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«First Strike» ist eines der erfolgreichsten Schweizer Spiele überhaupt. Das Atombomben-Taktikspiel wurde über 175'000 mal heruntergeladen – bei einem Preis von vier Franken! Hinter der schicken Grafik verbirgt sich ein ernstes Thema: Atomkrieg. Auch mit dem neusten Werk «Cloud Chasers» hat sich das Zürcher Studio Blindflug einem ernsten Thema gewidmet und trifft damit den Nerv der Zeit. Game-Desingerin und Programmiererin Tabea Iseli erklärt uns, was es mit «Cloud Chasers» für Android und iOS auf sich hat.
Wie kommt man von einem Spiel über Atomkrieg zu einem Spiel über Einwanderung?
Tabea Iseli, Blindflug Studios: Im Sommer 2014 kam es aufgrund des warmen Wetters wie jedes Jahr zu einer Flüchtlingswelle. In den Medien las man jedoch kaum etwas davon. Das Thema war überhaupt nicht präsent. Das hat uns beschäftigt und da dachten wir, wieso nicht ein Spiel über Flüchtlinge machen.
Heute ist die Flüchtlingsdebatte brisanter denn je. Hatte das einen Einfluss auf die Entwicklung eures Spiels?
Wir haben mit der Entwicklung bereits im Dezember begonnen. Als die neue Flüchtlingswelle im August begann, befand sich «Cloud Chasers» bereits im Endstadium der Entwicklung. Daher hatte die Flüchtlingskrise keinen direkten Einfluss auf unser Schaffen. Aber wir waren zwischenzeitlich schon etwas verunsichert, ob das Ganze eine gute Idee war.
Wie gut eignen sich Spiele, ernste Themen zu behandeln? Abgesehen von ein paar Indie-Titeln wird das Thema im Vergleich zu Filmen oder Büchern kaum berührt.
Ein Grund, warum das Thema selten aufgegriffen wird, könnte sein, dass Games viel kritischer betrachtet werden. Stichwort Gewalt- und Suchtdiskussion. Es wird sehr genau hingeschaut. Grundsätzlich bin ich der Meinung, Games sind dafür ein super Medium, weil es eine Immersionsstufe mehr hat. Bei einem Buch oder Film fühlst und leidest du zwar mit, bei einem Spiel musst du auch selber Entscheidungen fällen. Nehmen wir diesen Weg oder verdursten wir dann? Solche intensiven Momente liefern nur Games. Darum gibt es viele Entwickler, die persönliche Erlebnisse mit ihren Spielen verarbeiten. «That Dragon, Cancer» beispielsweise stammt von einem Vater, dessen Sohn an Krebs gestorben ist.
Wie geht man ein so ernstes Thema an? «First Strike» lag zwar auch ein ernstes Thema zugrunde, aber etwas unterschwelliger.
Die erste Frage war, ist das überhaupt eine gute Idee? Was vertreten wir für eine Haltung und was wollen wir für einen Botschaft rüberbringen? Für das erste Konzept haben wir deshalb in einem Dreitages-Workshop versucht, so viel wie möglich über das Thema in Erfahrung zu bringen. Dabei fiel uns auf, dass sich die ganzen Medienartikel, Filme, Bücher etc. darauf fokussieren, was passiert, wenn die Menschen bei uns ankommen. Fast nichts fand man dagegen über das, was geschah, bevor sie in Europa angekommen sind: Die gefährliche und strapaziöse Reise durch Wüsten und Kriegsgebiete. Das fanden wir extrem spannend. Es ist die perfekte Möglichkeit, über das Thema aus einer anderen Perspektive zu berichten.
Habt ihr mal mit einem Flüchtling gesprochen?
Leider nicht. Wir sind ein kleines Team und es wäre sehr ressourcen-intensiv gewesen. Man hätte beispielsweise einen Übersetzer gebraucht. Und wir sind Spieleentwickler, keine Interviewspezialisten. Wir hätten nicht gewusst, wie man die richten Fragen an eine Person stellt, die dramatisches Durchgemacht hat.
«First Strike» richtet sich an ein Mainstream-Publikum. Es ist bunt, es gibt viele Explosionen und man versteht schnell, was zu tun ist. «Cloud Chasers» wirkt auf den ersten Blick eher wie ein Nischenprodukt.
Findest du? Wir haben nicht bewusst eine Nische gesucht. Eine interessante Zielgruppe waren für uns Menschen, die sich nicht als Gamer bezeichnen würden. Das gibt es häufig. Du fragst jemanden, ob er Games spielt und die Antwort lautet: «Nein, ich doch nicht.» Wenn du dann nachhakst, wie es denn mit «Candy Crush» oder «Clash of Clans» aussehe, geben sie zu: «Ja klar, die spiele ich schon.» Leute, die sich für Politik interessieren und ein Ohr für Flüchtlingsthematik haben, sind für uns eine vielversprechende Zielgruppe. Wir haben auch gutes Feedback aus dieser Ecke bekommen. Du hast aber natürlich Recht, «Cloud Chasers» ist nicht so actiongeladen wie «First Strike».
Wie hat sich der Erfolg von «First Strike» auf euer neues Spiel ausgewirkt?
Der Erfolg hat es uns überhaupt erst erlaubt, ein neues Spiel zu entwickeln. Dadurch, dass «Cloud Chasers» ein völlig anderes Genre ist, hat sich natürlich viel geändert. Auch das Team hat sich verändert. Mit mir und Frédéric sind zwei neue Mitarbeiter dazu gekommen.
Das Spiel kostet wie schon «First Strike» vier Franken. Viele User meckern bereits bei einem Franken. Was braucht es, damit die Leute bereit sind, in einem Meer von Free-to-Play-Titeln, Geld für ein Spiel auszugeben?
Es ist schwierig. Wir sind den Spielern ausgeliefert. Ich meine, es ist eigentlich nicht viel. Für vier Franken bekommst du einen Café. Seit der ganzen Indie-Entwicklung sind jedoch mehr Leute bereit, den Menschen, die ihr Herzblut in etwas investiert haben, auch etwas für ihre Mühen zu bezahlen. Das ist eine begrüssenswerte Entwicklung. Es ist extrem wichtig ist, dass man als Indie-Entwickler das Marketing nicht vernachlässigt.
Wieso gerade vier Franken?
Am Anfang haben wir verschiedene Finanzierungsmodelle in Erwägung gezogen – auch Free to Play. Am Ende war ein Fixpreis in der Höhe von vier Franken für ein Studio unserer Grösse und mit unserer Reichweite die beste Lösung.
Was sprach gegen Free to Play?
Man braucht dafür ein viel grösseres Marketing. «First Strike» hat sich im sechsstelligen Bereich verkauft. Um mit Free to Play Erfolg zu haben, muss man viel mehr Werbung machen, um deutlich mehr Menschen zu erreichen, da nur ein Bruchteil der User auch Geld ausgibt. Das kann funktionieren wie bei «Crossy Road», das plötzlich zu einem riesen Hit wurde, aber für ein kleines Studio wie uns, ist das extrem schwierig.
«Cloud Chasers» kostet vier Franken und ist erhältlich für Android und iOS.