Die Sozialistin Sandrine Mazetier hatte eine Parlamentsdebatte geleitet, in deren Verlauf der konservative Julien Aubert sie wiederholt «Madame le président» (Frau Präsident) nannte. Offizielle Bezeichnung ist jedoch «Madame la présidente» (Frau Präsidentin). Mazetier rief Aubert erst zur Ordnung und verhängte dann die Geldbusse in der Höhe von 1378 Euro (1600 Franken) gegen ihn. Darauf brach in der französischen Nationalversammlung eine hitzige Debatte über geschlechtergerechte Sprache aus.
Er folge nur den Regeln der Grammatik, rechtfertigte sich Julien Aubert. Christian Jacob, Fraktionschef der konservativen UMP, sprach von einer «skandalösen» Strafe. Die «Redefreiheit der Abgeordneten» dürfe nicht beschnitten werden. Andere warfen den regierenden Sozialisten «unerträgliche ideologische Diktatur» und politische «Gedankenpolizei» vor. Der sozialistische Parlamentspräsident Claude Bartolone wies diese Vorwürfe zurück: Aubert habe provozieren und die Autorität von Sandrine Mazetier in Frage stellen wollen.
Seit 1998 schreiben die Regeln der französischen Nationalversammlung vor, dass für weibliche Abgeordnete weibliche Bezeichnungen verwendet werden müssen. Die meisten Konservativen lehnen diese Hausregel bis heute ab. Die Académie française, konservative Wächterin über die französische Sprache, ist ebenfalls gegen weibliche Amtsbezeichnungen.
Sandrine Mazetier ist nicht die erste Parlamentarierin, welche die männliche Bezeichnung nicht mehr akzeptiert. Vor zwei Jahren hatte der konservative Bernard Accoyer die damalige grüne Wohnungsbauministerin Cécile Duflot als «Frau Minister» bezeichnet. Duflot erwiderte: «Ich würde Sie bitten, mich Frau Ministerin zu nennen, sonst nenne ich sie Herr Abgeordnete.»
Themenbezogene Interessen (-bindung) der Autorin/des Autors: Keine. Die Autorin ist Herausgeberin der Online-Zeitung «FrauenSicht».