Geht es um Kopfhörer, bin ich schon seit mehreren Jahren «Wireless» unterwegs. Und da meine letzten Lieblingskopfhörer an Altersschwäche gestorben sind, kam es mir gerade Recht, dass Bowers & Wilkins mir ihre neusten Kopfhörer PX7 zum Testen anbot.
Das Unternehmen war mir bis dahin kein Begriff, doch eine kurze Recherche später weiss ich: Bowers & Wilkins versteht angeblich was von Audio und ist im Bereich der Premium-Hersteller einzuordnen. (Und nein, ich spreche jetzt nicht von Beats by Dr. Dre).
Premium heisst in diesem Fall, dass man für den PX7 aktuell rund 430 Franken auf den Tisch legen muss. Eine stolze Summe, die man nicht leichtfertig ausgibt. Doch ein guter Kopfhörer ist auch immer eine Investition, die sich über Jahre auszahlen kann. Die Frage ist also, ob sich hinter dem Preisschild von Bowers & Wilkins PX7 auch ein Kopfhörer verbirgt, der eine solche Summe rechtfertigt.
Schaut man sich den PX7 an, sticht vor allem der Bügel sofort ins Auge. Dieser ist so an den Ohrmuscheln angebracht, dass sich diese viel besser justieren lassen als Kopfhörer mit herkömmlichen Bügeln. Das kommt natürlich vor allem dem Tragekomfort entgegen und hält auch Geräusche besser fern, da die Ohrmuscheln präziser am Kopf sitzen.
Beim Aussehen hebt sich der PX7 von den meisten Kopfhörer-Designs ab. Denn während Konkurrenzmodelle im selben Preissegment oft auf Kunststoff setzen, verarbeitet Bowers & Wilkins Stoffelemente im PX7, die ihm ein schlichtes, aber elegantes Äusseres verleihen.
Im Kontrast dazu stehen die Halterungen der Ohrmuscheln, welche aus Karbonfaser-Composite-Materialien sind. Ihre Farbgebung wirkt dabei fast etwas rau und verschmutzt. Die Oberfläche fühlt sich aber glatt und kühl an. Laut Bowers & Wilkins soll dieses Material besonders widerstandsfähig sein und wird unter anderem im Rennsport eingesetzt.
Sowas klingt immer gut als Verkaufsargument. Wie stabil der Bügel dadurch wirklich ist, hätte ich aber nicht testen können, ohne das Risiko einzugehen, den Kopfhörer zu beschädigen. Zumindest wenn man von Hand versucht, die Gelenke etwas zu strapazieren, wirkt das Ganze robust.
Insgesamt macht der PX7 optisch einen guten Eindruck und hebt sich von den etwas generischen Kunststoff-Designs anderer Kopfhörer-Modelle ab. Die Verarbeitung ist top – nichts ruckelt oder lottert. Alles andere wäre für einen Premium-Kopfhörer auch eine Enttäuschung gewesen.
Verbindet man den PX7 das erste Mal mit dem Smartphone oder Laptop, klappt das auf Anhieb. Während meiner vierwöchigen Testzeit hatte ich nicht ein einziges Mal ein Problem mit der Bluetooth-Verbindung.
Kaum ist der Kopfhörer eingeschaltet, ist er auch schon mit dem Handy verbunden und bleibt es, selbst wenn dieses im Rucksack liegt. Auch wenn man zwei Geräte gleichzeitig verbunden hat, bleibt die Verbindung jederzeit stabil. Dabei kann man ein zweites Gerät sogar koppeln, ohne dass die Wiedergabe auf dem ersten Gerät unterbrochen wird.
Wer bei Kopfhörern auf Touch-Bedienung steht, wird am PX7 allerdings keine Freude haben. Stattdessen gibt es an der rechten Hörmuschel drei Tasten, mit denen man alles regelt. Es gibt jeweils eine separate Taste für «lauter» oder «leiser» und eine Multifunktionstaste für den Rest:
Im ersten Moment erscheint das etwas mühsam, wenn man die mittlere Taste dreimal drücken muss, um zurückzuspringen. Allerdings gewöhnt man sich sehr schnell dran – und mal ehrlich: Wie oft springt man zurück? Eben!
Die PX7 sind eine der allerersten Kopfhörer, welche Qualcomms neuen «aptX Adaptive Codec» unterstützen. Sehr einfach ausgedrückt bedeutet der neue Codec, dass die Verbindung via Bluetooth qualitativ viel hochwertiger ist als zuvor. Die Sound ist intensiver und die Latenz (Verzögerung) soll vor allem beim Gaming nur noch minimal sein. Ebenfalls passt aptX den Sound je nach Quelle automatisch an, so dass man immer die gleiche Klangqualität hat.
Für Sound-Enthusiasten: Die Latenz soll bei etwa 80 Millisekunden liegen und die Bitrate bis zu 420 kbps betragen. Damit soll in der Theorie kaum noch ein Unterschied zu linearem Audio mit 24Bit / 96 kHz zu hören sein.
Der Sound, den der PX7 liefert, überzeugt. Das Stereobild hat mir gefallen und auch wenn man den Kopfhörer etwas fordert, verrichten die Treiber zuverlässig ihren Dienst. Allerdings ist der PX7 eher etwas basslastig, was mir zwar gefällt, aber Leute, die ausgeprägte Höhen wollen, eventuell etwas abschrecken könnte. In Zahlen bedeutet das: Der Bass geht problemlos bis 20 Hertz runter, während bei den Höhen ab etwa 15'000 Hertz kleine Ungereimtheiten auftreten. Dennoch: Das ist meckern auf sehr hohem Niveau.
Eines vorweg: Noise Cancelling bedeutet nicht, dass man gar keine Umgebungsgeräusche mehr hört – auch wenn der Name das andeutet. Vielmehr werden hauptsächlich gleichmässige Geräusche (beispielsweise Strassenverkehr) herausgefiltert und der Rest gedämpft.
Der PX7 hat adaptive Geräuschunterdrückung verbaut. Dies bedeutet, dass Geräusche nicht einfach nur gemessen und mit «Gegenfrequenzen» herausgefiltert werden, wie bei der aktiven Geräuschunterdrückung. Vielmehr berücksichtigen Algorithmen unter anderem auch Ohrform, Kopfhörerposition und selbst, ob die Haare anders sind oder man Brillenträger ist. Die Geräuschunterdrückung soll dabei laufend angepasst werden, so dass der Klang immer derselbe bleibt.
Viel Theorie, die schön klingt. Und in der Praxis? Da beeindruckt der PX7 mit grossartigem Noise Cancelling. Natürlich schafft es der Kopfhörer nicht, den Verkehrslärm komplett herauszufiltern, wenn man neben einer vielbefahrenen Strasse an der Hardbrücke steht. Aber der Verkehrslärm wird tatsächlich so weit gedämpft, dass man ihn nicht mehr bewusst wahrnimmt. Das «Negative» daran: Man erschrickt dann schon fast, wenn man die Kopfhörer abnimmt.
Insgesamt kann man zwischen drei verschiedenen Noise-Cancelling-Modi wählen:
Am besten ist natürlich der starke Modus. In diesem wird es in der Arbeitsumgebung eines offenen Büros, wie wir es bei watson haben, so leise, dass mich schon mal drei Leute gleichzeitig beim Namen gerufen haben und ich es nicht gemerkt habe, weil ich mich so gut konzentrieren konnte.
Dennoch lässt der Kopfhörer auch im starken Modus Stimmen von Leuten, die direkt vor einem stehen, gedämpft durch, sodass man sich einigermassen verständigen kann. Die Sensitivität kann man übrigens in der App einstellen. (Mehr dazu weiter unten).
Etwas gewöhnungsbedürftig ist allerdings, dass der Kopfhörer in diesem Modus manchmal einen leicht unangenehmen Druck auf den Gehörgang ausübt. Das ist dann so ähnlich, wie wenn man mit einem Auto in einen Tunnel fährt. Das dürfte aber vor allem Leuten unangenehm sein, die noch nie einen Kopfhörer mit Noise Cancelling hatten. Daran gewöhnt man sich relativ rasch.
Der schwache Modus ist okay, lässt aber natürlich einiges mehr durch. Dafür versteht man sein Gegenüber auch viel besser. Den Automatik-Modus wiederum habe ich am wenigsten gemocht, da er manchmal einfach zu lange gebraucht hat, um sich auf neue Umgebungsgeräusche einzustellen. Auch kann es manchmal sogar etwas beim Musikhören stören, wenn der Modus automatisch von stärker auf schwächer wechselt und umgekehrt.
Wer gerade keine Verwendung für Noise Cancelling hat, kann es ganz ausschalten. Das alles passiert übrigens mit einer einzigen Taste an der linken Hörmuschel. Eine Stimme sagt einem dabei immer schön an, in welchen Modus man gerade umgeschaltet hat. Der Kopfhörer braucht dabei etwa eine Sekunde, um in einen anderen Modus zu wechseln.
Ein Kränzchen muss ich den Ingenieuren für die Sensorik winden. Diese sorgt unter anderem dafür, dass die Wiedergabe automatisch stoppt, wenn man den Kopfhörer abnimmt. Selbst wenn man nur eine Ohrmuschel anhebt, um zu hören, was jemand sagt, stoppt die Musik zügig. Eine kleine Verzögerung von etwa zwei Sekunden gibt es dennoch. Legt man den Kopfhörer wieder an, respektive die Muschel wieder auf das Ohr, wird die Wiedergabe zuverlässig fortgesetzt.
Natürlich ist der PX7 nicht der erste Kopfhörer mit solch einer Funktion. Allerdings habe ich auch schon Kopfhörer erlebt, die zu empfindliche Sensoren hatten. Das führte dann zum Beispiel dazu, dass die Wiedergabe nur schon stoppte, wenn ich den Kopf in den Nacken gelegt habe. Beim PX7 ist mir sowas nicht passiert. Und wem die Sensoren doch zu empfindlich (oder zu wenig empfindlich) sind, kann das in der App anpassen.
Ein nettes Feature ist auch der Stand-by-Modus: Werden die Kopfhörer nicht bewegt, schalten sie sich nach 15 Minuten in den Stromsparmodus. Die Zeitspanne dafür kann man ebenfalls in der App beeinflussen. Von fünf Minuten bis 60 Minuten reicht die einstellbare Zeitspanne. Wer möchte, kann den Standby-Timer auch ganz abschalten.
Eine Schwäche offenbart sich beim PX7 beim Mikrofon. Oft muss man sehr laut sprechen, damit das Gegenüber einem einwandfrei versteht. Immer wieder kriegte ich bei Telefonaten den Satz zu hören «Kannst du bitte lauter sprechen» oder «Ich versteh dich kaum». Habe ich den Kopfhörer dann vom Handy entkoppelt und mit gleicher Lautstärke weitergesprochen, hiess es jeweils «Ah, jetzt versteh ich dich gut». Damit kann man Gespräche mit dem PX7 nur schon an einem Bahnhof, wo viele Umgebungsgeräusche sind, vergessen.
Der Bowers & Wilkins PX7 ist ein Akkumonster. Anders kann man es nicht sagen. Auf dem Datenblatt reicht eine Akkuladung für 30 Stunden Wiedergabezeit. Dieser Wert ist zwar nur Theorie, aber in der Praxis schafft der Kopfhörer locker über 20 Stunden. Wer also jeden Tag zwei, drei Stunden Musik hören will, lädt den PX7 am Sonntagabend auf und hat dann für die kommenden sieben Tage genug Energie.
Sollte der Akku doch mal zur Neige gehen, sollen 15 Minuten Ladezeit reichen, um wieder genug Saft für zwei Stunden Hörvergnügen zu haben. So das vollmundige Versprechen von Bowers & Wilkins. Tatsächlich entspricht dies nicht ganz der Realität. In unserem Test hat der Kopfhörer nach 15 Minuten laden nämlich weit mehr als zwei Stunden durchgehalten. So wird man natürlich gerne positiv überrascht.
Einziger Wermutstropfen ist, dass man über das mitgelieferte Klinkensteckerkabel keine Musik hören kann, wenn der Akku leer ist. So nützt einem das Kabel als Backup also nicht viel. Bowers & Wilkins sagt aber, dass man über das USB-C-Kabel während dem Laden (zum Beispiel über den Laptop) gleichzeitig Musik hören kann.
Bei einem solchen Kopfhörer darf eine App natürlich nicht fehlen. Diese gibt es für iOS und Android und sie ist schön übersichtlich gestaltet – wenn man es denn schafft, den Kopfhörer über Bluetooth zu verbinden. Auch wenn dieser Vorgang eigentlich simpel erscheint, hatte ich mehrere Anläufe gebraucht, bis der Kopfhörer endlich mit der App verbunden war. Schaut man sich die App-Bewertungen im Play Store an, scheine ich nicht der Einzige mit diesem Problem zu sein. Hat man die erste Verbindung einmal geschafft, klappt es danach eigentlich immer ohne Probleme.
Auch, dass man die App nicht nutzen kann, wenn man mit zwei Geräten verbunden ist, gibt etwas Abzug. Zwar funktioniert die Verbindung mit der App, allerdings fängt die Wiedergabe dann im Sekundentakt an unangenehm zu knistern. Sobald man die Verbindung zu einem der zwei Geräte trennt, läuft die Musik wieder klar und ohne Probleme.
In der App selbst gibt es keine bahnbrechenden Optionen. Dennoch hat Bowers & Wilkins wohl das Maximum an Anpassbarkeit aus dem Kopfhörer herausgeholt. Folgende Features sind verfügbar:
Der Bowers & Wilkins PX7 ist ein Kopfhörer, der sehr vieles richtig macht. Toll verarbeitet, hebt er sich mit einem durchdachten Design von der Masse ab. Beim Klang lässt der PX7 fast keine Wünsche offen und höchstens Profis dürften die leichte Basslastigkeit bemerken.
Abzug gibt es für das Mikrofon, das vor allem bei lauterer Umgebung versagt. Auch der Verbindungsvorgang mit der App hat noch Verbesserungspotential, auch wenn das nicht so ins Gewicht fällt.
Wem bei einem Kopfhörer das Mikrofon nicht so wichtig ist, kriegt unter dem Strich einen toll verarbeiteten Kopfhörer mit grossartigem Sound und sehr langer Akkulaufzeit. Einzig, ob einem das knapp 430 Franken wert ist, muss man nun noch für sich entscheiden.
Ihr (auch optisch ansprechender) Premium-Lautsprecher kostet 36 kCHF. Pro Stück.