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Konservative erklären sich zu Wahlsiegern in Finnland

Konservative erklären sich zu Wahlsiegern in Finnland

02.04.2023, 19:2904.04.2023, 09:18
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Der Konservative Petteri Orpo hat seine Partei zur Gewinnerin der Parlamentswahl in Finnland erklärt. «Wisst ihr was? Das war ein grosser Sieg», sagte der 53 Jahre alte Chef der bislang oppositionellen Nationalen Sammlungspartei am späten Sonntagabend vor jubelnden Parteianhängern in Helsinki. «Mit diesem Ergebnis beginnen wir mit dem Aufbau einer neuen Regierung für Finnland.»

Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Sanna Marin (37) haben bei der Parlamentswahl in Finnland ihre Position als stärkste Parlamentskraft eingebüsst. Trotz Zugewinnen lag die Partei nach Auszählung von über 90 Prozent der Wählerstimmen am späten Sonntagabend hinter der konservativen Nationalen Sammlungspartei und der rechtspopulistischen Partei Die Finnen nur auf Rang drei. Die Konservativen von Ex-Finanzminister Petteri Orpo steuerten auf einen Wahlsieg und 48 der 200 Mandate zu. Die Finnen-Partei lag bei 46 Mandaten, Marins Sozialdemokraten bei 43.

Mit einem vorläufigen Endergebnis wurde gegen Mitternacht in der Nacht zum Montag gerechnet. Die Wahlbeteiligung lag bei 71,9 Prozent und damit in etwa auf dem Niveau der letzten Parlamentswahl 2019.

«Starkes Mandat»

Orpo sprach nach der ersten Hochrechnung bei Yle von einem «starken Mandat für unsere Politik». Marin wies darauf hin, dass noch nicht alle Stimmen ausgezählt worden seien. Die Chefin der Finnen-Partei, Riikka Purra sagte, bestätige sich das Ergebnis, wäre das ausgezeichnet. Dennoch strebe man weiterhin nach Platz eins.

Ein erster Wahltrend unmittelbar nach Schliessung der Wahllokale hatte Konservative und Sozialdemokraten fast gleichauf gesehen. Die Rechtspopulisten um ihre Parteivorsitzende Riikka Purra folgten zu dem Zeitpunkt mit kleinerem Abstand, holten im Laufe des Abends aber auf. Bereits die letzten Umfragen vor der Wahl hatten auf ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen der drei Parteien hingedeutet.

Welche Partei stärkste Kraft wird, ist deshalb wichtig, weil deren Chef oder Chefin in Finnland traditionell zuerst den Auftrag für eine Regierungsbildung erhält. Für eine Parlamentsmehrheit dürfte der Wahlsieger auf eine weitere der grossen Parteien sowie mindestens eine der mittelgrossen und kleineren Parteien angewiesen sein.

Sanna Marin ist seit Ende 2019 finnische Regierungschefin. Seitdem hat sie sich zu einer der gefragtesten Politikerinnen innerhalb der EU entwickelt. Die 37 Jahre alte Sozialdemokratin führt eine aus fünf Parteien bestehende Mitte-links-Koalition an. Viele Finninnen und Finnen schätzen sie als junge, moderne und schlagkräftige Anführerin.

Ihre Regierung führte das nördlichste Land der EU erst durch die Corona-Pandemie und dann gemeinsam mit Präsident Sauli Niinistö durch den Nato-Beitrittsprozess, der in Kürze abgeschlossen sein wird: Alle 30 derzeitigen Bündnismitglieder haben der Aufnahme der Finnen nun zugestimmt, in wenigen Tagen wird Finnland nach Nato-Angaben offiziell 31. Mitglied der Verteidigungsallianz.

Orpo versprach neue Wirtschaftspolitik

Im Wahlkampf hatte der Nato-Beitritt allerdings keine Rolle gespielt. Stattdessen ging es vor allem um innenpolitische Themen wie die gestiegenen Staatsausgaben. Marins Gegner werfen ihr vor, die Staatsschulden in die Höhe getrieben zu haben. Orpo versprach eine neue Wirtschaftspolitik.

Bereits bei der letzten Parlamentswahl vor vier Jahren trennte die drei Parteien weniger als ein Prozentpunkt - mit dem besten Ausgang für die Sozialdemokraten, die damals auf 17,7 Prozent gekommen waren. Dass sie nun auf ein besseres Ergebnis als damals zusteuern, ist für finnische Verhältnisse ungewöhnlich und wird vor allem der Popularität Marins zugeschrieben. Normalerweise verliert die Partei an der Spitze der Regierung in Finnland im Laufe ihrer Amtszeit an Zuspruch, während die Opposition Zugewinne verzeichnet.

Auffällig an den Zahlen: Die drei grössten Parteien lagen in der Yle-Hochrechnung allesamt über ihren Stimmanteilen der letzten Parlamentswahl. Alle Regierungsparteien bis auf die Sozialdemokraten standen dagegen vor Verlusten, besonders die Grünen stürzten deutlich ab. Da sich der Wahlkampf sehr auf die Teilung zwischen links und rechts fokussiert habe, sei es für ihre Partei schwierig gewesen, sich Gehör zu verschaffen, sagte Grünen-Chefin Maria Ohisalo schon früh am Abend. «Natürlich ist das eine Enttäuschung.» (sda/dpa)

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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kronrod
02.04.2023 22:42registriert März 2015
Dieses Jahrzehnt macht es den Grünen schwer. Pandemie, Krieg und Inflation sind alles wesentlich konkretere Probleme als der Klimawandel.
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