Nach diversen Pannen steht Skyguide bei der IT-Modernisierung auf die Bremse
Die Flugsicherung Skyguide führt die Häufung von Pannen auf einen zu schnell vorangetriebenen Modernisierungsprozess zurück. Denn, sagte Sykguide-Technikchef Klaus Meier am Donnerstag: «Wir operieren sozusagen am offenen Herzen.» Dies mache das System anfällig. Nun wird das Tempo gedrosselt.
Was ist geplant?
«Bei der Fliegerei gilt das Motto: Ändere nichts, und du bleibst sicher. Bei der IT hingegen ist es anders: Ohne Veränderung wirst du unsicherer», sagte Klaus Meier an einem Hintergrundgespräch mit Medienschaffenden.
Entsprechend wichtig sei der eingeschlagene Modernisierungsprozess. Das rund 300 Millionen Franken teure Unterfangen hätte ursprünglich von 2014 bis 2024 umgesetzt werden sollen. Es umfasst neben anderen Digitalisierungsprojekten auch die virtuelle Zusammenfügung der Flugsicherungszentren Genf und Zürich, die beide unabhängig voneinander funktionieren.
Wo ist das Problem?
Nun zeigt sich, dass dieser angestrebte Zeitplan offenbar zu optimistisch war. «Wir haben den Zeithorizont unterschätzt», sagte Technikchef Meier. Besonders in einem Sicherheitsumfeld, wie sich die Aviatik bewege.
Zum gleichen Schluss kam eine nach diesen verschiedenen Pannen in Auftrag gegebene Untersuchung. «Wir mussten Tempo aus diesem Prozess nehmen», sagte Meier. Veränderungen im Flugsicherheitsbereich bräuchten Vorlaufzeit, Planung.
Denn es ereigneten sich in den vergangenen Monaten zahlreiche Zwischenfälle: Technische Probleme führten zu Abflugstopps oder der Flugbetrieb musste teils während mehrerer Stunden eingestellt werden.
Ein Zurück gebe es auf jeden Fall nicht. «Ich bin überzeugt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben», sagte Meier. Ein «Big Bang», also eine Modernisierung in einem Schritt, wäre laut Meier aus Sicherheits- und Kostengründen unrealistisch gewesen. Er verglich den Modernisierungsprozess mit einer Operation am offenen Herzen, was das System anfällig mache.
Als einen Schwachpunkt dieses Prozesses nennt Meier die Tatsache, dass alte Technologien und moderne digitale Systeme über längere Zeit parallel betrieben werden müssen. Diese Art von Generationenwechsel sei eine Herausforderung an das Know-how der Mitarbeitenden.
«Wir sind daran, es aufzubauen. Aber das braucht Zeit», sagte er. Auch sei das Problem fehlender Fluglotsen noch immer nicht gelöst. Und: «Wir generieren zu wenig Geld für die Kosten, die wir haben.»
Wie weit sind andere Länder?
Trotz allem bezeichnet der Technikchef den Prozess, den Skyguide derzeit durchläuft, als Pionierarbeit. Europa bleibe derzeit noch bei der alten Technologie. «Eine alte Technologie dauernd aufzufrischen und den neusten Entwicklungen anzupassen, führt zur Kostenexplosion», sagte Meier.
Sieht Skyguide es zumindest als Chance, diese Neuentwicklungen einst verkaufen zu können? Der Markt sei derzeit noch immer sehr geschlossen, sagte Meier dazu. Aber dieser müsse sich dereinst öffnen, das sei klar. Geschehen werde dies wohl nicht von heute auf morgen.
Skyguide gehört fast vollständig dem Bund. «Wir wurden schon darauf aufmerksam gemacht, dass wir noch nicht da sind, wo wir hin wollten», so Meier. Doch auch beim Bund erkenne man das Dilemma. «In einem Sicherheitsumfeld zu agieren, verlangsamt das Tempo.»
Die Pünktlichkeit lag damit 2,6 Prozent tiefer als im ersten Halbjahr 2019, wie Skyguide Ende Juli mitteilte. Mit dieser Vor-Corona-Zeit vergleiche man, weil die Zahl der Flugbewegungen im ersten Halbjahr 2024 wieder Vor-Corona-Niveau erreicht habe.
Fast die Hälfte der Verspätungen sei wetterbedingt gewesen, hielt das Flugsicherungs-Unternehmen fest. So hätten etwa starke Gewitter im April und im Juni den Flugplan durcheinander gebracht.
Fast ein Drittel der flugsicherungsbedingten Verspätungen war jedoch hausgemacht. Diese Probleme seien auf die Instabilität des Systems zurückzuführen, räumte Skyguide ein. So führten etwa zwei IT-Probleme im Juni dazu, dass der Flugbetrieb zeitweise reduziert und gar eingestellt werden musste.
In Genf lief zudem das Untergeschoss des Kontrollzentrums voller Wasser, sodass der Luftraum über Genf sicherheitshalber gesperrt wurde.
(dsc/sda)
