SVP-Politikerin Sarah Bösch gerät mit 0,7–0,8 Promille in Polizeikontrolle und lässt sich dann auf Facebook über die «schockierende Bürokratie» der Polizisten aus. Bild: facebook
Erst ganz frisch ins Wiler Stadtparlament eingezogen, stolpert Sarah Bösch bereits über die Social-Media-Kanäle: Die SVP-Politikerin ist unter Alkoholeinfluss gefahren – und beschwert sich auf Facebook darüber, dass sie zur Blutentnahme ins Spital musste.
13.04.2015, 13:0614.04.2015, 00:35
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Es ist Sonntagabend und die Wiler Stadtparlamentarierin Sarah Bösch kann nicht fassen, wie ihr geschieht: «Wegen 0,++ (wahrscheinlich über 0,5) Promille muss ich ins Spital Blut abnehmen. Ich fühle mich munter, frisch, spüre null Promille!», postet die 33-Jährige auf Facebook.
Die SVP-Politikerin ist also angetrunken hinter dem Steuer in eine Polizeikontrolle geraten und ist dann «unglaublich geschockt», dass sie auf den Posten muss, um eine Blutprobe abzugeben: «Werde von SG-Polizisten begleitet wie ein Sträfling. Unglaublich, bin geschockt! Krasse Bürokratie», entrüstet sie sich.
Zunächst kommentieren Böschs wohlmeinende Freunde ihren Facebook-Eintrag: «Diesen Beitrag hätte ich mir gespart, Frau Bösch. Kommunikationsberatung», schreibt einer. Die zynischen Kommentare folgen bald darauf: «Wenn es einen selbst betrifft, ist es ein Scheiss-Gesetz oder Scheiss-Bürokratie. Falls es einen anderen betrifft, dann müssten die Gesetze und Polizisten härter durchgreifen», schreibt ein anderer. Ein Dritter unterstellt Sarah Bösch gar «FB-Geilheit».
«Böschs Verhalten zeugt von sehr schlechtem Stil»
So oder so, Bösch lässt sich nicht beirren und knipst auch gleich noch ein Bild im Untersuchungszimmer: «Seit über 1,5 Stunden mit Polizisten beschäftigt!!!», schreibt sie dazu.
Stefan Krähenbühl, Mediensprecher der Verkehrssicherheitsstiftung RoadCross Schweiz, beurteilt das Verhalten der Polizisten als absolut korrekt: «Polizisten sind von Amtes wegen verpflichtet, den Promillewert beweissicher zu machen, wenn aufgrund des Atemtests der Verdacht besteht, dass der Promillewert von 0,8 überschritten wurde», sagt er. In diesem Falle drohe nämlich nicht nur eine Busse – wie bei einem Wert zwischen 0,5 und 0,79 Promille – sondern ein Fahrausweisentzug.
Er beurteilt Böschs Verhalten auf Facebook als äusserst fragwürdig: «Als öffentliche Person mit einer gewissen Vorbildfunktion sollte man die Gesetze respektieren und diese nicht auf sozialen Medien anprangern», sagt er. «Das zeugt von sehr schlechtem Stil.» Zudem beweise sie als Politikerin wenig Feingefühl, wenn sie das eigene gefährliche Fehlverhalten herunterspiele.
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Krähenbühl stellt aber auch in Aussicht: «Im Zuge des Verkehrssicherheitsprogramms ‹Via sicura› werden neue Atemlufttests eingeführt, die als beweissicher gelten», sagt er. Der Gang ins Spital für die Blutentnahme wird damit entfallen.
Sarah Bösch bleibt dabei: «Unnötige Bürokratie!»
Sarah Bösch bleibt bei ihrer Meinung: «Wenn keine Drittperson zu Schaden kam und die kontrollierte Person die Gleichgewichtsübungen ohne Mühe besteht, könnte man die Angelegenheit mit einer Busse erledigen, ohne grosse Bürokratie», findet sie. Sie habe sich gut gefühlt und wäre nie auf die Idee gekommen, zu viel Alkohol getrunken zu haben. Der Atemlufttest habe zwischen 0,7 und 0,8 Promille angezeigt.
Was die Konsequenzen ihres nächtlichen Polizeibesuchs sind, will Bösch lieber für sich behalten. Auch, ob sie ihren Führerausweis noch hat: «Ich kann es so sagen: Das Auto ist immer noch auf mich registriert», sagt sie.
Sarah Böschs Politkarriere ist noch jung. Die Betreuungs-Fachfrau ist erst seit 2011 Mitglied der SVP, seit 2012 gehört sie der Bildungskommission Schweiz an. Im Februar flog sie SVP-Fraktionspräsident Mario Schmitt quasi nach Wil ein. Sie zog extra für das Stadtparlament von St.Gallen weg. «Wir freuen uns natürlich, dass mit Sarah Bösch weibliche Verstärkung in unsere Fraktion kommt.» Und ja, er habe bewusst nach einer Frau gesucht, sagte er im Februar gegenüber den Wiler Nachrichten. Schmitt stellt sich übrigens hinter seine Parteikollegin: «Natürlich müssen die Kontrollen sein, aber man muss die Betroffenen ja nicht gleich wie Schwerverbrecher behandeln», sagt er.
Schmitt hat den Verdacht, dass die Bluttests manchmal etwas lange hinausgezögert werden, um den Promillewert beweissicher zu machen: «Der Pegel kann sich während dieser Zeit erhöhen», meint er.
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