Man kann es nicht anders sagen: Sport ist Teil der russischen Kriegsführung. Westliche Beteiligte berichten von einer unglaublich hartnäckigen, systematischen und effizienten Untergrundstrategie des Kreml auf allen Ebenen. Ziel ist es, den Ausschluss russischer und weissrussischer Sportlerinnen und Sportler an den Olympischen Sommerspielen von Paris im Juli 2024 zu verhindern.
Eingesetzt werden «Druckversuche, Geheimverhandlungen und die politische Manipulation des Sports». Das erklärte die Vorsteherin des französischen Paralympischen Komitees, Marie-Amélie Le Fur, vergangene Woche in Manama (Bahrain). Das Paralympische Internationale Komitee (IPC) hatte dort gleichentags mit 74 zu 65 Stimmen beschlossen, Russland und Weissrussland bei den Spielen 2024 zuzulassen. Mit 90 zu 56 Stimmen wurde in einer folgenden Abstimmung ausserdem festgelegt, dass Russen und Weissrussen nicht im Team und ohne Nationalflagge oder Hymne antreten müssen.
Marie-Amélie Le Fur drückte nun als Vertreterin des Gastgeberlandes ihre «Bestürzung» und «Wut» über den Entscheid des IPC aus: «Das Komitee handelte gegen die Empfehlung der Sportler, die sich für eine Suspendierung von Russland und Weissrussland ausgesprochen hatten.»
Der überraschende Entscheid des IPC stellt die Weichen für den zentralen Entscheid des Internationalen Olympischen Komitees (IOK), das vom Deutschen Thomas Bach geleitet wird. Offiziell entscheiden das IPC und das IOK unabhängig voneinander. Bach kann aber den Beschluss des Paralympics-Komitees als weiteres, ausschlaggebendes Argument für seine prorussische Haltung nehmen, wenn nicht als Präzedenzfall.
Denn der Deutsche macht keinen Hehl daraus, dass er für die russische Beteiligung, in welcher Form auch immer, eintritt. Die Pariser Zeitung «Le Monde» führte am Wochenende auf, wie der IOK-Vorsteher eine Sportdisziplin nach der anderen auf seinen Kreml-freundlichen Kurs einschwört.
Zum Teil ist es nicht einmal nötig – wie etwa im internationalen Fechtverband, der traditionsgemäss unter russischem Einfluss steht. Als die Ukrainerin Olga Charlan im März bei der Fecht-WM in Mailand die Russin Anna Smirnova schlug, weigerte sie sich, ihr danach die Hand zu geben, und sagte: «Ihr Land bombardiert und tötet unsere Landsleute.» Die Ukrainerin wurde wegen Reglementverstosses disqualifiziert. Smirnova blieb dagegen eine Dreiviertelstunde auf der Planche, womit sie unübersehbar die Präsenz ihres Landes markierte.
Die ukrainische Delegation hielt in einem Communiqué fest: «Russland zerstört seit einem Jahr ukrainische Städte, tötet ukrainische Zivilisten, verwüstet Sporthallen, darunter auch für das Fechten, tötet Trainer und Athleten – doch der Fechtweltverband lässt die Russen an die Sportwettbewerbe! Das ist schockierend und inakzeptabel. Das Geld von Alicher Usmanow (eines russischen Oligarchen, der den Fecht-weltverband während vierzehn Jahren bis 2022 leitete) ist offenbar wichtiger als die olympischen Prinzipien.»
Andere Weltverbände, etwa der für Leichtathletik, sind gegen die russische Beteiligung. Die private Sportlervereinigung «Global Athlete» kommentierte die russische Zulassung an den Paralympics am Freitag mit den Worten: «Das IPC hat mit seinem Kniefall vor dem russischen Einfluss sein wahres Gesicht gezeigt. Es offeriert Russland eine Weltbühne für seine Kriegspropaganda.»
Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte sich zuvor in einem Interview mit der französischen Sportzeitung «L'Equipe» ebenfalls deutlich ausgedrückt: Russland, hielt er fest, habe an den Olympischen Spielen «keinen Platz, da es Kriegsverbrechen begeht und Kinder deportiert». Deshalb wolle er keine russische Flagge an den Spielen sehen.
Der französische Olympiagastgeber räumte aber ein, dass das IOK den Entscheid allein fälle. Wann er fallen wird, verschweigt das Komitee wie üblich wenig transparent. Hingegen wie er ausfallen wird, steht wohl ausser Zweifel. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine dürfte damit bis in die eleganten Pariser Sportstadien ausgetragen werden. Offen ist nur noch, ob die Ukraine ihre Boykottdrohung wahr machen und andere Länder mitziehen wird. (bzbasel.ch)
- Athleten und Verbände
- Sponsoren
- TV Stationen
- Zulieferer
- Freiwillige Helfer
- Fluggesellschaften
- Reiseunternehmen
- Zuschauer
- usw.
Dann könnte man auf die Situation wie auch immer resgieren.
Aber es wird ja nichts mitgeteilt. Und das 9 Monate vor den Wettkämpfen.
Auf mich wirkt das halt so, dass noch nicht genug Couverts unter diversen Tischen hindurchgereicht worden sind.