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Amanda Knox: Italienisches Gericht bestätigt Urteil wegen Verleumdung

Vorwurf der Verleumdung: Italienisches Gericht bestätigt Verurteilung von Amanda Knox

Nach dem Freispruch im Mordprozess um Meredith Kercher wollte sich Amanda Knox auch vom Vorwurf der Verleumdung endgültig reinwaschen. Ein Gericht in Italien hat ihre Berufung jedoch abgelehnt und das frühere Urteil bestätigt.
05.06.2024, 14:13
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Ein letztes Kapitel wollte Amanda Knox noch schliessen. Dann sollte für immer Schluss sein mit dem aufsehenerregenden Mordprozess im italienischen Perugia. Doch daraus wird nichts: Ein Gericht in Florenz hat am Mittwoch die frühere Verurteilung der Amerikanerin wegen Verleumdung bestätigt. Knox habe einen Barbesitzer zu Unrecht des Mordes an der britischen Studentin Meredith Kercher beschuldigt.

Die 36-jährige Amerikanerin hatte die Aufhebung des Urteils beantragt und sagte diese Woche, sie sei nach Italien zurückgekehrt, um «meinen Namen ein für alle Mal von den falschen Anschuldigungen gegen mich reinzuwaschen».

Rückblende

Am 1. November 2007 wurde die 21-jährige britische Austauschstudentin Meredith Kercher tot in einer Wohnung in Perugia aufgefunden, welche sie sich mit drei anderen Frauen teilte.

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Amanda Knox (Mitte) und ihr Ehemann Christopher Robinson vor dem Gerichtsgebäude in Florenz.Bild: keystone

Schnell gerieten Amanda Knox und ihr damaliger italienischer Freund in Verdacht, Kercher ermordet zu haben. Die damals 20-jährige Austauschstudentin aus den USA wohnte mit der Britin in der Wohnung.

Ein Jahr später wurde ein Ivorer als Täter ermittelt und wegen Beihilfe zum Mord schuldig gesprochen, er kam vor drei Jahren wieder frei. 2009 wurde Amanda Knox zu 26 Jahren Gefängnis verurteilt, ein Urteil, das 2011 wieder aufgehoben wurde. Knox wurde allerdings erneut verurteilt, 2015 sprach sie das Kassationsgericht in Rom – die höchste italienische Instanz – jedoch endgültig frei.

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Amanda Knox steht in Perugia vor Gericht, die Aufnahme datiert vom September 2008.Bild: AP/AP

Bleibt noch der Schuldspruch wegen Verleumdung. Knox – von den Medien erhielt die Amerikanerin den Übernamen «Engel mit den Eisaugen» – hatte einen befreundeten Barbesitzer fälschlicherweise des Mordes an Kercher beschuldigt und wurde dafür zu drei Jahren Haft verurteilt. Weil sie bis zu ihrem ersten Freispruch bereits vier Jahre im Gefängnis sass, waren diese drei Jahre abgegolten.

Knox will vollständigen Freispruch

Knox hat immer betont, den Barkeeper fälschlicherweise beschuldigt zu haben. Die heute 36-Jährige argumentierte, die Beschuldigung sei unter massivem Stress, Schock und extremer Erschöpfung passiert, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt.

Gemäss «ABC News» sagte Knox am Mittwoch vor Gericht, der Barbesitzer sei nicht nur ihr Arbeitgeber gewesen, sondern auch ein Freund.

Tatsächlich hat das Kassationsgericht das gesamte Strafverfahren und die enormen Ermittlungsfehler gerügt. Knox sagt, die Polizei habe sie unter Druck gesetzt und geschlagen, das entscheidende Verhör habe sie ohne Anwalt bestreiten müssen.

Lumumba's lawyer Carlo Pacelli speaks with reporters after the hearing at the Florence courtroom in Florence, Italy, Wednesday, June 5, 2024. Amanda Knox returns to an Italian courtroom Wednesday ...
Der Anwalt des zu Unrecht beschuldigten Barbesitzers gibt den Medien in Florenz Auskunft.Bild: keystone

Wegen Menschenrechtsverletzungen erhielt Knox später vom italienischen Staat eine Entschädigung von 18'000 Euro. Sie wollte jedoch für das Urteil wegen Verleumdung einen vollständigen Freispruch. Dafür ist sie nun fast 17 Jahre nach dem Mordfall erneut nach Italien gereist.

Als das Urteil am Mittwoch verlesen wurde, weinte Knox und sagte gemäss Medienberichten zu ihren Anwälten: «Ich habe das nicht erwartet, ich bin sehr enttäuscht.»

Offene Fragen bleiben

Bis heute ist ungeklärt, wer Meredith Kercher wirklich ermordet hat. Der verurteilte Ivorer steht nach seiner Entlassung wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe unter Beobachtung. Der von Knox fälschlich beschuldigte Barbesitzer lebt nicht mehr in Italien.

FILE - An undated photo of Meredith Kercher, American student Amanda Knox's flatmate in Perugia, central Italy, where she was found dead on the floor of her bedroom on Nov. 1, 2007. Amanda Knox f ...
Die 21-jährige Meredith Kercher wurde tot in der Wohnung aufgefunden.Bild: keystone

Amanda Knox ist in den USA als Journalistin und Podcasterin tätig, verheiratet und zweifache Mutter. Über ihre traumatischen Erlebnisse hat sie ein Buch geschrieben, Knox ist auch Teil einer Netflix-Dokumentation.

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Amanda Knox: «Der Engel mit den Eisaugen»
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Amanda Knox: «Der Engel mit den Eisaugen»
Amanda Knox, auch genannt «der Engel mit den Eisaugen», steht im Zentrum beim Justizkrimi um die Ermordung einer Studentin in Italien.
quelle: epa/epa file / pietro crocchioni
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51 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Amadeus
05.06.2024 11:40registriert September 2015
Auf den Artikel geklickt und mich gewundert ob man es endlcih mal schafft, über Amanda Knox zu schreiben ohne den «Engel mit den Eisaugen» zu erwähnen
Ich musste mich nicht lange wundern.
Natürlich nicht.
Warum brauchts das jedes Mal?
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International anerkannter Experte für ALLES
05.06.2024 11:28registriert Juli 2021
Krass, dass man diesen Fall auch 17 Jahre später nicht geklärt hat... die üblichen Fragen "cui bono" oder "Follow the Money" scheinen nicht zu helfen.... für die Familie des Opfers muss das schon ziemlich krass sein. Ich glaube kaum, dass man ohne Gewisseheit mit dem ganzen abschliessen kann.

Ausserdem läuft da ein(e) Mörder(in) frei rum...
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JuL84
05.06.2024 12:38registriert Januar 2021
Es ist wichtig zu betonen, dass das zweite und letzte Kassationsgericht Knox nur vom Mord freigesprochen hat, weil es keine Beweise gegen sie gab. Doch das gleiche Gericht stellte auch fest, dass Knox während des Mordes im Haus gewesen sein musste. Diese wichtige Tatsache wird von den Medien oft übersehen. Ich habe mich mit dem Fall auseinandergesetzt und auch das Buch vom damaligen Staatsanwalt Mignini gelesen. Ich glaube nicht an Zufälligkeiten, insbesondere bei mehrmaliger Wiederholung. Daher denke ich dass Amanda Knox uns noch nicht die ganze Wahrheit erzählt hat.
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