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Dilan aus Berlin wird rassistisch angegriffen – Polizei räumt Fehler ein

Die 17-jährige Dilan S. wurde Opfer eines Angriffs und meldete sich aus dem Krankenhaus.
Die 17-jährige Dilan S. wurde Opfer eines Angriffs und meldete sich aus dem Krankenhaus.bild: instagram

17-Jährige laut Polizei wegen fehlender Maske verprügelt – aber es war alles ganz anders

Eine 17-jährige Berlinerin wurde am Samstagabend verprügelt. Angeblich, weil sie keine Maske trug. Jetzt zeigt sich aber: Es war noch schlimmer.
10.02.2022, 11:5210.02.2022, 14:19
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Was ist passiert?

Die 17-jährige Dilan S. wurde am Samstagabend in Berlin von mehreren Personen zusammengeschlagen. Der Angriff ereignete sich an einer Haltestelle im Stadtteil Prenzlauer Berg.

In einer Polizeimeldung am nächsten Tag hiess es, dass der «Streit» eskalierte, weil die Angegriffene im Tram keine Maske getragen hätte.

Daraufhin berichteten mehrere Medien im deutschsprachigen Raum über den Vorfall. Die Schlagzeilen:

  • «Fehlende Mund-Nasen-Bedeckung: Jugendliche von Erwachsenen krankenhausreif geschlagen.»
  • «Nach Fahrt mit Strassenbahn: Erwachsene verprügeln 17-Jährige, weil sie keine Maske trägt.»
  • «Angriff an Tramstation: 17-Jährige trägt keine Maske – und wird attackiert.»
  • «Strassenbahn in Berlin: Jugendliche in Berlin im Streit um Maskenpflicht zusammengeschlagen.»

Gemäss Migazin waren darunter auch grosse Zeitungen wie etwa «Welt» oder FAZ. Dumm nur, dass sich der Angriff anders abgespielt hat.

Dilan wendet sich an die Öffentlichkeit

Der Fall nahm am Mittwoch eine neue Wendung. Die betroffene Dilan S. wendet sich via Instagram an die Öffentlichkeit.

Ihr Video beginnt mit den Worten:

«Mein Name ist Dilan S. Ich bin 17 Jahre alt, komme aus Berlin und wurde gestern zusammengeschlagen, weil ich Ausländerin bin.»

Sie fährt fort: «Weil die Presse mir keine andere Wahl lässt, die Wahrheit verdreht und Lügen über mich verbreitet, muss ich mich so an die Öffentlichkeit wenden.»

Was ist gemäss Dilan passiert? Zunächst seien drei Personen ins Tram eingestiegen und beleidigten sie rassistisch. Dilan wehrte sich, wies darauf hin, dass sie einen deutschen Pass habe und hier geboren worden sei. «Und selbst wenn ich nicht hier geboren worden wäre, ist es scheissegal, von woher ich komme, weil wir sind alle Menschen.»

Anders als behauptet, sei es nicht sie gewesen, die keine Maske trug, sondern die drei angetrunkenen Personen. Als Dilan sie darauf hinwies, seien die drei Personen immer aggressiver geworden. Drei weitere Personen griffen ein, an der Haltestelle Greifswalder Strasse eskalierte die Situation. Sie wurde von der Gruppe festgehalten, geschlagen und getreten. Die Gruppe liess irgendwann von ihr ab und entfernte sich, wie Dilan mit ihrem Handy festhielt.

Dilan filmte die Beschuldigten, als sie die Haltestelle verliessen.
Dilan filmte die Beschuldigten, als sie die Haltestelle verliessen.bild: instagram

Die Polizei räumt Fehler ein

Nur kurz nachdem sich Dilan an die Öffentlichkeit gewendet hatte, meldete sich die Polizei ebenfalls und räumt Fehler ein: «Wie bei jeder anderen Pressemeldung der Polizei Berlin auch, kann nur der Stand der Informationen wiedergegeben werden, der zum Zeitpunkt des Verfassens der Meldung bestand.» Die Strafanzeige sei «missverständlich formuliert» gewesen.

Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte die Polizei:

«Im Rahmen der Sichtung vorhandenen Videomaterials sowie weiterer Ermittlungen konnte nun festgestellt werden, dass die Jugendliche beim Ein- und Aussteigen aus der Tram eine Mund-Nase-Bedeckung trug und diese lediglich bei dem auf die rassistischen Beleidigungen folgenden Streitgespräch mit den sechs Erwachsenen kurzfristig nach unten gezogen hatte. Die sechs tatverdächtigen Erwachsenen trugen überwiegend keine Mund-Nase-Bedeckungen.»

Die alarmierten Polizisten nahmen später am Samstagabend drei tatverdächtige Männer im Alter zwischen 42 und 51 Jahren in einer nahegelegenen Bar fest. Die Ermittlungen zu den beteiligten Frauen dauerten an, die Polizei startete am Dienstag einen Zeugenaufruf.

(jaw)

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94 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sonar
10.02.2022 12:20registriert Dezember 2018
Die anschauliche Geschichte zeigt, weshalb man nicht zu vorschnell eine Meinung bilden soll und mindestens zuerst beide Seiten anhört.
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insert_brain_here
10.02.2022 13:57registriert Oktober 2019
Wetten die falsche Version der Geschichte wird noch ewig in der Schwurblerszene kursieren?
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Unicron
10.02.2022 13:28registriert November 2016
Zu sechst eine 17 jährige zusammenschlagen, momol, mutige Typen.
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