre Branche gekämpft ...
... und ich tue das weiterhin, weil es nötig ist! Schon mein Vater musste das tun. Es begann in den 1970er-Jahren mit dem «Club of Rome», der prognostizierte, bis ins Jahr 2004 werde das Erdöl ausgehen. Die Politik reagierte mit autofreien Sonntagen, gesperrten Autobahnen und der Verteuerung des Benzinpreises. Danach ging es mit der Verteufelung munter weiter.
Sprechen Sie das Waldsterben an?
Zum Beispiel. Als ich damals sagte: «Der Wald stirbt nicht», war das eine ungeheure Provokation, denn von Helmut Kohl über François Mitterrand bis zu unseren Bundesräten sagten fast alle Politiker: «Der Wald stirbt wegen der Autos.» Ich hielt Vorträge, um das Gegenteil zu beweisen. Auf unsere Garagen wurden Sprengstoffanschläge verübt, es wurden Autos angezündet. Ich wurde zum Feindbild derer, die an das Waldsterben glaubten. Dabei hat es dieses nie gegeben, wie wir heute wissen.
Sie führten diesen Kampf ab 1987 auch im Bundeshaus, als SVP-Nationalrat. Hat Ihnen dieses Engagement geschäftlich geschadet?
Auf jeden Fall. Ich bekam Briefe mit Aussagen wie: «Wir kaufen nicht bei diesem Umweltverpester.» Nach dem Waldsterben folgten weitere Verteufelungsversuche: Mal war das Auto schuld am Ozonloch, mal am Feinstaub, mal am Lärm. Permanent diese Vorwürfe. Und alle stellten sich als unhaltbar heraus!
Dass die Wälder wieder gesund sind und sich das Ozonloch schloss, könnte ja gerade an der Politik liegen, die Massnahmen dagegen beschloss.
Nein, denn das Waldsterben hat es in der Schweiz gar nie gegeben. Es starben einzig Bäume in der Nähe von Kohlekraftwerken wegen des Schwefeldioxids, aber nirgends wegen der Autos. Auch mit dem Ozonloch hatte das Auto nichts, gar nichts zu tun. Und wissen Sie, was man eigentlich gegen den Feinstaub tun müsste? Die Bahnhöfe schliessen und die S-Bahnen stoppen, denn dort herrscht die grösste Feinstaubbelastung.
Aktuell steht der Strassenverkehr, neben dem Flugverkehr, im Fokus der Klimaschützer. Wieder zu Unrecht?
Der Beitrag des Verkehrs zum Klimawandel ist klein. Der Autoverkehr stösst weniger Treibhausgase aus als sämtliche Kreuzfahrtschiffe zusammen, die ja letztlich nur zum Vergnügen da sind und nicht das Funktionieren der Wirtschaft und der Gesellschaft sicherstellen. Auch in der Klimadebatte, wie früher beim Waldsterben oder dem Feinstaub, stehen Glaubensbekenntnisse statt wissenschaftliche Fakten im Vordergrund. Wer sich mit der grünen Glaubensgemeinschaft anlegt, ist schnell ein «Verschwörer» oder ein «Leugner». Leider spielen manche Medien eine ungute, verstärkende Rolle. Ich bin auch sehr positiv zum Umweltschutz eingestellt, bin aber kein Umwelthysteriker.
Sie haben Ihren Kampf für das Auto auch medial geführt und beispielsweise den «Tages-Anzeiger» von 1979 bis 1999 als Inserent boykottiert. War das rückblickend nicht übertrieben?
Der «Tages-Anzeiger» war ein Träger des Gedankens gegen das Auto. Er beschäftigte einen Journalisten, der nichts anderes tat, als dagegen anzuschreiben. Ich sagte: Ihr könnt schreiben, was ihr wollt, aber das muss nicht unbedingt auf der Rückseite meines Inserates stehen. Durch diese Massnahme schaffte ich es auf die Frontseite des «Wall Street Journal» – eher unrühmlich, als Unterdrücker der Presse. Das machte in unserem Unternehmen einige nervös. Die PR-Leute rieten mir dazu, den Boykott aufzuheben.
Ohne Erfolg.
Ich hielt 20 Jahre durch. Es geht ums Prinzip und nicht darum, jemandem zu gefallen. Solange Unwahrheiten verbreitet wurden, wollte ich nicht werben. Natürlich solidarisierten sich andere Medien mit dem «Tages-Anzeiger» und schrieben gegen mich an.
Ihrer politischen Karriere hat das nicht geschadet. Viermal wurden Sie in den Nationalrat gewählt, Sie präsidierten die Finanz- und Aussenpolitische Kommission und waren zuletzt SVP-Fraktionschef.
Und dazu präsidierte ich den Gulag der SVP, nämlich die Stadtzürcher Partei (lacht). Aus dem Nationalrat wollte ich 1999 zurücktreten, aber Christoph Blocher bat mich, bis 2001 zu bleiben, da es damals eine EU-Abstimmung gab und ich die Kampagne in der Westschweiz machen sollte. Wir gewannen die Abstimmung deutlich.
Sie waren in einer Phase in Bern, als die SVP ihren Wähleranteil von 11 auf fast 25 Prozent steigerte. Danach wuchs sie nur noch wenig, und die letzten Wahlen verlor sie. Was läuft schief?
Letztlich ist es eine Stagnation auf hohem Niveau. Ich übernahm ja später noch einmal eine Aufgabe in der Partei und war bis 2018 SVP-Vizepräsident, als Verantwortlicher für die Kommunikation. Mein Eindruck war und ist, dass die Partei im Innern gefestigt und sehr standhaft ist. Die Fraktion ist meistens homogen und hat den Mut, auch unpopuläre Positionen – etwa gegen den Vaterschaftsurlaub – zu vertreten. Von aussen betrachtet ... nun, da wird ein zu schlechtes Bild der SVP gezeichnet.
Dass die Wahlen verloren gingen, ist eine Tatsache. Und die heutige Parteispitze ist weniger führungsstark, als es zu Ihrer Zeit mit Christoph Blocher, Ueli Maurer oder Toni Brunner der Fall war.
Ich halte auch Albert Rösti und Thomas Aeschi für starke Persönlichkeiten. Abgesehen davon, Christoph Blocher ist ja immer noch da, er hat einen wöchentliche TV-Talk, eine Pflichtsendung für Journalisten (lacht).
Wer soll neuer Parteipräsident werden? Ihr Unternehmerkollege Franz Grüter?
Franz Grüter ist ein hervorragender Mann, fadengerade in der Ordnungspolitik. Er gehört zu den Unternehmern, die heute ja vorzugsweise in der SVP politisieren und nicht, wie das früher üblich war, in der FDP oder CVP.
Ein anderer SVP-Unternehmer ist Bahnbauer Peter Spuhler, mit dem Sie auch beim ZSC zusammenarbeiten. Er sprach sich in der «Schweiz am Wochenende» gegen die Begrenzungsinitiative aus. Wo stehen Sie?
Ich unterstütze die Initiative. Peter Spuhler hat seit längerem eine andere Haltung zur Personenfreizügigkeit. Ich verstehe das, er muss als Exporteur auf die Auftragnehmer in der EU Rücksicht nehmen. Es geht aber meines Erachtens nicht ohne Begrenzung, sonst laufen wir in eine Überbevölkerung hinein. Alle zehn Jahre 1 Million Einwohner mehr, das ist nicht tragbar bei 8 Millionen Einwohnern. Eigentlich müsste das auch die Klimabewegung erkennen.
Umgekehrt müssten Sie für Wachstum sein. Das ist gut fürs Geschäft, und die Strassen könnte man ausbauen.
Natürlich bin ich für Wachstum, aber es darf nicht aus dem Ruder laufen. Wir brauchen eine gewisse Kontrolle an der Grenze, auch wenn es für mich als Unternehmer einfacher wäre, ohne jegliche Rücksicht im EU-Raum Personal zu rekrutieren. Aber es geht um das Wohl der Schweiz, es geht um Grundsätzliches. Die Coronapandemie hat gezeigt, wie wichtig Grenzen letztlich sind.
Sehen Sie in der Coronakrise auch Positives?
Viele Menschen haben sich in dieser speziellen Zeit des Lockdowns Gedanken gemacht, worauf es wirklich ankommt, was wichtig ist im Leben und im Staat: Gesundheit, Sicherheit, Wohlstand und Menschen im engsten Umfeld, auf die man sich verlassen kann. Wir haben auch gesehen, was Freiheit bedeutet ? weil sie vom Staat stark eingeschränkt wurde.
Welche Schlüsse ziehen die Menschen aus dieser Zeit?
Ich halte es mit meinem Vater: «Ich bin und bleibe Optimist.» Diese Krise hat die Menschen positiv geprägt, davon bin ich überzeugt. Uns wurden die Augen geöffnet. Freiheit ist nicht gottgegeben, wir müssen sie uns immer wieder erkämpfen. Ein weiterer Schluss: Von nichts kommt nichts. Utopien sind okay, aber am Ende zählen die elementaren Dinge, gerade in der Krise. Als Unternehmer sage ich auch: Mobilität und das Auto sind für eine gesunde und funktionierende Gesellschaft absolut unabdingbar, das sah jetzt jeder. Ich hoffe, diese Erkenntnis bleibt haften.
Worüber haben Sie im Lockdown sinniert? Auch über die langfristige Entwicklung Ihres Unternehmens und die Nachfolge?
Das tue ich nicht nur im Lockdown (lacht). Zwei meiner drei Kinder bestimmen im Unternehmen bereits mit. Die jüngste Tochter absolviert ein Sportstudium und ist noch nicht in der Firma. Die Ausgangslage ist anders als beim letzten Generationenwechsel. Mein Vater überantwortete mir damals 100 Prozent, unter Zustimmung meiner Schwester. Nun habe ich drei Nachkommen, und jedes der Kinder wird ein Drittel des Unternehmens erben. Sie werden gemeinsam verantwortlich sein dafür, dass wir eine gute Geschäftsleitung und weiterhin sichere Arbeitsplätze haben. Ein Aktionärsbindungsvertrag besteht.
Das Unternehmen ist ungleich grösser als das, welches Sie damals mit nur gerade 25 Jahren von Ihrem Vater übernahmen. Sie verkaufen heute über 600'000 Autos pro Jahr und machen etwa 12 Milliarden Franken Umsatz, wie man hört ...
Als Familienunternehmen sind wir mit Zahlen zurückhaltend. Aber klar, die Firma ist stark gewachsen. Die Übergabe an die nächste Generation ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Ich bin sehr zuversichtlich, dass meine Kinder das Unternehmen verantwortungsvoll und kompetent weiterentwickeln werden, zusammen mit dem Management. Die drei kommen gut miteinander aus und sind bereit, Verantwortung zu übernehmen.
Ist ein Börsengang kein Thema?
Nein. Wir sind und bleiben ein Familienunternehmen. Es ist heute 96 Jahre alt und ich hoffe, es wird sich auch nach der Coronakrise weiterentwickeln. Wir denken langfristig, und ja: Einen Enkel habe ich auch schon. Er ist gut ein Jahr alt.
Wegen Corona konnten Sie Ihren Enkel wohl nur selten sehen?
Wir wohnen gleich neben der Tochter, und so sehen wir ihn sozusagen von Garten zu Garten. Hüten war jetzt halt nicht möglich, darauf freue ich mich nun umso mehr. Grossvater zu sein ist das Schönste, das es gibt. (aargauerzeitung.ch)
Und klar ist der Herr Monopolist für geschlossene Landesgrenzen und gegen EU, weil nur so profitiert er 600000 mal im Jahr davon.
🤮
Dann könnte er nicht davon reden weder Waldsterben noch Ozonloch hätten etwas mit dem Auto zu tun.