Am zweiten Tag der Räumung des Flüchtlingslagers von Calais haben die französischen Behörden mit dem Abriss begonnen. Arbeiter entfernten am Dienstag leerstehende Zelte und Behelfsunterkünfte in dem riesigen Camp.
Die in orangefarbene Schutzanzüge gekleideten Arbeiter demontierten leere Zelte und Hütten und räumten Hinterlassenschaften wie alte Matratzen, Decken und Töpfe in Abfallcontainer. Einige der Hütten gingen in Flammen auf. Unklar ist, ob sie von den Flüchtlingen angezündet wurden.
Dabei blieb es weitgehend friedlich. Etwa tausend Flüchtlinge erhielten eine sichere Unterkunft, teilte Innenminister Bernard Cazeneuve in der Pariser Nationalversammlung mit.
Damit hatte bis Dienstagnachmittag etwa die Hälfte der schätzungsweise 6500 Migranten das wilde Camp am Rande einer Industriezone der Hafenstadt verlassen. Die meisten Flüchtlinge kommen aus Ländern wie Afghanistan, Äthiopien, Eritrea und dem Sudan. Viele waren mit der Hoffnung nach Calais gekommen, den Ärmelkanal überqueren und Grossbritannien erreichen zu können.
Bereits am Montag waren über 2300 Flüchtlinge verlegt worden. Unter ihnen waren 400 unbegleitete Kinder und Jugendliche, die zunächst in einem Containerdorf bleiben. Nach Angaben Cazeneuves erklärte sich Grossbritannien bereit, alle unbegleiteten Minderjährigen aus Calais aufzunehmen, deren Angehörige sich bereits im Königreich aufhalten.
Ärzte ohne Grenzen kritisierte, dass nur sehr grob anhand eines Gesichtschecks überprüft werde, wer minderjährig sei und damit auf das spezielle Asylverfahren hoffen dürfe.
Bild der Verwüstung
Der sogenannte «Dschungel» bot am Dienstag ein Bild der Verwüstung. Viele Hütten einer improvisierten Ladenstrasse waren leer, auf dem Boden lag Müll. Immer wieder loderten kleine Feuer auf. Bulldozer wurden nicht eingesetzt, sagte ein Sprecher der Präfektur Pas-de-Calais, Müll werde mit kleinen Schaufelbaggern entfernt.
Am Tor des Transitzentrums kam es zu Rangeleien mit der Polizei, dabei gab es aber keine Verletzten. In der Nacht habe es keine Zusammenstösse gegeben, teilte die Präfektur mit. In den Tagen zuvor war es am Rande des Camps zu nächtlichen Ausschreitungen gekommen, bei denen die Polizei auch Tränengas einsetzte.
Neue Camps verhindern
Die Regierung will das Entstehen neuer illegaler Camps in Calais und an der Küste verhindern. «Die Ordnungskräfte vor Ort werden Kontrollen durchführen, vor allem an den Bahnhöfen», hatte Cazeneuve angekündigt.
Die Auflösung soll nach Angaben der Präfektur etwa eine Woche dauern. Wie mit den sogenannten Widerspenstigen umgegangen werden soll, die unbedingt bleiben wollen, wird nicht offen gesagt. Inoffiziell ist zu hören, dass am Ende auch Polizei eingesetzt werden könnte. (sda/dpa/afp)