International
Klima

Sebastião Ribeiro und Léila Salgado pflanzten in Brasilien einen Wald.

So sieht die Bulcao Farm heute aus.
So sieht die Bulcao Farm heute aus. bild: instituto terra

Ein Paar in Brasilien pflanzte 20 Jahre lang Bäume – und lebt jetzt in einem Wald

Es ist eines der grössten Aufforstungsprojekte der Welt: Das Ehepaar Salgado pflanzte in 20 Jahren einen 68 Millionen Quadratmeter grossen Wald. Sie haben bewiesen, dass der Klimawandel nicht nur gestoppt, sondern auch rückgängig gemacht werden kann.
23.04.2019, 07:5023.04.2019, 13:45
Mehr «International»

Anfang der 90er-Jahre wurde der brasilianische Fotografjournalist Sebastiao Ribeiro Salgado nach Ruanda geschickt, um über den schrecklichen Völkermord zu berichten. Das vor Ort Erlebte traumatisierte ihn schwer. 1994 kehrte Salgado in seine Heimat zurück. Er hoffte zu Hause in Minas Gerais, wo er von einem üppigen Wald umgeben aufgewachsen war, Ruhe und Erholung zu finden.

Statt des Waldes aber fand er kilometerweit staubiges und karges Land vor. In wenigen Jahren fand in seiner Heimatstadt eine massive Abholzung statt. Sämtliche Pflanzen und Tiere waren verschwunden. Salgado war niedergeschmettert. In einem Interview mit der englischen Zeitung «The Guardian» sagte er: «Nur noch etwa 0,5 Prozent der Fläche war mit Bäumen bedeckt. Das Land war genauso krank wie ich. Alles war zerstört.»

So fand Salgado die Farm seiner Eltern 1994 bei seiner Rückkehr vor.
So fand Salgado die Farm seiner Eltern 1994 bei seiner Rückkehr vor. bild: instituto terra

Salgados Frau Lelia machte einen tollkühnen Vorschlag: Sie wollte den gesamten Wald neu pflanzen. Obwohl das Vorhaben unmöglich schien, unterstützte Salgado die Idee. Gemeinsam begab sich das Paar auf eine heldenhafte Mission.

Salgado kaufte die verlassene Viehzucht seiner Eltern und begann ein Netzwerk von Freiwilligen und Partnern aufzubauen, die bereit waren, das Mammutprojekt zu finanzieren und zu unterstützen. 1998 gründete das Paar das Instituto Terra – eine Organisation, die es sich zum Ziel setzte, den Wald wieder zum Leben zu erwecken.

Das Ehepaar Salgado.
Das Ehepaar Salgado.bild: instituto terra

Ein Jahr nach der Gründung der Organisation sähte das Ehepaar den ersten Samen. Zu Beginn waren es 24 Mitarbeiter, die fortan täglich neue Setzlinge pflanzten, invasives Unkraut entfernten, sich um die neuen Pflanzen kümmerten. Später wurde das Team von vielen Freiwilligen unterstützt.

Ausstellung in Zürich
Die Fotografien von Sebastiao Salgado werden zurzeit in Zürich ausgestellt. «Genesis» ist noch bis am 23.06.2019 im Museum für Gestaltung zu sehen.

Schon bald trug die harte Arbeit Früchte. Die in der Region heimischen tropischen Bäume begannen wieder zu blühen. Dank grosszügiger Spenden konnten die Salgados ihre Arbeit unermüdlich fortsetzen. Gepflanzt wurden hauptsächlich lokale Baum- und Straucharten.

Das karge Gebiet der Salgados im Jahr 2000.
Das karge Gebiet der Salgados im Jahr 2000.bild: instituto terra.
Das Gebiet der Salgados im Jahr 2012 – ein drastischer Unterschied.
Das Gebiet der Salgados im Jahr 2012 – ein drastischer Unterschied.bild: instituto terra

Seit 1999 hat das Instituto Terra über 2 Millionen Setzlinge von 293 Baumarten gepflanzt. Entstanden ist ein 68 Millionen Quadratmeter grosser Tropenwald – was einer Fläche von 10'000 Fussballfeldern entspricht. Die biodiversitätsreiche Zone wurde kürzlich zu einem privaten Naturschutzgebiet erklärt.

Die Bewaldung hat auch zur Bekämpfung von Bodenerosion geführt und natürliche Quellen in der Region wiederbelebt. Acht Wasserquellen, die einst ausgetrocknet waren, fliessen heute wieder mit etwa 20 Litern pro Minute. Der Wald bewirkt auch, dass es in der Gegend mehr regnet und kühleres Wetter herrscht – eine drastische und willkommene Veränderung des Klimas.

Das Instituto Terra

Der bisher wichtigste positive Aspekt des Waldes ist die Rückkehr der verlorenen Fauna. Über 172 Vogel-, 33 Säugetier- und 15 Amphibien- und Reptilienarten haben sich im Wald angesiedelt. Einige der Pflanzen und Tiere in Salgados Wald stehen gar auf der Liste der gefährdeten Arten.

Das Aufforstungsprojekt der Salgados gehört heute zu den grössten Umweltinitiativen weltweit. Zwei Personen schafften es, in zwanzig Jahren einen 68 Millionen Quadratmeter grossen Wald zu pflanzen. Darum nehmen viele Umweltschützer das Beispiel der Eheleute Salgado, um zu zeigen, dass der Klimawandel nicht nur gestoppt, sondern auch rückgängig gemacht werden kann, wenn genug Initiative dafür aufgebracht wird.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Faktencheck: Die 9 beliebtesten Aussagen der Klimaskeptiker
1 / 12
Faktencheck: Die 9 beliebtesten Aussagen der Klimaskeptiker
Wir unterziehen 9 beliebte Aussagen von Klimaskeptikern dem Faktencheck. Ausführlichere Antworten und Quellen findest du hier.
quelle: epa / christos bletsos
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Wegen des Klimawandels immer mehr Orcas in Norwegen
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
56 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Walter Sahli
23.04.2019 05:53registriert März 2014
Nicht jeder kann soviel Wald aufforsten, aber jeder kann als Suchmaschine ecosia.org verwenden und so mit jeder Suchanfrage einen Baum pflanzen.
56716
Melden
Zum Kommentar
avatar
YB98
23.04.2019 07:30registriert Februar 2016
War vor einem halben Jahr in seiner Photo-Ausstellung in Zürich, war dort schon beeindruckt, zum einen von den schrecklichen Bildern aus Ruanda, zum andern aber auch von seinen fantastischen Naturaufnahmen und dem Aufforstungsprojekt.
1161
Melden
Zum Kommentar
avatar
AfterEightUmViertelVorAchtEsser___________________
23.04.2019 10:04registriert August 2017
Bravo! Saubere Arbeit für eine saubere Sache.
641
Melden
Zum Kommentar
56
Grossbritannien streitet weiter über Migranten-Abschiebung nach Ruanda
Grossbritanniens konservative Regierung lässt sich nicht von ihren Plänen abbringen, Migranten unabhängig von ihrer eigentlichen Herkunft nach Ruanda abzuschieben.

Nachdem das Oberhaus des Parlaments die Gesetzesvorlage kritisiert und Änderungen verlangt hatte, verwarf das Unterhaus am Montagabend alle zehn Anträge. Damit geht die Vorlage im nächsten Schritt wieder zurück ins Oberhaus – zum sogenannten Pingpong, einem Abstimmungsprozess zwischen den beiden Kammern des Parlaments.

Zur Story