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Gesellschaft & Politik

Krankenkasse: Franchise wird um 50 Franken erhöht – Linke will Referendum

Nationalrat beschliesst Franchisen-Erhöhung um 50 Franken – Linke kündigt Referendum an

14.03.2019, 12:51
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Fabian Molina (SP-ZH), Brigitte Crottaz (SP-VD), Maya Graf (Gruene-BL), Nadine Masshart (SP-BE), Rebecca Ruiz (SP-VD) und Yvonne Feri (SP-AG), von links hoeren sich die Antwort von Raymond Clottu, SVP ...
Der Nationalrat beschloss die Erhöhung der Franchisen um 50 Franken.Bild: KEYSTONE

Die Krankenkassenprämien steigen jedes Jahr. Nun sollen Kranke auch noch einen grösseren Teil der Arztrechnungen selber zahlen müssen. Die Franchisen steigen vorerst um 50 Franken. Eine Erhöhung um 200 Franken lehnt der Nationalrat ab.

Er hat sich am Donnerstag mit 162 zu 21 Stimmen gegen eine Motion seiner Gesundheitskommission ausgesprochen. Diese verlangte, die ordentliche Franchise von heute 300 Franken auf 500 Franken anzuheben. Kommissionssprecher Bruno Pezzatti (FDP/ZG) argumentierte, eine höhere Franchise führe erwiesenermassen zu kostenbewusstem Verhalten und senke die Prämienbelastung aller Versicherten.

Er verwies auf Berechnungen des Bundesrats, wonach die Krankenkassen - und damit die Prämienzahler - durch die höhere Franchise um 430 Millionen Franken entlastet würden. Nach Ansicht der Kommission wäre die Erhöhung für Kranke finanziell verkraftbar. Personen in wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen erhielten Prämienverbilligungen, unter Umständen auch noch Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigung, sagte Pezzatti.

«Fatale Folgen»

Die Linke wehrte sich gegen die Erhöhung der ordentlichen Franchise. Yvonne Feri (SP/AG) erinnerte daran, dass immer mehr Menschen einen Arztbesuch vermieden, weil sie die Franchise nicht tragen könnten. Das habe fatale Folgen und führe zu hohen Folgekosten. Laut OECD sei die Kostenbeteiligung der Schweizer Haushalte an den Gesundheitskosten schon heute hoch. Arme Haushalte würden dabei überproportional belastet, weil die Krankenkassenprämien nicht auf das Einkommen Rücksicht nehme.

Der Bundesrat lehnte die Erhöhung der ordentlichen Franchise um 200 Franken ebenfalls ab. Es gelte, auf die finanziellen Möglichkeiten der Versicherten Rücksicht zu nehmen, sagte Gesundheitsminister Alain Berset. Er gab auch zu bedenken, dass sich mit einer höheren Franchise zwar die Prämien beeinflussen liessen, nicht aber die Gesundheitskosten. Die Kosten würden damit lediglich verlagert.

Steilpass für SP

Ob diese Argumente oder taktische Überlegungen den Ausschlag gaben für die schwache Zustimmung, ist offen. Sicher ist, dass der bürgerlich dominierte Nationalrat der SP mit einer abrupten Erhöhung der Franchisen einen Steilpass geliefert hätte. Die Partei hat die Krankenkassenprämien zu einem ihrer zentralen Wahlkampfthemen gemacht.

Zusammen mit den Grünen, Konsumenten- und Rentnerorganisationen hat die SP bereits das Referendum beschlossen gegen eine deutlich moderatere Erhöhung der Franchisen. Diese Vorlage hat der Nationalrat bereinigt, sie ist nun bereit für die Schlussabstimmung.

Damit sollen alle Erwachsenen-Franchisen laufend den Gesundheitskosten angepasst werden. Vorgesehen ist eine Erhöhung um 50 Franken, sobald die durchschnittlichen Bruttokosten der Leistungen pro versicherte Person mehr als 13-mal höher liegen als die ordentliche Franchise.

Eine erste Anpassung der Franchisen ist auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens geplant. Die ordentliche Franchise würde dann 350 Franken betragen, die höchste Franchise 2550 Franken. Der Ständerat hat bereits zugestimmt, Nationalrat hatte nur noch eine sprachliche Differenz zu bereinigen. Ein Urnengang über den Mechanismus zur Erhöhung der Franchisen könnte Ende November 2019 stattfinden. (sda)

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Rezept gegen die Prämien-Explosion gesucht
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Rezept gegen die Prämien-Explosion gesucht
Die Gesundheitspolitik dürfte zu einem der grossen Themen im Wahljahr 2019 werden. So will die CVP per Volksinitiative eine Kostenbremse im Gesundheitswesen einführen. Die Prämien sollen nicht mehr stärker wachsen dürfen als die durchschnittlichen Löhne. (Bild: Parteipräsident Gerhard Pfister)
quelle: keystone / peter schneider
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Franchise Anpassung: Bald zahlst du 50 Franken mehr
Video: srf
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101 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Daenerys Targaryen
14.03.2019 13:06registriert Mai 2016
Irgendwann ist die Krankenkassenprämie so hoch wie die Miete 🤦‍♀️ wo soll das nur hinführen?
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anonymer analphabet
14.03.2019 13:20registriert April 2016
"immer mehr Menschen einen Arztbesuch vermieden, weil sie die Franchise nicht tragen könnten" naja viele haben die höchste Franchise weil sie/ich sonst die Krankenkassenprämien nicht bezahlen können...
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MacB
14.03.2019 13:14registriert Oktober 2015
Die Erhöhung der Franchise um 50.- pro Jahr(!) ist ebenso hirnlos, wie dagegen noch ein Referendum anzukündigen. Das ist alles Pflästerlipolitik und bringt doch nichts.
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