Bundesrats-PK verpasst? Das sind die 7 wichtigsten Punkte
Was beschloss der Bundesrat?
Jetzt ist es also so weit: Der Bundesrat weitet die Zertifikatspflicht aus. Ab nächstem Montag kommt man beispielsweise in Clubs, Bars, Restaurants, Fitness-Center, etc. nur noch mit einem gültigen Covid-Zertifikat rein.
Die Massnahme gilt vorerst bis am 24. Januar 2022, dann entscheidet der Bundesrat, ob man die Zertifikatspflicht verlängern will.
Wie sieht die aktuelle Corona-Lage aus?
Laut Gesundheitsminister Alain Berset sieht sich die Schweiz derzeit mit dem «vielleicht schwierigsten Moment» in der Pandemie konfrontiert. Fast alle Restriktionen seien aufgehoben, aber die Situation bleibe sehr instabil.
Im Moment würden pro Tag über 3000 Infektionen registriert, sagte Berset am Mittwoch vor den Medien in Bern. Viele Erkrankte lägen im Spital oder gar auf einer Intensivstation. «Die Leute auf der Intensivstation kämpfen um ihr Überleben, dort geht man nicht einfach zum Ausruhen hin», sagte Berset. Neunzig Prozent dieser Patientinnen und Patienten seien nicht geimpft, die meisten seien zwischen dreissig und sechzig Jahre alt. Berset betont:
Operationen, die jetzt wegen Covid-Patienten vorschoben werden müssten, sollten eigentlich nicht verschoben werden, sage Berset und nannte als Beispiele Eingriffe wegen Krebs und Schlaganfällen sowie das Einsetzen von Prothesen.
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Im Hinblick auf Herbst und Winter würde laut Berset niemand verstehen, wenn man die Überlastung des Gesundheitssystems in Kauf nehmen würde. Nun müssten «alle zusammen Anstrengungen unternehmen», um die Situation zu bewältigen – «es gibt immer noch zu viele Menschen, die nicht immun sind.»
Wie wird der Schritt begründet?
Laut Bundespräsident Guy Parmelin bedeutet die Ausweitung der Zertifikatspflicht keinen indirekten Impfzwang. «Das Covid-Zertifikat steht allen offen – auch Personen, die sich testen lassen.»
Den Einsatz des Zertifikats auszudehnen, sei der effizienteste Weg zur Bewältigung der Corona-Krise, hielt Wirtschaftsminister Parmelin am Mittwoch vor den Medien in Bern fest. «Wir verhindern damit eine weitere Schliessung von Betrieben und Aktivitäten.» Und weiter: Die Massnahme sei «volkswirtschaftlich tragbarer als alle anderen Optionen».
Parmelin erwähnte weitere Vorteile der ausgedehnten Zertifikatspflicht beispielsweise in Restaurants: Es gebe den Unternehmen mehr Freiheiten, weil die Maskenpflicht falle, keine Trennwände mehr nötig seien oder keine Abstandsregeln mehr gälten. «Es ist eine Rückkehr zu mehr Normalität.»
Es gebe keine andere vertretbare Alternative zur Ausweitung der Zertifikatspflicht, sagte Gesundheitsminister Alain Berset. Schliessungen und Arbeitsverbote oder eine Überlastung des Gesundheitssystems komme nicht infrage.
«Die Ausweitung der Zertifikatspflicht minimiert das Risiko, das Personen angesteckt werden», sagte Berset. Das wirtschaftliche und öffentliche Leben könne weitergehen. «Das Zertifikat schützt auch Freiheiten, die wir bei einer Schliessung von Unternehmen und einem Arbeitsverbot nicht mehr hätten.»
Gibt es keine Schonfrist?
Nein, Parmelin machte es deutlich: «Ungeimpfte hatten genug Zeit, sich impfen zu lassen.» Den Entscheid, dass der Bund die Tests per 1. Oktober nicht mehr bezahlt, habe der Bundesrat schon vor einem Monat getroffen.
Gesundheitsminister Alain Berset ergänzte, es stelle sich die Frage, wie lange die persönliche Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, der Gesamtheit angelastet werden könne.
Dänemark habe das Ende der Pandemie verkündet, sagte Berset. «Was ist der Unterschied zwischen Dänemark und der Schweiz? Eine Differenz bei den Impfungen von 20 Prozent.»
Kommt die Zertifikatspflicht auch für Politiker?
Nein, in Parlamenten und an Gemeindeversammlungen gilt die Zertifikatspflicht nicht. Der Grund dafür sei, dass es um die Ausübung politischer Rechte gehe, sagte Berset. Allerdings müssten die Schutzmassnahmen eingehalten werden.
Die Ausübung politischer Rechte sollte nicht abhängig gemacht werden von Testung, Genesung oder Impfung, sagte Berset am Mittwoch auf die Frage eines Journalisten.
Michael Gerber, stellvertretender Leiter Abteilung Recht beim BAG, präzisierte: «Es geht hier um das Funktionieren des Staates.» Da dürfe es keine Beschränkung der Personenzahl geben. Hingegen gälten Schutzkonzepte, die gute Lösungen ermöglichen würden.
So sah das «Corona-Bundeshaus» letztes Jahr aus:
Was passiert mit den Grenzen?
Das ist noch in Abklärung: Wie die Tests und die Registrierungspflicht bei der Einreise in die Schweiz kontrolliert werden, soll bis am 14. September geklärt werden, sagte Berset. Die Fluggesellschaften hätten etwa eine solche Kontrollpflicht. Er ergänzt:
Michael Gerber präzisierte, dass vorgesehen sei, dass an den Grenzen risikobasierte Kontrollen durchgeführt würden. Die elektronische Registrierung und der Testnachweis würden nachgefragt. Im Rahmen der Konsultation sollen solche Fragen jedoch detailliert beraten und geregelt werden.
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Wie sieht es mit dem Impftempo aus?
Zur Entwicklung der Lage stellte der Gesundheitsminister einmal mehr fest: «Wir impfen zu langsam. Wenn es so weitergeht wie heute, könnten wir im Oktober oder November weitere Probleme nicht verhindern.» Alle müssten mitmachen. «Wir haben es in der Hand, eine bessere Ausgangslage zu schaffen. Wir haben die Möglichkeit, es als Land zu schaffen.»
Laut Lukas Engelberger, Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), ist es mit der Ausweitung der Zertifikatspflicht nicht getan: «Das Zertifikat alleine wird uns nicht retten». Es brauche weitere Fortschritte in der Impfkampagne.
«Eine Beschleunigung ist essenziell wichtig», sagte Engelberger am Mittwoch vor den Medien in Bern. Es gehe nun darum, jene Personen zu erreichen, die zögerlich, unsicher und abwartend seien.
«Sämtliche Kantone intensivieren ihre Kampagne», sagte Engelberger. Dabei gehe es darum, mehr Angebote ohne Voranmeldung zu schaffen sowie dezentrale Angebote in Arztpraxen und Apotheken oder Impfmobilen auszubauen.
Engelberger richtet klare Worte an die ungeimpfte Bevölkerung:
(jaw/sda)
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