Lärm kann eine Reihe negativer Auswirkungen auf Frühchen haben. Wie ein Forscherteam unter Leitung der Universität Genf nun festgestellt hat, stört eine laute Umgebung auch den Tastsinn der Frühgeborenen.
Frühgeborene durchleben einen drastischen Wechsel vom abgeschirmten Dasein im Mutterleib in eine Welt voller Sinnesreize, die auf es einstürzen. Sie sind beispielsweise konstant einem erhöhten Lärmpegel ausgesetzt. Ein Forscherteam unter Beteiligung der Universität und des Unispitals Genf hat nun festgestellt, dass sich Lärm negativ auf die Tastfähigkeit der Frühchen auswirkt.
Babys, die zwischen der 28. und 33. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen - gut zwei Monate vor dem berechneten Geburtstermin - sind bereits in der Lage, sich die Form kleiner Objekte einzuprägen und zu unterscheiden, wie die Universität Genf am Dienstag mitteilte. Diese sensorische Lernfähigkeit werde aber durch den Umgebungslärm beeinflusst, erklärte Studienautorin Fleur Lejeune in der Mitteilung.
Erinnerung an bekanntes Objekt
Zu diesem Schluss kommen die Forschenden, nachdem sie die Tastfähigkeit von 63 frühgeborenen Babys untersuchten. Die Hälfte wurde von Lärm abgeschirmt, die andere Hälfte befand sich in lärmiger Umgebung.
Während einer ersten Phase - der Eingewöhnungsphase - gaben die Forschenden den Babys Prismen in die Hand. Liessen sie es fallen, legten die Wissenschaftler es ihnen erneut ins Händchen. Mit der Zeit liessen die Neugeborenen das Objekt immer häufiger fallen, was als steigendes Desinteresse an bereits Bekanntem interpretiert wird.
In der zweiten Phase - der Testphase - bekamen einige Babys einen Zylinder, die anderen erneut das Prisma. Die Babys, die den Zylinder hielten, brauchten den Beobachtungen der Forscher zufolge länger, sich an das Objekt zu gewöhnen, als die mit dem Prisma. Sie konnten sich offenbar an die Form des Prismas erinnern.
Bei Lärm lernen Babys Formen schlechter
Bei den Frühchen in lärmiger Umgebung stellten die Wissenschaftler jedoch fest, dass die Babys sowohl Zylinder als auch das Prisma länger in der Hand hielten. Sie schienen also nicht zwischen der unbekannten und der bekannten Form zu unterscheiden. Zudem verkürzten sich die Haltezeiten im weiteren Verlauf nicht, das Formeinprägen schien den Babys bei Lärm schwerer zu fallen.
«Unsere Studie zeigt, dass es eine frühe funktionelle Kommunikation zwischen Tast- und Hörsinn von Frühgeborenen gibt», sagte Studienleiter Eduard Gentaz von der Universität Genf gemäss der Mitteilung. Das Zusammenspiel aller Sinne sei fundamental wichtig für alle Individuen, aber über das von Frühchen sei immer noch wenig bekannt.
Die Resultate zeigten, wie wichtig es sei, den Lärm auf neonatologischen Stationen zu vermindern, zum Beispiel durch architektonische Massnahmen oder die Wahl der Geräte, schrieb die Universität Genf. Die Zeit nach der Geburt sei kritisch für die Entwicklung des neuronalen Kreislaufs, und die Sinneseindrücke spielten eine entscheidende Rolle für die Hirnentwicklung. (sda)