Ich muss gestehen, ich liebe Ausreden! Sie vereinfachen den Alltag. Sie zu (er)finden, macht mich kreativ wie sonst was. Sie gestatten mir, faul zu sein, wann immer ich will, sind meine kleinen Retter in der Not. Also bitte, nichts gegen Ausreden!
Ausreden sind quasi mein Ding. Und weil ich in meinem Umfeld die Nachhaltigkeits-Tante bin, kommen meine Gspänli, Bekannten, Verwandten und was es da sonst noch alles gibt, immer wieder mal auf mich zu. Sie wollen nämlich wissen, was sie sagen sollen, wenn der Georg oder die Sophie diese oder jene Ausrede fallen lässt, weil er oder sie kein Bock hat, sich ums Klima oder die Umwelt zu kümmern. Und weil ich beides liebe – also Ausreden und die Umwelt –, mach ich mir natürlich besonders gerne und viel Gedanken dazu.
Als dann kürzlich auf meiner To-do-Liste stand, Arzttermin abmachen, staubsaugen, Website überarbeiten, sagte ich mir: heute nicht! Ich muss ganz dringend das Ausreden-Best-of schreiben, damit meine Gspänli, Bekannten etc. bei der nächsten Ausrede vom Georg oder der Sophie einen guten Konter aus dem Köcher ziehen können.
Et voilà!
Neulich am Telefon sagte eine gute Freundin zu mir: «Weisch, ich fühl mich einfach verarscht, wenn ich mir fürs Klima Mühe gebe, während alle anderen sich wie Idioten verhalten.» Sie gibt sich natürlich trotzdem Mühe und sie meinte es auch nicht böse, als sie das Wort «Idioten» sagte. Sie redete halt einfach, wie der Schnabel gewachsen ist. So weit, so normal.
Aber andere Dudes und Dudinnen nutzen dieses Verarschtfühlen als Ausrede. Auch ich kenne dieses Gefühl bestens, aber – und das sagte ich auch zu meiner guten Freundin – erstens, nur weil andere sich wie Idioten verhalten, möchte ich deswegen ja nicht so tun, als wäre ich auch eine Idiotin (so zu tun, wäre ja noch schlimmer, als wirklich dumm zu sein). Und der zweite Punkt kommt gleich mit der nächsten Ausrede.
Eine der schwierigsten aller Ausreden, da auf den ersten Gedanken leider ein bitzli wahr. Zum Glück darf ich ja als Journalistin einfach mal einen Umweltpsychologen anrufen und fragen, was ich schreiben soll.
Er sagte ungefähr das Folgende: Ohne Feedback, was denn dein Beitrag bewirkt, fehlt dir die Motivation, und du stellst deine Selbstwirksamkeit infrage. Die Perspektive ändert sich, wenn du dir klarmachst, dass du eben nicht alleine als Einzelperson handelst, sondern zu einer Gruppe von Menschen gehörst, die einen sehr grossen Beitrag leistet und systemische Veränderungen vorantreibt.
Er meinte dann noch, da gehe es um die kollektive Wirksamkeit, Greta Thunberg und so weiter, aber ich musste sofort an meine Freundin denken und dass eben doch ganz viele Menschen keine Idioten sind.
Gleich geht es weiter mit den Ausreden, aber vorab eine kurze Werbeunterbrechung:
Und nun zurück zur Story...
Okeee?! Wenn du da eh schon stehst, nutz doch diese zehn Minuten, um auf deinem Smartphone zum Beispiel nach veganen Rezepten, Energiespartipps, Secondhand-Shops in deiner Nähe oder Reisezielen, die mit dem Zug erreichbar sind, zu suchen.
Herrjesses! Das Internet kannst du für schlauere Dinge brauchen (siehe Ausrede oben). Und das mit den Bäumli ist so ein spannendes (eigentlich kompliziertes, aber so was sagt man nicht laut) Thema, dass ich darüber einen eigenen Blog-Beitrag schreiben werde. Coming soon!
Also, um die Klimaerwärmung aufzuhalten, schon, ja, aber nicht, um sie abzumildern. Letzteres ist gottsname nötig, damit du, deine Kids, deine Liebsten und andere Menschen ein angemessenes Leben führen können.
Jetzt fragst du dich natürlich, was denn bitteschön angemessen sein soll. Eine Völkerrechtsexpertin hat das am Telefon mal auf den Punkt gebracht, als sie plus minus Folgendes sagte:
Die Geschichte zeigt, dass menschliche Errungenschaften wie unser Rechtssystem, die Menschenrechte oder Wirtschaftsstabilität nur in einem sehr schmalen Temperaturband möglich sind. Eine Erderwärmung, die über +1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit liege, sei wegen der Umweltfolgen brandgefährlich.
Ja, die müssen sich auch darum kümmern, da hast du verdammi recht! Aber das bedingt ja nicht, dass du und ich nichts tun sollen oder müssen.
Im Gegenteil, die meisten von uns können wählen und abstimmen gehen, können ein Vorbild für ein paar andere Menschen werden. Jede und jeder kann weniger Kram aus China* oder von Greenwashing-Unternehmen konsumieren, kann sich ehrenamtlich engagieren, kann Food Waste vermeiden oder öfter vegan essen etc. (Die Antworten auf die ersten beiden Ausreden kannst du hier noch anfügen.)
*Es ist eben so, dass wir viele Dinge kaufen, die in China produziert werden, weil sie dadurch hübsch billig werden. Nur lagern wir so eben auch einen Teil unserer Treibhausgas-Emissionen dorthin aus.
Die beste Ausrede, die ich in so einem Fall zu hören bekommen habe: «Weisch, die Raucher, also, die sind ja ganz schlimm. Also, die schaden ja dem Klima viel mehr als ich. Und ich esse ja nur zwei-, dreimal die Woche Fleisch.» Ersteres und Letzteres stimmen zwar so nicht ganz, aber hey, Ausreden sind nicht da, um die Wahrheit zu sagen. 😊
Aber zurück zur Ausrede, die niemand laut ausspricht. Ich behaupte mal ganz besserwisserisch, hier sind wir beim Kern des Problems angekommen – zumindest, was die Motivation angeht. Wie praktisch, dass es noch andere Gründe als Klima und Umwelt gibt, um Klima und Umwelt zu schützen. Etwa gesünder leben (und nicht rauchen, gell), Geld sparen (zumindest teilweise) oder gechillter sein, weil weniger vom Konsumwahn getriggert. Zugegeben: Das ist nicht einfach. Aber ein paar Trickli werde ich in meiner Blog-Serie schon noch verraten, nur Geduld …
Södeli, und nun freu ich mich auf die Ausreden in der Kommentarspalte!
Generell: Menschen die mit sich im reinen sind, benötigen keine Ausreden.
Ich kämpfe jeden Tag darum.
Und warum?
Damit ich am Ende meines Lebens mit offenem Blick in den Spiegel schauen kann. Und jedem Kind in die Augen.