Wer bisher Freunde oder Bekannte von OnePlus-Smartphones überzeugen wollte, konnte guten Gewissens zwei Argumente nennen. Erstens: Die Geräte besitzen Technik der Premiumklasse. Zweitens: Sie kosten dafür vergleichsweise wenig Geld. Auch beim neuen OnePlus 7 Pro stimmt die Technik. Der Preis wird aber viele Interessenten abschrecken.
Im Vergleich zum Vorgängermodell kostet das Pro deutlich mehr: 709 Euro (umgerechnet 800 Franken) will OnePlus für die günstigste Version, 829 Euro (935 Franken) für die teuerste Variante. Zum Vergleich: Das Vorgängermodell OnePlus 6T startete im November 2018 für 549 Euro, das leistungsstärkste Modell kostete 629 Euro. Im Vergleich zum 6T hat OnePlus aber viele Verbesserungen vorgenommen. Ein Blick auf das OnePlus 7 Pro kann sich darum – trotz des deutlich höheren Preises – lohnen.
Info: Für diesen Test nutzten wir ein Pro-Modell mit 12 GB RAM und 256 GB internen Speicher. OnePlus vertreibt laut androidblog.ch auch das neue OnePlus 7 nicht offiziell in der Schweiz. Interessenten müssen also wie gewohnt auf Online-Shops zurückgreifen, die das Gerät importieren.
Mit seiner Wölbung auf beiden Seiten erinnert der randlose Bildschirm an Top-Geräte von Samsung . Die Bildschirmdiagonale beträgt 6.67 Zoll, knapp 17 Zentimeter. Von so einer Grösse profitieren vor allem Nutzer, die gerne Filme auf dem Smartphone gucken. Die Technologie dahinter nennt OnePlus «Fluid AMOLED».
Der Bildschirm kommt mit einer QHD+-Auflösung und bietet 3120 Mal 1440 Pixel. Als Bildschirmdichte nennt OnePlus 516 ppi. Je höher der ppi-Wert, desto schärfer wird das Bild dargestellt. Zum Vergleich: Samsungs Galaxy-S10-Plus-Display hat eine Bildschirmdiagonale von 6.40 Zoll bei einer Auflösung von 3040 Mal 1440 Pixel und einer Pixeldichte von 522 ppi.
Als Material nutzt OnePlus Gorilla Glass 5. Das S10 Plus hat das aktuelle Gorilla Glas 6. Das soll noch besser vor Kratzern und Schäden beim Aufprall schützen. Tatsächlich bestand das Samsung-Smartphone den Falltest der Stiftung Warentest.
Unser OnePlus 7 Pro kam in der Farbe Nebula Blue. Das beeindruckt mit seinem Farbverlauf und einem Spiegeleffekt. Wegen seiner Grösse ist das OnePlus 7 Pro aber schwer mit einer Hand zu bedienen. Aufgrund der Glasrückseite ist es zudem rutschig. OnePlus liefert eine durchsichtige Hülle mit, die den Rutscheffekt beendet. Allerdings wirkt das Gerät damit weniger edel.
Das besondere an OnePlus' Fluid-AMOLED-Bildschirm ist die Bildwiederholrate von 90 Hertz (Hz). Für gewöhnlich liefern aktuelle Geräte 60 Hz. Ausnahme: Gaming-Smartphones wie das Asus «ROG»-Phone. Eine höhere Bildwiederholrate ist vor allem für Gamer interessant. Denn je höher die Zahl, desto mehr Bilder pro Sekunde kann der Bildschirm darstellen. In den Einstellungen lässt sich der Bildschirm auf 90 Hz oder eine geringere Auflösung herunterregeln, was den Akku schont.
Die Bildwiederholrate zeigt, welche Nutzergruppe OnePlus vor allem befriedigen möchte: Gamer. Um aktuelle Games abspielen zu können, kommt das Gerät mit einem Qualcomm Snapdragon 855 – einem Achtkernprozessor mit bis zu 2.84 Gigahertz (Ghz) Leistung und dem Grafikchip Adreno 640.
Als Arbeitsspeicher (RAM) sind je nach Modell sechs, acht oder zwölf Gigabyte (GB) verbaut. Der interne Speicher läuft mit der ultraschnellen UFS 3.0-Technologie und fasst entweder 128 GB oder 256 GB. Dieser lässt sich nicht mit einer SD-Karte erweitern. Stattdessen hat OnePlus den Platz für zwei Nano-SIM-Karten reserviert.
Zum Vergleich: Das S10 Plus kommt mit Samsungs Exynos-9820-Chip, jeweils acht oder zwölf GB Ram und 512 GB oder ein Terabyte internen Speicher. Laut aktuellen Leistungstests soll der Samsung-Chip dabei leicht schwächer sein als der Snapdragon 855.
Ein Akku mit 4'000 Milliamperestunden (mAh) soll eine lange Nutzungszeit garantieren. Im Test liessen wir ein 24-Stunden-YouTube-Video bei maximaler Bildschirmhelligkeit laufen. Nach etwas mehr als 15 Stunden war der Akku aufgebraucht. Mit OnePlus' Warp-Charge Technologie dauerte es eine halbe Stunde, bis das Gerät auf 58 Prozent geladen war. Dafür muss aber das Ladegerät des Herstellers genutzt werden. Das ist so gross, dass es von einer normalgrossen Hand gerade noch so umschlossen werden kann. Ausserdem verzichtet OnePlus auf kabellose Ladetechnologie. Eine Technik, die bei vielen aktuellen Top-Smartphones heutzutage Standard ist.
Zudem liefert das OnePlus 7 Pro Stereo-Sound und wird wassergekühlt. Das soll verhindern, dass das Smartphone während der Bedienung überhitzt. Um das zu prüfen, spielten wir im Test einige grafiklastige Games – wie Racing-Spiele – während das OnePlus 7 Pro an den Strom angeschlossen war. Die Games liessen sich zu jeder Zeit ruckelfrei abspielen. Das Gerät wurde dabei im oberen Bereich spürbar warm, lief aber weiter.
Gearbeitet hat OnePlus auch an der Kamera: Hinten ist eine Dreifachkamera verbaut, die mit bis zu 48 Megapixeln auflöst. Solche Werte finden sich unter anderem beim Huawei P30 Pro, das derzeit die beste Smartphone-Kamera auf dem Markt haben soll. Die Hauptkamera steht leicht hervor, was aber nicht stört, wenn das Gerät in eine Hülle gelegt ist.
Neben dem Hauptsensor hat OnePlus auch eine Telekamera mit 8MP und dreifachem Zoom sowie eine Weitwinkelkamera (117 Grad) mit 16 MP verbaut. Der Hauptsensor ist mit einer Blende von f/ 1.6 besonders lichtdurchlässig, der stufenlose Digital-Zoom erlaubt bis zu zehnfache Vergrösserungen. Ein optischer sowie elektrischer Bildstabilisator sollen verhindern, dass Bilder zu stark verwackeln.
Mit der Kamera will OnePlus garantieren, dass jeder auf Knopfdruck gute Fotos machen kann. Zudem bietet das Gerät einen Pro-Modus, wo Nutzer Einstellungen vornehmen können sowie einen Modus für Nachtaufnahmen. Auf Schnickschnack wie Schönheitsfilter wie beim S10 Plus hat OnePlus verzichtet.
Während andere Hersteller auf eine Notch oder eine Aussparung im Bildschirm setzen, hat OnePlus eine ausfahrbare Kamera in das Gerät gebaut. Die löst mit 16 MP auf und soll laut OnePlus mehr als 300'000 Mal aus- und einfahren können. Wenn das Gerät aus der Hand fällt, zieht sich die Selfie-Kamera automatisch ein, um Schäden zu vermeiden.
OnePlus hat den Fingerabdrucksensor verbessert, der unter dem Bildschirm verbaut ist. Im Vergleich zum OnePlus 6T arbeitet dieser jetzt schnell und in 99 Prozent der Fälle zuverlässig. Auch die Gesichtsentsperrung funktioniert einwandfrei: Die Kamera flutscht für eine Sekunde raus und sofort wieder rein.
Als Android-Version nutzt das Gerät das hauseigene Oxygen OS, das auf Android 9 basiert. Das kommt unter anderem mit einer Funktion, den Bildschirm aufzunehmen, einem Gaming-Modus, Nachtmodus, Lesemodus und dem sogenannten Zen-Modus. Der sperrt viele Funktionen des Smartphones für 20 Minuten, so dass Nutzer vom Gerät nicht abgelenkt werden. Eingehende Anrufe, Notrufe oder Fotos sind aber noch möglich.
OnePlus beweist mit seinen Flaggschiffen erneut, dass es gute Technik liefern kann. Gamer und Hobby-Fotografen werden mit dem Gerät sicher ihre Freude haben. Aber auch preislich hat OnePlus zugelegt. Für umgerechnet 800 bis 935 Franken bewegt sich das 7 Pro zwar preislich noch etwas unter Top-Modellen von Samsung oder Huawei zum Marktstart. Aber mittlerweile sind auch die Geräte dieser Hersteller für rund 900 Franken zu haben. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Preise des neuen OnePlus-Smartphones in den kommenden Monaten fallen werden.
Lobenswert ist auch zu erwähnen, dass OnePlus gut mit seiner Community vernetzt ist und auch auf Nutzerwünsche eingeht. So soll nach Nutzer-Feedback der Vibrationsmotor im 7 Pro stärker sein als beim 6T. Auch plant der Konzern für das OnePlus 3 von 2016 Android 9 als Update nachzuliefern: Derzeit gibt es eine Vorabversionen. Viele Smartphone-Hersteller stellen den Support für alte Geräte nach zwei Jahren ein.
Wer sich ein neues Premium-Smartphone kaufen will, sollte das OnePlus 7 Pro in seine Auswahlliste aufnehmen. Falls der Preis des Geräts in den kommenden Monaten sogar auf unter 700 Franken fällt, ist es definitiv wieder ein Geheimtipp. Die Geräte sind in Deutschland (bis auf das Gerät in der Farbe Almond) ab dem 21. Mai verfügbar. Schweizer müssen wie gewohnt auf Online-Händler hoffen, wovon einige das China-Handy vermutlich ins Angebot aufnehmen werden.
Offiziell bei Swisscom erhältlich ist hingegen seit Anfang Mai das ähnliche Oppo Reno 5G. Oppo gehört wie OnePlus zum chinesischen BBK-Electronics-Konzern.
Hinweis: watson-Medienpartner t-online.de wurde ein OnePlus 7 Pro für diesen Artikel zur Verfügung gestellt. Das Gerät wird nach dem Test an den Hersteller zurückgeschickt.
Aulus Agerius