Ursula von der Leyen hat am Dienstagmorgen in ihrer Bewerbungsrede im EU-Parlament die Verteidigung des europäischen Lebensstils gefordert. Die deutsche Politikerin will neue EU-Kommissionspräsidentin werden.
Angesichts von Herausforderungen wie Klimawandel, demografischem Wandel und Digitalisierung müsse die EU Einheit zeigen und für ihre Werte einstehen, sagte von der Leyen in Strassburg. «Wenn wir im Inneren vereint sind, wird uns niemand von aussen spalten.» Die deutsche Politikerin begann Ihre Rede auf Französisch, sprach dann auf Deutsch und schliesslich auf Englisch.
Erstes zentrales Thema war der Kampf gegen den Klimawandel. Sie kündigte an, in ihren «ersten 100 Tagen im Amt» ein Gesetz vorzulegen, in dem das Ziel festgeschrieben ist, bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität festzuschreiben.
Dabei bezeichnete von der Leyen das bisherige EU-Etappenziel bis 2030 einer Reduzierung der Treibhausgase um 40 Prozent als nicht ausreichend. Die EU müsse «weiter gehen», sagte sie. Sie stellte eine Verringerung «um 50 Prozent, wenn nicht 55 Prozent» in Aussicht.
Brexit-Verschiebung
Die Deutsche sprach sich ausserdem für eine stärkere Besteuerung von grossen Internetkonzernen aus. «Es ist nicht akzeptabel, dass sie Profite machen und keine Steuern zahlen», sagte sie. «Wenn sie profitieren wollen, müssen sie auch die Kosten tragen.»
Zudem zeigte sich von der Leyen bereit, das Brexit-Datum zu verschieben. Der EU-Austritt sei eine ernste Entscheidung eines Mitgliedlands.
Den Briten signalisiert sie Entgegenkommen. «Ich bin bereit, das Austrittsdatum noch weiter zu vertagen, wenn das aus guten Gründen nötig ist», erklärt die konservative Politikerin. «Auf jeden Fall wird das Vereinigte Königreich unser Verbündeter, unser Partner und unser Freund bleiben.»
Wahl um 18 Uhr
Von der Leyen war nach schwierigen Verhandlungen von den Staats- und Regierungschefs Anfang Juli als Nachfolgerin von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgeschlagen worden.
Das EU-Parlament entscheidet am Dienstagabend über die Ernennung. Von der Leyen braucht dabei eine Mehrheit der 747 Mandate im Parlament, also mindestens 374 Stimmen. Diese war im Vorfeld der Abstimmung nicht sicher.
Die Sozialdemokraten, die mit 153 Abgeordneten die zweitgrösste Gruppe im Parlament stellen, wollen nach der bis zum Mittag angesetzten Debatte bei einer Fraktionssitzung über ihr Abstimmungsverhalten diskutieren. Bisher ist die Gruppe in der Frage gespalten, vor allem die 16 deutschen Abgeordneten lehnen die Konservative strikt ab.
Die Wahl ab 18 Uhr findet in geheimer Abstimmung statt. Die Auszählung der Stimmzettel kann einem Sprecher des Parlaments zufolge bis 20 Uhr dauern. (sda/afp/dpa/reu)