Mit so manchen Nachhaltigkeit-Tipps ist es ja ein bisschen wie mit Unkraut: Sie wuchern aus jeder Ecke und obwohl diese Tipps herzlich wenig nützen, vergehen sie einfach nicht.
Bevor jetzt alle Botanikerinnen und Pflanzennerds aufschreien: Wir wissen, dass es eigentlich kein Unkraut gibt. Es heisst «Beikraut» und ist sehr wohl nützlich. Und ja, ich hätte den Vergleich auch mit invasiven Neophyten machen können. Aber das versteht keine Sau. Item: Es geht mir nur um das Sinnbild, also alles easy. Und nun zurück zum Thema:
Bestimmt kennt ihr solche Tipps:
Dass wir uns richtig verstehen, diese Tipps sind alle gut gemeint und helfen irgendein Quadrillionstel (0,000000000000000000000001 %), das Klima und die Umwelt zu schützen. Das Duschen vielleicht sogar noch ein Mini-Mü mehr – je nachdem, wie geschickt ihr euch anstellt …
Aber wenn mich meine Gspänli, Bekannten und Unbekannten manchmal fragen, was denn nun am meisten bringt fürs Klima und die Umwelt, dann erzähle ich ihnen bestimmt nichts vom Zahnbürsteli und dem Wasserhahn. Nein, dann gehen wir ans Eingemachte.
Kurz und knapp, die Big Five:
In unserem hundskommunen Alltag in der Schweiz steht die Mobilität weit oben auf der Impact-Liste. Am besten nutzt ihr Zug, Bus, Tram und das Velo in Kombination mit Beinen. (Wie das auch der Gesundheit der Bäume hilft, erzähl ich euch im nächsten Beitrag.) Wer auf ein eigenes Auto angewiesen ist, fährt am besten mit einem schlanken E-Auto. Das könnt ihr euch vielleicht sogar mit anderen teilen.
Wer sich für privates Carsharing interessiert, bei dem sich zwei oder drei Parteien ein Auto teilen, findet beim VCS alle wichtigen Infos zur Handhabe. Auch sonst ist die Schweiz nicht arm an Carsharing-Angeboten, die ihr nutzen könnt, wenn's mal nicht ohne Auto geht. Und die Anbieter kurz zu checken, schadet schliesslich nicht.
Falls ihr jetzt denkt: «Die bringt hier aber echt die alte Fasnacht an Tipps zur Mobilität!», ich hab ja gesagt, sie sind füdlieinfach. Nur sind sie viel schwieriger umzusetzen, als den Wasserhahn abzudrehen beim Zähneputzen.
So weit, so gut und nun weiter mit der Ernährung.
Beim Essen erreicht ihr mit Abstand am meisten fürs Klima und die Umwelt, wenn ihr öfter auf tierische Lebensmittel – insbesondere Fleisch – verzichtet. Inzwischen muss man sich im Laden ja auch schon fast die Augen verbinden, um die pflanzlichen Alternativen für Fleisch, Käse oder Milch zu ignorieren. Einfach mal testen, ist bestimmt nicht verkehrt und erweitert den geschmacklichen Horizont.
Besonders praktisch ist auch die allwissende Müllhalde namens Internet. Sie ist voll von veganen und vegetarischen Rezepten. Nur Mut! Probiert sie aus.
Und wenn gar nichts geht, geht immer Spaghetti mit Pesto und veganem Käse – zumindest bei mir.
Beim Wohnen verbrauchen Heizen und Warmwasser mit Abstand am meisten Energie im Haus und verursachen die leidigen Treibhausgas-Emissionen. Vorausgesetzt, bei euch wird noch mit Öl oder Gas geheizt. Wenn ihr im Winter einen Pulli übers T-Shirt zieht, warme Söckli montiert und dafür die Wohnung nur auf 20 oder 21 Grad heizt, spart ihr nicht nur CO2, sondern auch bares Geld. Denn mit jedem popeligen Grad weniger spart ihr 6 % Energie.
Mein Trick für die 20-Grad-Bude: Wenn ich lange sitzen muss beim Arbeiten, setz ich mich auf mein Heizkissen. So muss ich nicht die ganze Wohnung auf 24 Grad heizen und hab trotzdem nicht kalt.
Beim Warmwasser ist das Duschen tatsächlich ein Thema. Eine gute Sparbrause lässt gerade mal 5 Liter Wasser pro Minute durch statt rund 15, hilft also schon viel. Vielleicht muss man im Winter auch nicht jeden Tag duschen, weil man gar nicht so viel schwitzt?
Beim Eigenheim geht's ins Geld. Wer nämlich in einem eigenen Haus wohnt, kommt nicht darum herum, falls nötig, die Wärmedämmung zu verbessern und eine Wärmepumpe oder eine andere klimafreundliche Heizung einzubauen.
Die meisten von uns können leider nicht entscheiden, ob ihr Wohnhaus saniert wird, die Vermieterin eine klimafreundliche Heizung einbaut oder in der Tiefgarage Ladestationen für E-Autos montiert. Vielleicht findet ihr es verkehrt, dass tierische Lebensmittel üppig subventioniert werden oder wünscht euch bessere Velowege in eurer Gemeinde.
All diese Dinge lassen sich nur mithilfe der Politik ändern. Umso wichtiger ist unser politisches Engagement und das beginnt nur schon damit, dass wir konsequent abstimmen und wählen gehen. Wenn ihr euch darüber hinaus für mehr Klima- und Umweltschutz einsetzen wollt, rennt ihr bei mir natürlich offene Türen ein.
Auch gezielt spenden, statt einfach nur die Flugreise zu kompensieren (für die wir oftmals eigentlich den Zug nehmen könnten), bringt sehr viel. Organisationen und Initiativen, die sich für einen politischen und gesellschaftlichen oder technologischen Wandel einsetzen, sind sehr viel wirksamer, als isolierte Bäumli-Pflanzaktionen oder ein 20-Franken-Solaranlagen-Sponsoring am anderen Ende der Welt.
Ein aktuelles Beispiel für sinnvolles politisches und finanzielles Engagement ist der Verein Klimaschutz Schweiz. Er hat die Gletscher-Initiative auf die Beine gestellt und letztlich den Weg für das Klimaschutz-Gesetz geebnet. Letzteres ist nicht perfekt und eigentlich fängt die Arbeit jetzt erst richtig an. Aber hey, Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut. Nur sollten wir uns im Gegensatz zu den Römer-Menschen echt beeilen.
Und zum Schluss die Moral von der Geschicht: Bestellt euch auch mal einen Drink, der kein Röhrli braucht und putzt euch immer gut die Zähne ohne laufenden Wasserhahn und von mir aus auch ohne Licht. Aber wenn ihr wirklich, wirklich viel bewirken wollt, dann nutzt die 5 füdlieinfachen Hebel.
Und zum Schluss nach dem Schluss noch der inoffizielle sechste Hebel: Bitte lasst die Finger von Fast Fashion.
Hypnos350
Hat gut geklappt 👍
jyperion
Aber das stimmt halt nicht! Wenn die Prognosen alle mehr oder weniger stimmen, dann ist der Klimawandel nur durch sofortige, verbindliche, weltweit koordinierte und kompromislose Aktion aufhalt-/abschwächbar und solche “Hebel” haben keinen Einfluss. Das steht auch quasi so im IPCC Bericht. Wir machen uns etwas vor!
Bärner728