Die Big Lie, die Lüge, wonach Donald Trump die Wahlen gewonnen habe, ist längst widerlegt. Einer, der immer noch an der legitimen Wahl von Joe Biden zweifelt, ist Ron Johnson. Er vertritt auch die These, wonach nicht etwa Trump-Fans am 6. Januar das Kapitol gestürmt hätten, sondern als Trump-Fans verkleidete Mitglieder der anarchistischen Antifa-Bewegung.
Zusammen mit Rudy Giuliani hat Johnson die These verbreitet, wonach sich Hunter Biden unrechtmässig in der Ukraine und in China bereichert habe. Er hält daran fest, obwohl mittlerweile ein Bericht der amerikanischen Geheimdienste glasklar festgestellt hat, dass diese These aus der Küche des russischen Geheimdienstes stammt. Der Bericht wurde noch in der Ära Trump erstellt.
Dass Johnson keine Erklärung zu absurd ist, um die Klimaerwärmung zu leugnen, überrascht nicht wirklich. So hat er einst behauptet, Grönland heisse so, weil es im Mittelalter noch eine grüne Insel gewesen sei. (Englisch heisst Grönland «greenland»). Tatsächlich wollte der Entdecker «Erik der Rote» seinerzeit mit diesem Märchen Siedler auf die fast vollständig mit Eis bedeckte Insel locken.
Schliesslich hat sich Johnson auch als Impfgegner und Coronaleugner geoutet. Er verteidigt nach wie vor das Malaria-Mittel Hydroxychloroquin als Wundermittel gegen das Virus und behauptet, die USA hätten Covid-19 längst mit einem Mix aus esoterischen Zutaten heilen können.
Es ist normal, dass am äussersten Rand der Politik immer wieder mal Spinner auftauchen. Nicht normal ist hingegen die Tatsache, dass Johnson nicht etwa als Aussenseiter in der Grand Old Party (GOP) gilt, sondern als ihr Aushängeschild. Christian Schneider, ein ehemaliger Stratege der Republikaner in Wisconsin, drückt es in der «New York Times» wie folgt aus: «In den letzten Jahren hat sich die Partei in eine Art QAnon-Sekte verwandelt. Johnson ist das perfekte Beispiel dieser Art von Politik.»
Wie durchgeknallt Johnson ist, hat er in einem Radiointerview kürzlich wieder unter Beweis gestellt. Obwohl er lange behauptet hatte, nicht Trump-Fans, sondern die Antifa habe den Sturm auf das Kapitol organisiert, wollte er am 6. Januar nie Angst empfunden haben. Schliesslich habe es sich bei den Aufständischen um «Patrioten» gehandelt, «um Menschen, die ihr Land lieben und die niemals Gesetze brechen würden».
Ein ganz anderer Fall wäre es indes gewesen, hätten Mitglieder der Black-Lives-Matter-Bewegung das Kapitol gestürmt. Dann hätte er sich ernsthaft Sorgen gemacht, so Johnson.
Angesichts solcher Aussagen ist es nicht verwunderlich, dass er mittlerweile mit Joseph McCarthy verglichen wird. Dieser stammte ebenfalls aus Wisconsin und war der schlimmste Hetzer gegen vermeintliche Kommunisten in den 50er-Jahren.
Wie einst McCarthy stösst auch Johnson auf keinen nennenswerten Widerstand in der eigenen Partei. Die meisten Vertreter der GOP flüchten sich in Plattitüden oder rennen gar davon, wenn sie von Journalisten auf ihn angesprochen werden. Eine der wenigen Ausnahmen ist Roy Blunt, Senator aus Missouri. Er distanziert sich explizit von Johnsons Darstellung der Ereignisse des 6. Januars. «Wir müssen uns nicht in alternative Erklärungen flüchten. Wir haben alle mit eigenen Augen gesehen, was sich ereignet hat», erklärte er in der TV-Sendung «Meet the Press».
Blunt will 2022 nicht mehr antreten. An seiner Stelle wird sich wahrscheinlich ein Mitglied des extremen Flügels der GOP durchsetzen.
Wie sehr die Republikaner die Augen vor der Realität verschliessen, zeigt auch ihre Reaktion auf die beiden Schiessereien in den letzten Tagen. Obwohl dabei 18 Menschen getötet wurden, wollen sie nach wie vor nichts von strengeren Waffengesetzen wissen. Stattdessen erklärte Ted Cruz, Senator aus Texas: «Nach jeder Schiesserei veranstalten wir ein lächerliches Theater. Dabei schlägt ein Komitee ein Bündel von Gesetzen vor, die nichts zur Lösung des Problems beitragen.»
Der Zynismus der GOP lässt sich wohl am besten am Beispiel von Sydney Powell darstellen. Zusammen mit Rudy Giuliani hat sie die Big Lie mit immer irreren Thesen vertreten. Unter anderem behauptete sie, die Wahlen seien mithilfe einer Software manipuliert worden, die der 2013 verstorbene Diktator von Venezuela, Hugo Chavez, in Auftrag gegeben habe.
Der Hersteller dieser Software hat Powell deswegen wegen Verleumdung eingeklagt und will einen Schadenersatz von rund einer Milliarde Dollar erwirken. Das hat einen radikalen Sinneswandel bewirkt. Nun sagt Powell plötzlich, das mit Chavez sei natürlich alles Unsinn und Polit-Propaganda gewesen. In ihrer dem Richter eingereichten Verteidigungsschrift stellt sie kaltblütig fest: «Vernünftige Menschen würden meine Aussagen niemals als Fakten akzeptieren.»
Der Big Lie wird jedoch nach wie vor von mehr als der Hälfte der Republikaner Glauben geschenkt und sie wird von Senatoren wie Ron Johnson weiterverbreitet. Nur eine Minderheit innerhalb der GOP wendet sich angewidert ab. Einer von ihnen ist Michael Gerson, konservativer Kolumnist in der «Washington Post». Er schreibt:
- Sydney Powell
Irgendwie geil, wie sie ihre eigenen Wähler disst und die das noch nicht mal checken 🤣