International
EU

Bei EU-Gipfel droht Ärger um Migrationspolitik

Hungary's Prime Minister Viktor Orban, left, speaks with European Union foreign policy chief Josep Borrell during an EU-Gulf Cooperation Council roundtable meeting at the European Council buildin ...
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban fordert, auch die Asylverfahren künftig in Staaten ausserhalb der EU in externen «Hotspots» durchzuführen und Schutzsuchende vorher nicht mehr in die Union zu lassen.Bild: keystone

Bei EU-Gipfel droht Ärger um Migrationspolitik

17.10.2024, 07:1017.10.2024, 07:10
Mehr «International»

Der Oktober-Gipfel der EU-Staaten droht von neuem Streit über die Asylpolitik überschattet zu werden. Unterhändler der Staats- und Regierungschefs konnten sich bei Vorbereitungsrunden für das am Vormittag beginnende Spitzentreffen nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen, berichteten EU-Beamte am Mittwochabend in Brüssel. Demnach ist unklar, ob es am Ende eine gemeinsame Erklärung zu Migrationsfragen geben wird.

Meinungsverschiedenheiten gibt es demnach unter anderem bezüglich der Frage, welche Massnahmen ergriffen werden sollte, um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerbung zu beschleunigen. Ein Teil der Mitgliedstaaten dringt darauf, sichere Partnerstaaten zum Beispiel in Afrika mit Geld zur vorübergehenden Aufnahme von abgelehnten Asylbewerbern zu bewegen, die nicht sofort in ihre Heimatländer zurückgebracht werden können. Kritiker befürchten allerdings, dass den Menschen dort eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen könnte.

Unter anderem der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban fordert zudem, auch die Asylverfahren künftig in Staaten ausserhalb der EU in externen «Hotspots» durchzuführen und Schutzsuchende vorher nicht mehr in die Union zu lassen.

Kritik an deutschen Grenzkontrollen

Befeuert wird die Diskussion von nationalen Alleingängen in den vergangenen Wochen und Monaten. So äusserten zuletzt mehrere EU-Partner Unverständnis für die Entscheidung der Bundesregierung, nach dem Terroranschlag auf einem Stadtfest in Solingen an allen deutschen Landgrenzen Kontrollen anzuordnen und damit die Bewegungsfreiheit im eigentlich grenzkontrollfreien Schengen-Raum einzuschränken.

Polen will Zeichen setzen

Ebenfalls kontrovers diskutiert wird Polens Ankündigung, in Reaktion auf von Russland und Belarus in Richtung EU geschleuste Migranten vorübergehend das Recht auf Zugang zu Asylverfahren aussetzen zu wollen. «Wir brauchen eine klare und entschlossene europäische Antwort, um diesen Aktivitäten entgegenzuwirken, ohne Russland und Belarus zu erlauben, unsere eigenen Werte gegen uns zu verwenden», schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag in einem Brief an die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten.

Aufgeschlossen äussert sich die Kommissionschefin allerdings zu einem italienischen Pilotprojekt zur Abwicklung von Asylverfahren in Albanien und der Idee für die externe Unterbringung abgelehnter Asylbewerber. Bei den Aufnahmelagern will nun unter anderem die niederländische Regierung vorangehen. Sie erwägt nach Angaben vom Mittwoch, abgewiesene Asylsuchende nach Uganda auszufliegen. Das Land soll sie in dann in Aufnahmelagern unterbringen und dafür finanziell entschädigt werden.

Umsetzung von Asylreform dauert

Hintergrund der aktuellen Debatte ist, dass die im Frühjahr beschlossene EU-Asylreform von etlichen Mitgliedstaaten als unzureichend angesehen wird, um die Probleme wegen unerwünschter Migration in den Griff zu bekommen. Hinzu kommt, dass die Umsetzung sich wegen der Übergangsfrist noch bis Juni 2026 hinziehen könnte.

Mit der Reform werden Mitgliedstaaten etwa zu einheitlichen Verfahren an den Aussengrenzen verpflichtet werden, damit rasch festgestellt werden kann, ob Asylanträge unbegründet sind und die Geflüchteten dann schneller und direkt von der Aussengrenze abgeschoben werden können. Ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern sollen dabei nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen.

Zudem soll dafür gesorgt werden, dass stark belasteten Staaten wie Italien und Griechenland künftig ein Teil der Asylsuchenden abgenommen wird. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, sollen zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden.

Neben den Beratungen zur Migrationspolitik stehen beim EU-Gipfel Gespräche zum Nahost-Konflikt und zur Lage in der Ukraine auf der Tagesordnung. Als Gast wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
1 Kommentar
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
1
    Fünf Jahre nach Brexit: Neuer Deal zwischen EU und London

    Fünf Jahre nach dem Brexit nähern sich Grossbritannien und die EU wieder an. Bei dem ersten Gipfeltreffen seit dem Ausscheiden Grossbritanniens aus der Europäischen Union vereinbarten beide Seiten eine engere Zusammenarbeit bei Themen wie Verteidigung und Sicherheit, Lebensmittelstandards, Fischerei und Energie sowie irreguläre Migration. Zudem soll das Reisen und Leben im Ausland für Menschen auf beiden Seiten des Ärmelkanals einfacher werden.

    Zur Story