International
Deutschland

Loveparade-Prozess eingestellt – Mammutverfahren endet ohne Urteil

Loveparade-Prozess eingestellt – Mammutverfahren endet ohne Urteil

Im Sommer 2010 starben 21 Menschen am deutschen Techno-Festival Loveparade. Nun endet eines der aufwendigsten Strafverfahren der Nachkriegszeit ohne Urteil.
04.05.2020, 10:2504.05.2020, 13:33
Mehr «International»
epa02260013 Thousands of ravers gather in front of a tunnel where shortly after a mass panic took place at this year's techno-music festival 'Loveparade' in Duisburg, Germany, 24 July 2 ...
24. Juli 2010: Tausende Raverinnen und Raver geraten vor einem Tunneleingang in Massenpanik – 21 Menschen sterben. Bild: EPA

Das Landgericht Duisburg hat am Montag den Prozess um das Unglück bei der Loveparade 2010 mit 21 Toten eingestellt. Bei den drei zuletzt verbliebenen Angeklagten hatte das Gericht zuvor nur eine geringe Schuld vermutet. Eines der aufwendigsten Strafverfahren der Nachkriegszeit endet damit nach knapp zweieinhalb Jahren und 184 Sitzungstagen ohne ein Urteil. Die Kammer wollte am Montag im Anschluss an die Verkündung des Beschlusses noch ihre Erkenntnisse aus dem Verfahren vortragen.

In dem Prozess ging es um die tödlichen Verletzungen von 21 jungen Menschen bei einem Gedränge auf der Loveparade in Duisburg im Juli 2010. Mehr als 650 Menschen wurden verletzt. Einige leiden bis heute unter den Folgen. Wegen der vielen Verfahrensbeteiligten war in einem grossen Saal des Kongresszentrums Düsseldorf verhandelt worden.

Verjährung des Tötungsvorwurfs

Zuletzt hatten noch drei leitende Mitarbeitende des Veranstalters Lopavent auf der Anklagebank gesessen. Sie sind mittlerweile 43, 60 und 67 Jahre alt. Die Verfahren gegen sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und einen weiteren Lopavent-Mitarbeiter waren bereits vor über einem Jahr eingestellt worden, ebenfalls ohne Auflagen.

Die Anklage lautete auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung. Die Beteiligten sollen unter anderem schwere Planungsfehler begangen haben.

Anfang April 2020 hatte das Landgericht die Einstellung des Verfahrens auch für die drei verbliebenen Angeklagten vorgeschlagen. Es begründete dies unter anderem mit zu erwartenden Corona-Einschränkungen und der absehbaren Verjährung des Tötungsvorwurfs Ende Juli.

Staatsanwaltschaft und die drei Angeklagten hatten zugestimmt. Angehörige von Todesopfern sprachen sich als Nebenkläger gegen eine Einstellung aus. Ihre Zustimmung war allerdings rechtlich nicht erforderlich. Der Einstellungsbeschluss ist unanfechtbar.

Bei den drei verbliebenen Beschuldigten hatte bereits im Februar 2019 eine Einstellung gegen Geldauflage im Raum gestanden. Sie lehnten jedoch ab. Er wolle nicht auf sein Recht verzichten, freigesprochen zu werden, hatte ein Angeklagter damals als Grund angegeben.

Katastrophe an der Loveparade

1 / 7
Katastrophe an der Loveparade
Text
quelle: ap dapd / erik wiffers/ddp
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Für die übrigen drei Angeklagten ging es somit weiter – bis vor einigen Wochen das Coronavirus den Zeitplan sprengte. Nachdem zuletzt am 4. März verhandelt worden war, wurde der Prozess Mitte März unterbrochen, als eine Richterin vorsorglich unter Quarantäne gestellt wurde. Anfang April schlug das Gericht dann die Einstellung vor.

Als nächstes war ursprünglich die Einführung des 3800 Seiten umfassenden Gutachtens des Sachverständigen Prof. Jürgen Gerlach geplant. Schriftlich liegt es bereits seit Dezember 2018 allen Beteiligten vor. In dem Gutachten hatte der Verkehrsexperte festgestellt, dass das Unglück schon in der Planungsphase hätte verhindert werden können. Schon im Vorfeld habe es mehrere Anhaltspunkte gegeben, dass das Veranstaltungsgelände für die erwarteten Besuchermengen nicht geeignet war. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die Street Parade 2018
1 / 26
Die Street Parade 2018
quelle: epa/keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Aus dem Archiv: Street Parade in den 90er Jahren
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
MacB
04.05.2020 11:24registriert Oktober 2015
In dieser Geschichte gab es lauter Fehlverhalten bei der Planung und Bewilligung. Und nun lässt man das Ganze einfach verjähren und gut ist?

Dafür habe ich echt kein Verständnis :(
1105
Melden
Zum Kommentar
avatar
So oder so
04.05.2020 10:54registriert Januar 2020
"dass das Unglück schon in der Planungsphase hätte verhindert werden können. Schon im Vorfeld habe es mehrere Anhaltspunkte gegeben, dass das Veranstaltungsgelände für die erwarteten Besuchermengen nicht geeignet war"


21 Menschen Tot - Tja und jetzt ist es halt einfach so.
572
Melden
Zum Kommentar
3
Mehr als 20 Anschuldigungen gegen Mette-Marits Sohn Marius

Die norwegische Polizei wirft dem Prinzessinnensohn Marius Borg Høiby (28) insgesamt 23 mutmassliche Straftaten vor. Darunter sind drei Anschuldigungen zu Sexualdelikten nach dem norwegischen Vergewaltigungsparagrafen.

Zur Story