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Tumulte in Sri Lanka: Video zeigt, wie Demonstranten Palast stürmen

Video: twitter/disclosetv

Sri Lanka: Demonstrierende stürmen Amtssitz des Präsidenten – und baden im Pool

09.07.2022, 11:0209.07.2022, 20:31
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Nach anhaltenden Protesten gegen die schwere Wirtschaftskrise in Sri Lanka hat sich Premierminister Ranil Wickremesinghe zum Rücktritt bereit erklärt. Das gab sein Büro am Samstag in der Hauptstadt Colombo bekannt. Der Premier habe dem Parlamentspräsidenten mitgeteilt, dass er zugunsten der Bildung einer Allparteienregierung zum Abtritt bereit sei. Stunden zuvor hatten Demonstranten den Amtssitz von Präsident Gotabaya Rajapaksa gestürmt, dessen Rücktritt sie ebenfalls fordern. Mindestens 50 Menschen wurden bei den Massenprotesten verletzt, sagte ein Krankenhaussprecher.

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Die Demonstrierendne haben die Polizeisperren durchbrochen und gelangen ins Innere der Präsidentenresidenz. Bild: keystone

Wickremesinghe ist erst sei Mai im Amt. Sein Vorgänger - ein Bruder des Präsidenten - war damals ebenfalls im Zuge der Unruhen zurückgetreten. Über den Verbleib des Präsidenten wurde offiziell nicht bekannt. Der Staatschef des südasiatischen Landes sei vor der Erstürmung seiner Amtssitzes in Sicherheit gebracht worden, hiess es lediglich aus dem Präsidentenbüro.

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Die Protestierenden machen es sich auf den Sofas im Innern der Residenz des Präsidenten bequem.Bild: keystone

Zehntausende Menschen versammelten sich in der Stadt, um den Rücktritt Rajapaksas und der Regierung zu fordern, die sie für die Krise verantwortlich machen. Medien schätzten die Zahl der Demonstranten auf etwa 100 000.

Die Polizei setzte Tränengas ein, Soldaten gaben Warnschüsse in die Luft ab, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Dennoch gelang es zahlreichen Menschen, die Absperrungen zu durchbrechen. Videos im Fernsehen und in sozialen Medien zeigten Demonstranten im Pool des Präsidentenpalastes. Etwa eine Stunde nach der Erstürmung drangen Demonstranten auch in das nahe gelegene Präsidialamt ein, wie es in Berichten weiter hiess.

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Der Inselstaat südlich von Indien mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern erlebt derzeit seine schlimmste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten.Bild: keystone

Der Inselstaat südlich von Indien mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern erlebt derzeit seine schlimmste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Die Wut der Demonstranten richtet sich unter anderem gegen einen seit Monaten bestehenden Mangel an Treibstoff, Gas zum Kochen, aber auch an Medikamenten und Lebensmitteln sowie gegen die hohe Inflation und stundenlange Stromausfälle. Ein Grund dafür ist, dass Einnahmen aus dem für Sri Lanka wichtigen Tourismus im Zuge der Corona-Pandemie zusammengebrochen sind. Dem stark verschuldeten Land fehlt das Geld, um wichtige Güter zu importieren. Vor Tankstellen gibt es regelmässig lange Schlangen.

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Inmitten der seit Monaten andauernden Unruhen war im Mai Premierminister Mahinda Rajapaksa, der Bruder des Präsidenten, zurückgetreten.Bild: keystone

Wegen des Treibstoffmangels hatte die Regierung jüngst den Verkauf an Privatpersonen für zwei Wochen verboten, was zusätzlichen Unmut in der Bevölkerung auslöste. Bis zum 10. Juli darf Sprit demnach nur für unbedingt notwendige Dienste von Fahrzeugen etwa im Gesundheitsbereich, an Häfen und Flughäfen sowie zur Lebensmittel- Lieferung abgegeben werden. Am Freitag hatte die Regierung noch versprochen, die Versorgung mit Treibstoff zu verbessern, doch dies besänftigte die Demonstranten nicht.

Die Regierung hat unter anderem den Internationalen Währungsfonds sowie mehrere Länder, etwa Indien, China und Russland, um Hilfe gebeten. Das UN-Nothilfebüro (OCHA) warnte im Juni, die schwere Wirtschaftskrise könne eine sich anbahnende Hungerkrise in Sri Lanka verschärfen. Das Land war zuvor zehn Jahre lang auf gutem Entwicklungsweg und benötigte keine humanitäre UN-Hilfe.

Angesichts der Proteste hat die Regierung am Freitag eine unbefristete Ausgangssperre verhängt. Auf Druck von Bürgerrechtsgruppen, Anwälten und buddhistischen Mönchen, die die Demonstrationen unterstützen, nahm sie die Massnahme aber zurück. Parlamentspräsident Mahinda Yapa Abeywardena berief ein Treffen mit den Spitzen der Parteien ein, um die Lage zu erörtern.

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Sicherheitskräfte in Colombo, der Hauptstadt von Sri Lanka, setzen Wasserwerfer gegen Protestkundgebungen ein. Bild: keystone

Inmitten der seit Monaten andauernden Unruhen war im Mai Premierminister Mahinda Rajapaksa, der Bruder des Präsidenten, zurückgetreten. Als Nachfolger wurde Ranil Wickremesinghe vereidigt, der nun seinen Rücktritt anbot. Damals gab es bei Protesten laut Polizeiangaben mindestens neun Tote und mehr als 250 Verletzte. Im Juni trat Basil Rajapaksa, ein weiterer Bruder des Präsidenten, als Finanzminister zurück. (sda/dpa)

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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I am not you
09.07.2022 11:38registriert Februar 2022
solche Bilder aus Moskau wären doch was
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T. Eddy
09.07.2022 11:12registriert Oktober 2015
China freut sich bestimmt, Häfen und Flughäfen gibt es in Sri Lanka bald als Schnäppchen
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Magnum
09.07.2022 12:21registriert Februar 2015
Die Kleptokratie des Rajapaksa-Clans endet im Tumult. Leider keine Überraschung, denn dieser Clan hat keinerlei Zurückhaltung geübt, wenn es darum ging, das Land auszubeuten, sich selbst lukrative Posten zuzuschanzen und politische Gegner auszuschalten.

Sri Lanka hat besseres verdient als den Rajapaksa-Clan.
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