International
Deutschland

Hamburger Demo gegen AfD gestoppt – Scholz gegen «Remigration»

19.01.2024, Hamburg: "Die AfD war' 33 schon Scheiße" steht auf einem Schild vor dem Rathaus bei einer Demonstration. Mit der Demonstration wollen die Teilnehmenden ein Zeichen des Wider ...
«Die AfD war' 33 schon Scheisse» steht auf einem Schild vor dem Hamburger Rathaus. Mit der Demonstration wollen die Teilnehmenden ein Zeichen des Widerstands gegen rechtsextreme Umtriebe setzen.Bild: DPA

Hamburger Demo gegen AfD wegen Massenandrang gestoppt – Scholz gegen «Remigration»

19.01.2024, 21:1319.01.2024, 21:13
Mehr «International»

Wegen des grossen Menschenandrangs musste in Hamburg eine Demonstration gegen rechts und die AfD abgebrochen werden. «Wir müssen die Kundgebung vorzeitig beenden», sagte Kazim Abaci vom Verein Unternehmer ohne Grenzen, der die Kundgebung am Freitag mitorganisiert hatte. Er verwies auf Sicherheitsbedenken. Es seien Menschen in der Menge kollabiert, die Feuerwehr komme nicht mehr durch. Nachdem Abaci zunächst von 130'000 Teilnehmern am Jungfernstieg gesprochen hatte, korrigierten die Veranstalter die Zahl später auf 80'000. Die Polizei nannte 50'000 Demonstranten.

Die Demonstration stand unter dem Motto «Hamburg steht auf – Gemeinsam gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke». Auch in Jena, Kiel und anderen deutschen Städten demonstrierten am Freitag Tausende. Bundeskanzler Olaf Scholz stellte sich hinter die Demonstranten, die an diesem Wochenende zu Zehntausenden im ganzen Bundesgebiet auf die Strasse gehen wollten. Er verglich die «Remigrations»-Pläne Rechtsradikaler in Deutschland mit der Rassenideologie der Nationalsozialisten.

Kein Platz für völkische Rassenideologie

«Wenn etwas in Deutschland nie wieder Platz haben darf, dann ist es die völkische Rassenideologie der Nationalsozialisten. Nichts anderes kommt in den abstossenden Umsiedlungsplänen der Extremisten zum Ausdruck», sagte der SPD-Politiker in der neuen Ausgabe seiner Videoreihe «Kanzler kompakt». Alle Menschen in Deutschland seien gefordert, klar und deutlich Stellung zu beziehen: «Für Zusammenhalt, für Toleranz, für unser demokratisches Deutschland.»

Bei der Kundgebung in Hamburg sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD): «Die Botschaft an die AfD und ihre rechten Netzwerke ist: Wir sind die Mehrheit, und wir sind stark, weil wir geschlossen sind und weil wir entschlossen sind, unser Land und unsere Demokratie nach 1945 nicht ein zweites Mal zerstören zu lassen.»

Die Demonstrationen formierten sich nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv über ein Treffen Rechtsradikaler am 25. November in Potsdam. Daran hatten mehrere AfD-Politiker teilgenommen sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte dort nach eigenen Angaben über «Remigration» gesprochen. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine grosse Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.

Ein «teuflischer Plan»

Scholz sagte in seinem Video, die Rechtsextremisten hätten in Potsdam darüber beraten, wie sie Millionen von Menschen aus Deutschland vertreiben könnten. «Bei diesem Gedanken läuft es einem eiskalt den Rücken herunter.» Er sprach von einem «teuflischen Plan». Es sei «fürchterlich», dass sich manche Migranten nun sogar fragten, ob sie noch eine Zukunft in Deutschland hätten. Allen Menschen in Deutschland mit Migrationshintergrund versicherte Scholz: «Sie gehören zu uns! Unser Land braucht Sie!» Das sei auch die Botschaft des neuen Staatsangehörigkeitsrechts, das am Freitag im Bundestag verabschiedet worden sei.

«Ich glaube, dieses Gefühl, Deutscher und Italiener zu sein oder Deutsche und Türkin – das entspricht der Lebenswirklichkeit ganz vieler Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Das anzuerkennen, ist eine Frage des Respekts», betonte Scholz. «Sie haben Deutschlands Wohlstand mit aufgebaut. Unser Land hat Ihnen unendlich viel zu verdanken! Deshalb werden wir Ihre Lebensleistung auch im Rahmen der Einbürgerung anerkennen.» Scholz betonte allerdings auch, dass gleichzeitig die irreguläre Einwanderung nach Deutschland eingedämmt werden müsse. «Wir müssen Migration besser ordnen als bisher – ganz pragmatisch und vor allem: ohne Hass und ohne Vorurteile.»

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, rief die Muslime in Deutschland dazu auf, an den Kundgebungen gegen rechts teilzunehmen. Muslime seien Hass und Anfeindungen im Alltag ausgesetzt. Dies sei inakzeptabel und erfordere eine «entschlossene und vereinte Antwort von allen, die die Werte der Demokratie und des Zusammenlebens in Deutschland schätzen». (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
25 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
What’s Up, Doc?
20.01.2024 01:27registriert Dezember 2015
Die Leute müssen aber halt auch an die Urne zu Wählen sonst hilft auf die Strasse gehen alleine nichts.
331
Melden
Zum Kommentar
avatar
Only G
20.01.2024 01:20registriert Dezember 2016
In DE gibt es keine stille Mehrheit wie in den USA oder noch extremer bei uns. Die Stimmbeteiligung bei Bundestagswahlen ist konstant bei 80% und auf Landestagsniveau immer noch bei 60%. Die 60% entsprechen ähnlichen Werten wie US Präsidentschaftswahlen.
Auf Stufe Landtag ist die AFD in Hessen und Bayern zweitstärkste Fraktion. Vom Osten gar nicht zu reden.
Sprich: da kommt keine Herdenintelligenz wenn die ganzen „ich-will-doch-nur-ein-Denkzettel-verpassen“-Wähler ihr Kreuzchen aus Protest bei AFD machen. Nein, das Abrutschen in alte Zeiten ist real und wird von CSU/CDU + ex-LINKE befeuert
274
Melden
Zum Kommentar
25
    Minnesota: Tatverdächtiger fuhr zu weiteren Politikern

    Der Mann, der verdächtigt wird, eine demokratische Politikerin und ihren Ehemann erschossen zu haben, hat in der Tatnacht die Häuser von insgesamt vier Politikern im US-Bundesstaat Minnesota aufgesucht. Er tat dies in der Absicht, sie umzubringen, teilte der zuständige US-Staatsanwalt Joseph Thompson bei einer Pressekonferenz mit.

    Zur Story