Es klingt so harmlos: Beschneidung. In Wirklichkeit ist es eine traumatisierende Folter - die Genitalverstümmelung von Mädchen. Ein grausames Ritual, das auch heute noch in manchen Weltgegenden weit verbreitet ist. Vor allem in muslimischen Ländern.
In mehreren afrikanischen Staaten sind 80 bis 90 Prozent der Frauen beschnitten. Fachleute schätzen, dass weltweit mehr als 200 Millionen Frauen betroffen sind und weiterhin jährlich drei Millionen Mädchen im Alter von 0 bis 15 Jahren verstümmelt werden.
Der unmenschliche Brauch wurde und wird hauptsächlich in westafrikanischen und nordostafrikanischen Ländern sowie in muslimisch geprägten Staaten im mittleren Osten und Asien wie Malaysia und Indonesien gepflegt. Sie missachten die Menschenrechte, die die körperliche Unversehrtheit postulieren.
Auch in der Schweiz werden nach wie vor Mädchen in muslimischen Kreisen verstümmelt. Laut Schätzungen von Amnesty International und Caritas Schweiz sind rund 20'000 Frauen von einer erzwungenen Beschneidung betroffen.
Es wäre deshalb nötig, mehr Aufklärungs- und Präventionsmassnahmen zu organisieren. Einen privaten Beitrag leistet Sara Aduse, die als siebenjähriges Mädchen selbst beschnitten wurde und sich mit ihrer Stiftung in der Aufklärung und Beratung engagiert.
Besonders traumatisch ist für viele Mädchen, dass ihre Mütter oder Grossmütter das Ritual organisieren. Dieses wird mit einem Skalpell, Rasiermesser, manchmal sogar aus Tradition mit einer Glasscherbe durchgeführt. Ohne Betäubung.
Die Mädchen werden meist nicht auf das Ritual vorbereitet. Sie haben keine Ahnung, was sie erwartet, denn der Brauch wird als Initiation zur Frau deklariert und als Fest gefeiert, bei dem die Opfer Geschenke bekommen. Schliesslich halten Frauen aus dem Kreis der Familie die Mädchen ohne Vorwarnung an Armen und Beinen fest, während eine Frau zur äusserst schmerhaften Tat schreitet.
Die Mädchen wissen in der Regel nicht, weshalb sie gequält und Teile der Geschlechtsorgane herausgeschnitten werden. Sie wissen schon gar nicht, welche Konsequenzen das Ritual hat.
Diese können fatal sein und zu chronischen Infektionen führen. Die Mädchen leiden oft unter Schmerzen beim Wasserlassen, beim Abfliessen des Menstruationsblutes und beim Geschlechtsverkehr.
Fachleute bezeichnen die Genitalverstümmelung als Brauch mit einer langen Tradition, die ihren Ursprung in vorchristlichen Zeiten hat. Verstörend ist, dass die Beschneidung von Frauen organisiert und durchgeführt werden, die die Folter am eigenen Leib erfahren haben. Die Mütter schrecken nicht davor zurück, ihre eigenen Töchter verstümmeln zu lassen. Die Tradition gehört zum Familienleben und wird nicht hinterfragt.
Der brutale Brauch ist in den Köpfen von Männern entstanden. Sie wollten die sexuellen Bedürfnisse der Frauen schon im Mädchenalter unterdrücken. Deshalb wird bei der Beschneidung oft die Vagina zugenäht. Die Männer wollen „reine Frauen“. Die Verstümmelung hat also viel mit der Unterdrückung der Frauen zu tun und offenbart ein Machogehabe.
In den genannten Ländern werden aber nicht nur Mädchen aus dem muslimischen Milieu beschnitten, den Brauch pflegen teilweise auch christliche Familien, die die Traditionen ihrer Heimat hochhalten.
Religionswissenschaftler sprechen bei der Genitalverstümmelung in der Regel von Bräuchen und Traditionen und klammern die Frage aus, welche Rolle religiöse Aspekte spielen. Sie umschiffen das sensible Thema tunlichst, um nicht Kritik am Islam üben zu müssen.
Sie stellen sich auf den Standpunkt, dass die Genitalverstümmelung weder im Koran noch in der Bibel angeordnet wird. Allerdings lässt sich das rigide Reinheitsgebot im Koran heranziehen, um die Beschneidung religiös zu legitimieren.
Viele Muslime glauben denn auch, dass die Genitalverstümmelung ein religiöses Gebot sei, zumal viele islamische Religionsführer sie als Lehrmeinung betrachten.
Es gibt auch einen grundsätzlichen Aspekt, dass das Ritual einen religiösen Anteil hat, denn der Brauch lässt sich nicht von den religiösen Traditionen abkoppeln. Die puritanische Haltung gegenüber der Sexualität und die Unterdrückung der Frauen hat sehr wohl einen religiösen Hintergrund. Zucht und Ordnung sind ganz im Sinn radikaler Religionsführer.
Diese taten und tun auch nichts dagegen, um die Beschneidung zu unterbinden. Es wäre für sie ein Leichtes, die Verstümmelung mit einem schlagenden religiösen Argument zu verhindern: Der allmächtige Allah hat Männer wie Frauen als perfekte Wesen geschaffen mit allem drum und dran.
Es ist deshalb ein Akt gegen die Schöpfung, Mädchen zu verstümmeln. In der Sure 95,4 heisst es denn auch: «Wahrlich, wir haben den Menschen in bester Form erschaffen.»
Im Lauf der Jahrhunderte wurden mehrere Milliarden Mädchen und Frauen körperlich verstümmelt und traumatisiert. Die Glaubensgemeinschaften haben das Drama begünstigt und geduldet. Ein Beispiel mehr, dass Relgionen schuld am Leiden vieler Gläubigen waren und auch heute noch sind.