So richtig begann meine Ego-Shooter-Karriere mit dem alten Modern Warfare von «Call of Duty». Meine Eltern waren verständlicherweise keine grossen Fans des neuen Anblicks in meinem Zimmer. Kein Wunder bei der schlechten Presse, die Shooter-Games in den letzten 20 Jahren gekriegt haben. Der kleine Fernseher wurde fortan trotzdem für Jahre von einem Fadenkreuz dominiert.
In kein Game habe ich wohl auch nur vergleichsweise ähnlich viel Zeit investiert wie in «Modern Warfare 2». Im Multiplayer habe ich mich bis Prestige 10 durchgespielt, die genaue Spielzeit will ich gar nicht wissen. Danach haben die «Call of Duty»-Reihe und ich uns aber Stück für Stück auseinandergelebt. Die immer futuristischer anmutende Black-Ops-Reihe und alle weiteren Titel konnten mich nicht mehr wirklich begeistern.
Deshalb stehe ich dem Release von «Call of Duty: Modern Warfare» am Freitag einigermassen skeptisch gegenüber. Das Spiel wird es wohl kaum schaffen, meinen mittlerweile übersteigerten Erwartungen gerecht zu werden. Zu viel ist seither passiert, sowohl in der Game-Branche allgemein wie auch bei «Call of Duty» im Speziellen. Ein kurzer Abriss:
Lootboxen gab es damals bei Modern Warfare 1 und 2 noch nicht. Mittlerweile gehören sie bei fast jedem Shooter, im Besonderen aber bei «Call of Duty»-Spielen, zum Standardprogramm. Dabei kann man sich die besseren Waffen und Modifikationen einfach kaufen, anstatt sie zu erspielen.
So kann das Richkid mit der Kreditkarte der Eltern die goldene AK-47 kaufen und triumphiert mit der besseren Waffe über alle anderen, die das Spiel zwar intensiv spielen, aber eben kein weiteres Geld investieren möchten. Oft wird man dann vom besagten vorpubertären Jungen auch noch geteabagged. Für die Gamestudios steht damit nicht mehr der Skill-Wettbewerb im Vordergrund, sondern der Profit.
Leidtragende sind dabei die Gamer, Gewinner die grossen Publisher wie Activision und Infinity Ward. Die Herausgeber versuchen hier mit allerlei Psychotricks und plumpen Anreizen, so viel Geld wie möglich aus einem Spiel zu ziehen. Besonders bei «Call of Duty» brachte mich diese Philosophie, zusammenfassend Pay-to-Win genannt, rasch um den Spielspass.
Der zweite Punkt geht ebenfalls wieder auf den finanziellen Druck zurück, unter dem die Entwickler stehen. So gehen Publisher mit Plattformen-Betreibern wie Sony, Microsoft oder Nintendo Deals ein, damit Spiele oder Teile davon für einige Konsolen früher erscheinen – teilweise sogar Jahre. Wer hier auf die «falsche» Konsole setzt, kriegt also nur das halbe Spiel zum vollen Preis.
Mit solchen Exklusiv-Deals sollen die Verkäufe von Konsolen wie der PS4 oder der XBox One angekurbelt werden. Auch diese Strategie geht auf Kosten der Gamer.
Während die «Call of Duty»-Entwickler mit dem alten «Modern Warfare» die Szene der Multiplayer-Shooter revolutioniert haben, ist seitdem nicht mehr viel passiert. Alle Nachfolger haben auf diesem Multiplayer-Modus aufgebaut, ihn aber kaum weiterentwickelt. Und das, obwohl seit «Modern Warfare» bereits 11 neue «Call of Duty»-Spiele erschienen sind.
Hinzu kommt, dass sich die Reihe immer weiter von der Realität weg bewegt. Aus dem für die damalige Zeit sehr realistischen Kriegsspiel wurde ein futuristischer Shooter mit Weltraum-Gefechten und sogenannten Combat Rigs, die aus den Soldaten quasi Superhelden machten.
Soweit die Gründe, warum ich kaum noch ein «Call of Duty»-Game richtig ausgiebig gezockt habe. Nun steht am Freitag der Release des neuen Spiels an. Die Entwicklerstudios Activision und Infinity Ward versprechen derweil, dass alle meine Kritikpunkte nicht auf das neue «Call of Duty» zutreffen.
So schreibt Activision, dass im neuen Game komplett auf Lootboxen verzichtet wird. Zwar gibt es für jede neue Season einen Battlepass, damit sichert man sich jedoch nur Zugang zu dekorativen Elementen wie Weapon-Skins und Ähnlichem. Die Entwickler versichern jedoch: Dieser Premium-Loot wird «keinen Einfluss auf die Spielbalance haben.» Das Richkid kann sich also eine goldene AK-47 kaufen, diese ist aber nicht stärker als die Standard-Version, die ich mir erspiele. Ausserdem erscheinen neue Spielmodi und Multiplayer-Maps gratis für alle Besitzer des neuen Games.
Auch der Plattform-Exklusivität kehrt Activision laut eigenen Angaben den Rücken. Man wolle «Mauern einreissen und die Community zusammenbringen.» Deshalb erscheint das Game am gleichen Tag auf allen Plattformen und auch Crossplay ist möglich. Tatsächlich wird es aber einen Hordenmodus geben, der für ein Jahr lang nur auf der PS4 spielbar ist. Es werden also doch nicht alle Mauern eingerissen.
Über das Spiel selbst weiss man sonst noch nicht viel. Besonders der Story-Modus ist bisher noch ein Mysterium. Trotzdem scheint es so, als hätten Activision und Infinity Ward es geschafft, das Beste aus dem alten Game mit einigen Neuerungen zu verbinden.
So macht mich der Anblick von Captain Price, der im Reveal-Trailer seine Zigarre ausdrückt, gleich nostalgisch. Ob weitere alte Charaktere zurückkehren? Zudem enthält das neue Game wieder einen Kooperativ-Modus, in dem man den Bösewichten zu zweit das Handwerk legen kann.
Ganz neu hingegen ist der Level-Modus nach den ersten 55 Rängen. Hier setzen die Entwickler nicht mehr wie bisher auf das Prestige-System, sondern auf Officer Ranks. In jeder Season gibt es dabei 100 Ranks, durch die man sich hindurchkämpfen muss, um das maximale Level zu erreichen. Wer den höchsten Rang erreicht, erhält ein animiertes Emblem. Ebenfalls neu sind grössere Gefechte mit Lobbys von bis zu 64 Spielern, wie man sie der Battlefield-Reihe kennt.
Auch hier versprechen die Entwickler, das Beste aus den alten Spielen mit tollen Neuerungen zu paaren. Damit soll «Modern Warfare» endlich wieder frischen Wind in die «Call of Duty»-Reihe bringen.
Das neue «Call of Duty: Modern Warfare» sieht damit zumindest auf dem Papier und auf YouTube ziemlich gut aus. Der Mix aus alten und neuen Elementen lässt tatsächlich auch mein Gamer-Herz wieder etwas schneller schlagen. Falle ich also wieder auf die clevere Marketing-Strategie von Activision rein oder ändert sich dieses Mal wirklich etwas?
Meine schlechten Erfahrungen lassen mich misstrauisch bleiben. Das ewige Hin und Her zwischen Hoffnung und Enttäuschung habe ich langsam satt. Die grossen Gamestudios sollen mit ihrer Gier nicht weiter profitieren. Deshalb hoffe ich fast ein bisschen, dass das neue «Modern Warfare» floppt und ich endgültig mit der Spielreihe abschliessen kann.
Ich will hier auf keinen Fall die Lootbox Politik der Publisher verteidigen aber ich glaube so schlimm (Im Sinne von P2W) war es nie.
Es gab einen offenen Betatest für COD MW, da hätteast du das Marketing blabla ein wenig überprüfen können.
Aus meiner Sicht das übelste Übel überhaupt in der Gamebranche ist das im Moment viele AAA Titel als "Early Access" Version auf den Markt geschmissen werden und dan beim Kunden "reifen".
Battlefield 5 sei hier als Paradebeispiel erwähnt. Understi!