Das Sharenting, also das Posten von Bildern der eigenen Kinder, ist in der Schweiz (noch) nicht ausdrücklich geregelt. Die geltenden persönlichkeits- und datenschutzrechtlichen Regeln setzen jedoch der frischfröhlichen Verbreitung von süssen Babyfotos, vermeintlich lustigen Kinderbildern oder Aufnahmen grantiger Teenager Grenzen.
Die sorgeberechtigten Eltern als gesetzliche Vertretung ihres Kindes entscheiden darüber, wer dessen Daten wie verwenden darf. Du darfst als Elternteil dein Veto gegen die Veröffentlichung eines Kinderbildes im Netz einlegen, umgekehrt aber auch grundsätzlich ein Kinderbild selbst teilen.
Bei jedem Posting eines Kinderfotos musst du dir bewusst sein, dass du an sich im Auftrag des Kindes handelst: Zum einen musst du dich vom Wohl des Kindes leiten lassen. Auf ein das Kindeswohl gefährdendes Posting hast auch du als Elternteil kein Recht. Zum anderen handelt es sich beim Recht am eigenen Bild um ein höchstpersönliches Recht. Dieses darf dein Kind selbstständig ausüben, sobald es die Folgen der Veröffentlichung erfasst und versteht.
Das Kindeswohl ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Ob das Posten eines Bildes das Kindeswohl gefährdet, ist fallweise zu entscheiden. Ganz pragmatisch kannst du dich als Erstes fragen, ob du selbst glücklich wärst, wenn das geteilte Bild dich zeigen würde. Trifft eine Aufnahme von dir auf dem Klo deinen Geschmack? Gefällt es dir, wenn du im Netz auf ein Porträt von dir mit schokoladenverschmiertem Gesicht stösst? Möchtest du ein Video sehen, welches dich in voller Rage zeigt? Beantwortest du die Frage mit «Nein», solltest du das Bild löschen oder höchstens als private Erinnerung aufbewahren.
Auch und gerade «süsse» Kinderbilder solltest du nicht gedankenlos posten. Denn du weisst nicht, wer sie im Netz sieht und was diese Person mit dem Bild macht. Fotos von Babys und Kindern in der Badewanne oder im Schwimmbad haben aus naheliegenden Gründen nichts im Netz zu suchen. Doch selbst bei vermeintlich harmlosen Bildern solltest du dich vor dem Posten fragen, ob dir die Vorstellung gefällt, dass irgendeine fremde Person sie anschaut, herunterlädt oder bearbeitet.
Bist du wenigstens fein raus, wenn du ein harmloses Porträtbild deines Kindes teilst? Nicht unbedingt. Dies nur schon deswegen nicht, weil dein Kind das Recht am eigenen Bild hat. Ist es urteilsfähig, kann es selbst über die Veröffentlichung entscheiden. Ein fixes Alter für die Urteilsfähigkeit in dem Punkt gibt es nicht. Äussert das Kind eindeutig sein Missfallen über den Post, solltest du ihn wieder löschen.
Komplizierter ist es, wenn das Kind selbst auf Like-Jagd ist. Bei einem Kind unter 14 Jahren darfst und musst du davon ausgehen, dass es die Folgen eines Posts noch nicht abschätzen kann. Aber auch wenn dein Kind schon älter ist, kannst du nicht automatisch auf seine Urteilsfähigkeit vertrauen. Oder ist es ihm etwa klar, dass seine Posts in ein Profiling einfliessen können, aufgrund dessen ein Unternehmen beispielsweise Daten zum Gesundheitszustand sammeln und entsprechende Entscheide treffen kann?
Frankreich tritt angesichts dieser Gefahren auf die Bremse und reguliert das Sharenting. Artet etwa das Teilen von Kinderfotos aus, kann ein Gericht den Eltern dies verbieten und ihnen in einem weiteren Schritt gar die «Autorité parentale numérique», also die digitale, elterliche Sorge entziehen.
In der Schweiz ist gemäss dem Bundesrat alles im grünen Bereich, bei Problemen könne die KESB eingreifen. Anders sieht das der Nationalrat. Er hat Ende September eine Motion zur Regulierung von Sharenting angenommen. Angedacht ist dabei unter anderem eine gesetzliche und ausdrückliche Verpflichtung der Eltern, das Recht ihres Kindes am eigenen Bild zu schützen.
Mit Verwandten und Freunden sind wir eh in Kontakt, jemand andere geht das Leben meiner Kinder nichts an.