Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) haben zum 80. Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler zur Verteidigung der Demokratie aufgerufen. «Der Umsturzversuch am 20. Juli 1944 ist gescheitert. Die verbindenden Ziele des Widerstands sind es nicht», sagte Scholz bei einer Feierstunde in Berlin.
Die Demokratie lebe davon, dass sich Bürgerinnen und Bürger engagierten und auch Menschenfeindlichkeit und Extremismus entgegenträten. Steinmeier sagte: «Schützen wir unsere Demokratie.» Das sei das beste Gedenken.
Steinmeier, Scholz und die Spitzen von Bundestag und Bundesrat legten Kränze im Innenhof des Bendlerblocks am heutigen Sitz des Verteidigungsministeriums nieder. Dort waren der Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg und drei weitere Akteure des 20. Juli 1944 noch am selben Abend erschossen worden.
Die Gruppe hatte vergeblich versucht, den Diktator Hitler mit einer Bombe zu töten, die nationalsozialistische Herrschaft zu stürzen und den Zweiten Weltkrieg zu beenden. Insgesamt wurden etwa 200 Beteiligte hingerichtet oder in den Suizid getrieben.
Scholz sagte, 80 Jahre danach könne man bezeugen, dass sich die Frauen und Männer des Widerstands nicht getäuscht hätten. Es gebe den Gegenentwurf zur Nazi-Diktatur - das heutige Deutschland des Grundgesetzes.
Der Kanzler machte deutlich, dass vom Widerstand bleibe, nicht vor der Geschichte zu resignieren. «Auf mich kommt es an – es ist diese Überzeugung, die uns auch heute verbinden muss.» Dafür bräuchten normale Bürgerinnen und Bürger nun keine lebensgefährlichen Heldentaten zu vollbringen. Dennoch sei klar: «Unsere Demokratie ist auf unseren unermüdlichen Einsatz angewiesen, auf den Einsatz jeder und jedes Einzelnen.»
Steinmeier sagte nach einem Besuch in der Ausstellung der Gedenkstätte: «Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus war nötig, weil die Demokratie von Weimar nicht die Unterstützung hatte, die sie brauchte.» Heute, in der freiheitlichen Demokratie, sei Engagement dafür weiter das Gebot der Stunde. «Nicht Hass und Hetze und erst recht nicht Gewalt.»
Der Bundespräsident würdigte den gesamten deutschen Widerstand gegen die NS-Diktatur. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bezeichnete die Männer und Frauen des 20. Juli 1944 als Vorbilder.
Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung 20. Juli 1944, Robert von Steinau-Steinrück, hob hervor, dass der runde Jahrestag noch einmal mit vielen Angehörigen als Zeitzeugen begangen werden konnte. Er erinnerte daran, dass viele in der frühen Bundesrepublik in Sippenhaft genommen und zunächst als «Kinder von Verrätern» angesehen worden seien. Weiterhin gebe es einen Kampf gegen Narrative, die noch von den Nationalsozialisten geprägt worden seien - etwa den Mythos, an dem Umsturzversuch sei angeblich nur eine «ganz kleine Clique» beteiligt gewesen.
Die Stiftung stellte sich gegen einen «Missbrauch des Widerstands durch rechte wie linke Extremisten und Populisten». Die Nationalsozialisten hätten die Widerständler ermorden lassen, sagte Steinau-Steinrück und betonte mit Blick auf Äusserungen des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke: «Wer ihre Sprache spricht oder sprechen lässt, kann sich niemals auf den Widerstand berufen oder ihn gar ehren.»
Bei einem feierlichen Gelöbnis für knapp 400 neue Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr stellte Scholz das Erbe des militärischen Widerstands gegen die NS-Diktatur heraus. Heute in der Bundeswehr zu dienen, heisse, Bürger oder Bürgerin zu bleiben, sagte er auf dem Paradeplatz am Bendlerblock. «Heute in der Bundeswehr zu dienen, erfordert, dass Sie selbst denken und nicht einfach nur blind gehorchen.»
Diese Grundsätze machten klar, wo die Bundeswehr stehe, und wo der Beruf der Soldatin und des Soldaten seit jeher hingehöre: «In die Mitte unserer demokratischen Gesellschaft.»
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte, der 20. Juli 1944 sei auch für die Bundeswehr bis heute von zentraler Bedeutung. Das Gelöbnis der Soldatinnen und Soldaten, Recht und Freiheit des deutschen Volkes zu verteidigen, sei ein relativ kurzer Satz, der es aber in sich habe. «Es geht um unseren freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat. Ihm geloben sie die Treue. Und keiner Partei und keinem Anführer.» Diese Verantwortung sei mit der Bedrohung der Sicherheit in Deutschland und Europa durch Russland auch noch einmal realer geworden. (hkl/sda/dpa)