Deutsche Behörden ermitteln gegen Putins deutsche Info-Kriegerin Alina Lipp wegen ihrer Postings zum Ukraine-Krieg. Der Vorwurf: Mit ihren Beiträgen soll sie einen verbotenen Angriffskrieg gebilligt haben, also Straftaten belohnt oder gebilligt haben. Dafür drohen eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Die Behörden haben auch Geld sichergestellt, das sie mutmasslich als Spenden erhalten hat.
Gegen Alina Lipp hat es nach Informationen von t-online seit Februar mehrere Strafanzeigen gegeben. Die Ermittlungen nahm dann die Staatsanwaltschaft Lüneburg auf, wie eine Sprecherin t-online bestätigte. Vor ein paar Tagen hat die Staatsanwaltschaft Göttingen den Fall übernommen – dort ist die Zentralstelle für Hasskriminalität im Internet angesiedelt. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft zeigt Alina Lipp laufend, dass sie sich mit Russlands Krieg gegen die Ukraine solidarisiert. Es geht um eine Vielzahl von Beiträgen, die sie regelmässig in sozialen Netzwerken absetzt. Zwei nennen die Ermittler offenbar beispielhaft: Sie schrieb am 24. Februar freudig auf Telegram: «Die Denazifikation hat begonnen», zudem sprach sie am 12. März in einem Video davon, die russischen Truppen befreiten von einem «Genozid» betroffene Regionen.
Die Staatsanwaltschaft hält die Äusserungen offenbar für geeignet, das Klima in Deutschland aufzuheizen und aufgrund zumindest verzerrender, zum Teil wahrheitswidriger Darstellungen den gesellschaftlichen Zusammenhalt aufzulösen. Aline Lipp hat bei dem Messengerdienst Telegram 150'000 Abonnenten, ihre Postings werden auch in «Querdenker»-Kreisen geteilt. Unter ihre Meinungsbeiträge und ihre Eindrücke vom Leben der Menschen im Donbass mischte sie auch fremde Beiträge mit Unwahrheiten, die sie nach Auffliegen zum Teil wieder löschte. So verbreitete sie etwa die frei erfundene Geschichte , ein junger russischer Mann sei von ukrainischen Flüchtlingen erschlagen worden.
Lipp hatte vor einigen Tagen bereits angedeutet, dass es Ermittlungen gegen sie geben könnte. Sie hatte empört berichtet, ihr sei von deutschen Behörden einfach Geld abgebucht worden, ohne dass sie informiert worden sei. Die Staatsanwaltschaft hatte t-online erklärt, Lipp sei natürlich informiert worden – über ihre Meldeadresse in Lüneburg.
Die DKV-Bank buchte von ihrem deutschen Konto knapp über 1'000 Euro auf ein anderes Konto, wo es verwahrt wird. Die Staatsanwaltschaft bestätigt, dass es eine entsprechende Anordnung gab. Das Geld wurde demnach beschlagnahmt, um es für eine mögliche spätere Einziehung zu sichern. Geld kann eingezogen werden, wenn es durch eine Straftat erlangt wurde.
Und diesen Zusammenhang stellen die Behörden her: Bei dem sichergestellten Geld handelt es sich offenbar um Spenden, um die Alina Lipp zur Unterstützung ihrer Propaganda-Arbeit bittet. Sie bezeichnet sich als unabhängige Journalistin. Die deutschen Behörden wollten damit offenbar sicherstellen, dass das Geld nicht auf russischen Konten versickert.
Lipp hat sich nach Kriegsbeginn bereits einen grösseren Geldbetrag aus Deutschland auf ihr Konto bei einer russischen Bank überwiesen, die nicht von Sanktionen betroffen sei. Paypal hat ihr Konto geschlossen, auch ein Konto ihres auf der Krim lebenden russischen Vaters wurde offenbar gesperrt.
Die Deutsche lebt seit dem vergangenen Jahr in der Ukraine, hielt sich zeitweise in der von Russland annektierten Krim auf und wohnt seit dem letzten Herbst überwiegend in Donezk. Sie war auch regelmässig zu TV-Auftritten oder zu Konferenzen in Russland.
Bis ihr die Nachricht der deutschen Behörden von ihrem Kontakt unter der Meldeadresse weitergeleitet worden war und sie in Donezk erreichte, dauerte es offenbar über einen Monat. Nun ging Lipp an die Öffentlichkeit, zeigte das Schreiben vor. Diese Veröffentlichung amtlicher Dokumente aus einem Strafverfahren vor der Verhandlung könnte ihr ein weiteres Strafverfahren einbringen.
Sie hat sich mit dem Strafgesetz offenbar wenig vertraut gemacht oder gibt es bewusst falsch wieder. So erklärt sie in einem Video zu den Ermittlungen, die «parteiische Justiz» wolle sie für einen Verstoss gegen ein «ungeschriebenes Gesetz» bestrafen. Es werde die «Meinungsfreiheit» bekämpft, so Lipp, die selbst die Begriffe «Sondereinsatz» und «Spezialeinsatz» für den russischen Angriff benutzt.
Tatsächlich ist die Belohnung oder Billigung von Straftaten im Strafgesetzbuch geregelt, und die von Lipp unterstützte russische Invasion stellt nach Ansicht von Experten unzweifelhaft ein Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetz dar.