Im Sog des FTX-Untergangs geraten weitere Schwergewichte der Szene ins Rudern. Doch die Nachrichtenlage ist dürftig, die Verstrickungen der verschiedenen Marktteilnehmer undurchsichtig. Offiziell in Schwierigkeiten steckt Genesis Global. Dies hat der Kryptobroker in einer Erklärung am letzten Mittwoch zugegeben. Genesis Global hatte Vermögenswerte von 175 Millionen Dollar bei FTX deponiert. Der mögliche Verlust habe keine Auswirkungen, versicherte der Broker zunächst noch am 10. November. Nun krebst er zurück.
Today Genesis Global Capital, @GenesisTrading's lending business, made the difficult decision to temporarily suspend redemptions and new loan originations.
— Digital Currency Group (@DCGco) November 16, 2022
Die Dienste von Genesis Global richten sich an Unternehmen und äusserst wohlhabende Privatkunden, die im grossen Stil in den Kryptomarkt investieren wollen. Doch nicht nur das. So stecken hinter dem Renditenprogramm «Earn» der Kryptobörse Gemini ebenfalls Dienstleistungen von Genesis Global.
Der Konkurs des Hedgefonds 3AC und der Absturz von FTX habe unter anderem zu Liquiditätsproblemen geführt, revidiert das Unternehmen frühere Aussagen. Es handle sich dabei um eine äusserst unangenehme Entscheidung. Als direkte Folge davon pausierte auch Gemini sein Renditenprogramm. Kunden fürchten nun um ihre Ersparnisse.
Gemini ist die Kryptobörse der Brüder Tyler und Cameron Winklevoss. Als «Erfinder» von Facebook (damals noch ConnectU) erhielten die Zwillinge durch den Film «The Social Network» weltweiten Bekanntheitsgrad. Seit 2013 mischen die beiden im Kryptosektor mit.
Über die Zukunft von Genesis Global wird aktuell wild spekuliert. Am hartnäckigsten hält sich das Gerücht des «Wall Street Journals», Genesis benötige bis heute Montag eine Finanzspritze von einer Milliarde Dollar, um den Betrieb weiter aufrecht zu erhalten. Das Unternehmen äusserte sich bisher nicht dazu, verspricht aber, dass sämtliche anderen Betriebsfelder ausserhalb des Kreditgeschäfts unabhängig und nicht betroffen seien. Bei der Kryptobörse Gemini tönt es ähnlich. Dort wird versichert, dass sämtliche Kundenvermögen sicher seien – nur das Renditenprogramm sei betroffen.
Das grosse Problem: Nach dem Untergang von 3AC, Terra, Celsius, Voyager und FTX glaubt niemand mehr solchen Versprechen. Auch Genesis Global hatte zuerst Zuversicht versprüht. Was im Fussball der Satz «Wir stehen zu 100 Prozent zum Trainer» bedeutet, ist in der Kryptoszene «Keine Sorge, bei uns ist alles sicher». Statt die Wogen zu glätten, werden solche Aussagen als Ankündigung eines Knalls interpretiert. Dies vor allem, weil das Pulverfass rund um Genesis Global tatsächlich eine beträchtliche Grösse besitzt.
Genesis Global ist Teil eines Konglomerats des Mutterkonzerns Digital Currency Group. Dazu gehören weitere Krypto-Schwergewichte wie der weltweit grösste Kryptofonds Greyscale. Dieser verwaltete 2021 Kryptowährungen im Wert von 50 Milliarden Dollar. In der allgemeinen Verunsicherung wird nun spekuliert, der Flächenbrand werde von Genesis Global auf Greyscale übergreifen.
Öl ins Feuer giesst ausgerechnet Grayscale selber. Der Fonds weigerte sich unlängst, die eigenen Reserven offenzulegen. Es handle sich dabei um eine Sicherheitsmassnahme, hiess es am Freitag. Stellvertretend wurde ein Schreiben von Coinbase beigelegt. Coinbase hat die Aufgabe, die Kryptowährungen von Grayscale zu verwahren. Laut diesem Schreiben verfügt Grayscale über 635’000 Bitcoins und drei Millionen Ether, was einem Gegenwert von 10 und 3,4 Milliarden Dollar entspricht.
Neben Genesis Global haben weitere prominente Kryptoplayer Gelder bei FTX verloren. Die Liste ist lang: Galaxy Digital, Sequoya Capital, Galois Capital, BlockFi, Crypto.com, Wintermute, Multicoin Capital, Coin Shares, die Amber Group und auch Pantera Capital.
Dreimal darfst du raten: Sie alle versichern, ihre Existenzen seien nicht gefährdet.
Aber wo viel Geld ist, ist viel Gier. Und auch hier wieder das gleiche Spiel - ein paar wenige bereichern sich, viele verlieren aber einen Grossteil ihres Vermögens.
Aber Gier ist unersättlich.