Nach Enthüllungen über einen mutmasslichen gigantischen Datenmissbrauch bei Facebook hat die britische Firma Cambridge Analytica ihren Chef suspendiert. Nix werde bis zu einer vollständigen, unabhängigen Untersuchung mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe entbunden, teilte das Unternehmen am Dienstagabend mit.
Cambridge Analytica war am Dienstag weiter unter Druck geraten, nachdem herauskam, dass Nix vor versteckter Kamera mit Erpressungsversuchen von Wahlkandidaten geprahlt hatte. Ein Reporter des britischen Senders Channel 4 hatte sich für den Vertreter eines potenziellen reichen Kunden ausgegeben, der für den Erfolg mehrerer Kandidaten bei einer Wahl in Sri Lanka sorgen wolle.
Cambridge Analytica wurde bekannt als die Firma, deren Datenauswertung Donald Trump zum Sieg bei der US-Präsidentenwahl 2016 verholfen haben soll.
Das Unternehmen war am Wochenende von Facebook ausgesperrt worden. Cambridge Analytica habe unrechtmässig erhaltene Nutzerdaten entgegen früheren Zusicherungen nicht gelöscht, erklärte das Online-Netzwerk zur Begründung.
Nach Informationen der «New York Times» und des «Guardian» sollen einige Informationen von rund 50 Millionen Facebook-Mitgliedern zu Cambridge Analytica gelangt sein. Um sie zu sammeln, wurde eine Umfrage zu Persönlichkeits-Merkmalen aufgesetzt, die bei Facebook als wissenschaftliche Forschung angemeldet wurde. Die Daten gingen dann ohne Wissen der Nutzer an Cambridge Analytica.
Die britische Datenschutzbehörde (ICO) hatte am Dienstag bekanntgegeben, gegen Facebook zu ermitteln. Es gehe unter anderem darum, ob Facebook nach dem Verlust der Daten entschlossen gehandelt und rechtzeitig informiert hat, sagte ICO-Chefin Elizabeth Denham dem BBC Radio.
Zugleich ersuche man einen Durchsuchungsbefehl gegen die britische Datenanalysefirma Cambridge Analytica. Das Unternehmen, das Trump im Wahlkampf 2016 unterstützte, soll mit Hilfe von personalisierter Facebook-Werbung Wahlentscheidungen beeinflusst haben.
Europäische wie auch US-amerikanische Abgeordnete verlangten von der Beratungsfirma eine umgehende Erklärung. In den USA forderte unter anderem Senator John Kennedy Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf, dem Kongress zu den Aktivitäten seines Konzerns Frage und Antwort zu stehen.
Das weltgrösste Internetnetzwerk gab bekannt, Prüfer der Firma Stroz Friedberg engagiert zu haben. Diese sollen untersuchen, ob Cambridge Analytica weiterhin im Besitz der Daten ist. Am Montag seien sie in deren Londoner Büro gewesen.
Nach Informationen des britischen Fernsehsenders Channel 4 haben sich Manager von Cambridge Analytica damit gebrüstet, weltweit Wahlen mit Hilfe von digitaler Manipulation und politischen Täuschungen beeinflussen zu können.
Facebook kämpft seit einiger Zeit mit Gegenwind. Wegen mutmasslicher russischer Beeinflussung des US-Wahlkampfs via Facebook geriet der Internetkonzern bereits in die Kritik. Daraufhin startete das Netzwerk eine Transparenzoffensive und änderte diverse Abläufe.
Die jüngsten Probleme sorgten am Montag für einen Ausverkauf an der Börse. Die Facebook-Aktie fiel fast sieben Prozent und verlor damit nahezu 40 Milliarden Dollar an Marktwert.
Insidern zufolge muss sich Facebook inmitten der Datenschutz-Probleme nun auch einen neuen Sicherheitschef suchen. Alex Stamos wolle den Konzern wegen Unstimmigkeiten im Umgang mit der mutmasslichen russischen Desinformationskampagne verlassen, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. (cma/sda/dpa/afp/reu)