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Berner Gastronomen können schon bald Unisex-Toiletten anbieten

Geschlechtergetrennte Toiletten: Im Kanton Bern bald nicht mehr ein Muss.
Geschlechtergetrennte Toiletten: Im Kanton Bern bald nicht mehr ein Muss.Bild: Getty

Berner Gastronomen können schon bald Unisex-Toiletten anbieten

Bisher brauchten Gastgewerbebetriebe mit mehr als 50 Sitzplätzen nach Geschlechtern getrennte Toiletten. Bald haben Gastronomen die Möglichkeit, Unisex-Toiletten anzubieten – unabhängig von der Grösse des Betriebs.
15.09.2022, 12:3715.09.2022, 12:37
David Kocher / ch media
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Berner Gastrobetriebe sollen nicht mehr dazu verpflichtet sein, nach Geschlechtern getrennte Toiletten zur Verfügung zu stellen. Bei diesem Punkt dürften sich rechte Politiker und linke Politikerinnen die Hand geben – und das vielleicht schon bald in der Toilette eines grösseren Gastrobetriebs. Möglich wäre es ab dem 1. November 2022. Dann tritt eine Änderung der Bauverordnung in Kraft, wonach Gastrobetriebe mit mehr als 50 Sitzplätzen ihre Toiletten nicht mehr nach Geschlechtern trennen müssen.

Vergleichbare Vorschläge stammen sonst eher aus dem linken politischen Spektrum: 2020 reichten beispielsweise Tabea Rai (AL) und Zora Schneider (PdA) einen Vorstoss für geschlechterneutrale WCs und Garderoben in Schulneubauten ein. Der Änderungsvorschlag zugunsten geschlechterneutralen WCs im Gastrobereich kommt hingegen aus dem bürgerlichen Lager: Drei SVP-Politiker reichten den Vorstoss im November 2020 ein.

Dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung tragen

«Man erlebt ja heute auch, dass, wenn es keinen Platz hat, Frauen aufs Männer-WC gehen oder umgekehrt. Vor 60 Jahren war das noch undenkbar, heute ist es das normalste auf der Welt», sagt SVP-Grossrat Walter Schilt, einer der Initiatoren, auf Anfrage. Man müsse dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung tragen.

Im Vordergrund steht aber eher die grössere Freiheit, die sich Schilt für Bauherrschaften erhofft. So gebe es im Bereich der Sanitäranlagen oft eine Raumproblematik, besonders in der Stadt. Dieser Platz könne jetzt besser genützt werden, wenn nicht geschlechtergetrennte Toiletten installiert werden müssen.

Auch Tobias Burkhalter, Präsident Gastro Bern, sieht die Änderung positiv. «Bei vielen könnte das infrastrukturmässig helfen», ist er überzeugt. Ob die Akzeptanz in der Gesellschaft da sei, würde sich dann zeigen. Burkhalter sagt aber auch: «Wer aber jetzt funktionierende WC-Anlagen habe, wird jetzt kaum Geld in die Hand nehmen und umrüsten.»

Sauberer und bessere Hygiene

Die Vorteile von geschlechterneutralen Toiletten könnten auch in weniger offensichtlichen Bereichen liegen. Erfahrungen in andern Kantonen würden zeigen, dass solche Toiletten sauberer hinterlassen werden und die Gäste sogar mehr die Hände waschen, sagt SVP-Grossrat Schilt: «Das eine oder andere Geschlecht will nicht blossgestellt werden.»

Ursprüngliche Überlegung hinter dem Geschlechtertrennungs-Zwang war der Schutz von Frauen vor sexueller Belästigung, das Unwohlsein durch die Präsenz des anderen Geschlechts sowie hygienische Gründe. Ob diese Argumente heute noch genügen würden, stellte der Regierungsrat mittlerweile infrage. Er betonte zudem, dass nach Geschlechtern getrennte Toiletten Menschen benachteiligen würden, die sich keinem eindeutigen Geschlecht zuordnen.

Die nötige Privatsphäre könne auch mit Unisex-Toiletten gewährleistet werden, meint die Bau- und Verkehrsdirektion. So schreibt sie: «Insbesondere bei Nachtclubs oder grösseren Ausgehlokalen sind zur Gewährleistung der Sicherheit bei Unisex-Toiletten von oben bis unten geschlossene WC-Kabinen angezeigt.»

Weiterhin getrennte Toiletten für Personal nötig

Knapp zwei Jahre nach dem Vorstoss wird die Bauverordnung nun angepasst. Unabhängig von der Grösse haben Gastgewerbebetriebe ab November nun die Möglichkeit, Unisex-Toiletten anzubieten. Der Berner Grossrat Schilt lobt die Arbeit des Regierungsrates: «Der Regierungsrat hat Handlungsbedarf gesehen und ging rasch vor.»

Doch bevor sich Gastronomen zu früh freuen: Die neue Regelung der Unisex-Toiletten betrifft nicht alle Bereiche. Die Bau- und Verkehrsdirektion weist darauf hin, dass die Betriebe weiterhin dazu verpflichtet sind, für ihr Personal nach Geschlechtern getrennte Toiletten zur Verfügung zu stellen. Dies ist in einer anderen Verordnung geregelt, die von der aktuellen Änderung nicht betroffen ist.

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