Staatsschulden sind die Folgen sozialistischer Misswirtschaft, und bald wird die Inflation unsere Vermögen vernichten, weil die Linken eine Politik des billigen Geldes verfolgen. Das behaupten Konservative und Neoliberale seit Jahr und Tag. Deshalb fordern sie im Namen einer gesunden Wirtschaft tiefere Steuern und härtere Sparprogramme.
Doch stimmen diese Annahmen überhaupt? Zwei renommierte US-Ökonomen, Alan Blinder und Mark Watson, haben untersucht, wie sich die amerikanische Wirtschaft seit den 1940er Jahren unter demokratischen, respektiv republikanischen Präsidenten entwickelt hat. Das Resultat ist eindeutig: Die Demokraten gewinnen haushoch.
Alan Blinder war einst Vize-Präsident der US-Notenbank, lehrt an der renommierten Princeton University und schreibt regelmässig Kommentare im konservativen «Wall Street Journal». Seine Studie kann deshalb nicht damit abgetan werden, dass sie ideologisch voreingenommen ist.
Zu den Resultaten:
Die Demokraten konnten jeweils von besseren Bedingungen profitieren, die ihnen ihre republikanischen Vorgänger hinterlassen haben, könnte man einwenden. Das Gegenteil trifft zu: Bill Clinton musste den riesigen Schuldenberg von Ronald Reagan und George H. Bush abbauen, Barack Obama das Schlammassel aufräumen, das ihm George W. Bush hinterlassen hat. Und so nebenbei: Die linken Demokraten haben generell weniger Defizite in der Staatskasse produziert als die rechten Republikaner.
Eine stringente Theorie für das bessere Abschneiden der Demokraten gibt es nicht, aber plausible Erklärungen: Die Grundlage der rechten Ideologie – Steuersenkungen für Reiche und harte Sparpolitik für alle anderen – ist ein gigantischer Irrtum, ebenso die Panik vor einer Inflation als Folge einer lockeren Geldpolitik der Nationalbank.
Tiefere Steuern haben unter Ronald Reagan der US-Wirtschaft zu einem höchst durchschnittlichen BIP-Wachstum verholfen, aber ein gewaltiges Loch in der Staatskasse hinterlassen. Das gilt im übrigen auch für Schweizer Kantone, wie die Beispiele Schwyz, Luzern und St. Gallen zeigen.
Ebenso ist die Angst vor Inflation als Folge einer lockeren Geldpolitik unbegründet. Das US-Fed beispielsweise hat mit seinem viel geschmähten Quantitativen Easing viel mehr dazu beigetragen, dass die US-Wirtschaft wieder auf die Beine gekommen ist, als die vergleichsweise restriktive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Das von Barack Obama initiierte Konjunkturprogramm hat die US-Wirtschaft vor einem Absturz bewahrt, während die von Deutschland durchgeboxte Austeritätspolitik die europäische Wirtschaft ins Jammertal gestürzt hat.
Die Studie von Blinder und Watson ist eine wissenschaftliche Bestätigung dessen, was Ökonomen wie die Nobelpreisträger Paul Krugman und Joseph Stiglitz seit langem verkünden. Es wird wahrscheinlich nichts nützen: Konservative und Neoliberale werden weiter nach Steuersenkungen und Sparpaketen schreien, obwohl sie wissen müssten, dass sie damit der Wirtschaft schaden und obwohl klar ist, dass sowohl der viel beschworene Staatsbankrott als auch die Hyperinflation Hirngespinste sind. Das Leid, dass ihre falsche Wirtschaftspolitik beim breiten Mittelstand verursacht, ist jedoch sehr real.