In der Hauptstadt Teheran versuchten Polizei und Geheimdienst Demonstrationen zu unterbinden, dennoch fanden in mehreren U-Bahnhöfen kleinere Proteste statt. Laut Augenzeugen sangen insbesondere junge Frauen das Lied «Frau, Leben, Freiheit» von Scherwin Hadschipur, das vor zwei Jahren zur Hymne der Frauenbewegung wurde.
Im September 2022 hatten islamische Sittenwächter die 22-jährige Amini wegen eines nicht richtig sitzenden Kopftuchs festgenommen. Wenige Tage später, am 16. September 2022, starb sie im Polizeigewahrsam. Iranische Behörden erklärten, sie sei wegen einer Erkrankung gestorben. Aminis Eltern und viele Iraner aber machten die Sittenwächter und das Klerussystem für Aminis Tod verantwortlich. Ihr tragischer Tod führte zu den heftigsten Protesten in der 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik. Aufgrund des Schaltjahres im islamischen Kalender wurde der Todestag im Iran am Sonntag begangen.
In mehreren Teilen des Landes herrschte eine hohe Sicherheitsstufe. Angesichts der zuvor angekündigten Proteste von Aktivisten und Dissidenten wurden laut Augenzeugen sowohl in Aminis Heimatstadt Saghes in der Provinz Kurdistan als auch in Teheran zahlreiche Polizei- und Sicherheitskräfte stationiert.
Nach Angaben von Einheimischen in Saghes wurde Aminis Eltern und Familienmitgliedern nicht gestattet, an Aminis Grab eine Trauerfeier zu halten. Die Eltern sollen unter Hausarrest gestellt worden sein. Den Angaben zufolge kontrollierten bereits seit Tagen Sicherheitskräfte die Stadt Saghes und besonders die Zugänge zum dortigen Friedhof Ajchi, wo Amini begraben ist.
Gegen den Sänger der Protesthymne Hadschipur laufen auch zwei Jahre nach der Veröffentlichung seines Lieds immer noch diverse Anklagen wegen Anstiftung zu Unruhen und Störung der öffentlichen Ruhe. Das Lied selbst ist im Iran verboten, wird jedoch immer wieder als Protesthymne entweder gespielt oder von den Demonstranten gesungen.
Unter dem Motto «Frau, Leben, Freiheit» begann mit dem Tod Aminis 2022 eine Frauen- und Protestbewegung, die sich nicht nur gegen die islamischen Vorschriften richtete, sondern gegen den Islam als politische Ideologie des Landes. Die damalige Regierung unter dem inzwischen verstorbenen Präsidenten Ebrahim Raisi ging mit aller Härte gegen die Demonstrationen vor. Unbestätigten Berichten zufolge kamen im Zuge der monatelangen Proteste Hunderte Demonstranten ums Leben, Tausende wurden festgenommen. (sda/dpa)