Appelle für ehrgeiziges Ergebnis auf Klimagipfel in Belém
Im Schlussspurt der Weltklimakonferenz formieren Dutzende Länder in Bündnissen für ehrgeizigere Ergebnisse. Nötig sei ein klarer Fahrplan zur Abkehr von der klimaschädlichen Verbrennung von Öl, Gas und Kohle, heisst es in einem Brandbrief an die brasilianische Konferenzleitung.
Zu den Unterzeichnern gehören neben Deutschland auch Frankreich, Grossbritannien, Spanien, Kolumbien, Chile sowie Kenia und etliche kleine Inselstaaten, die wegen des steigenden Meeresspiegels vom Untergang bedroht sind.
Sie fordern Nachbesserungen an den zuletzt veröffentlichten Textentwürfen. «Wir müssen ehrlich sein: In seiner jetzigen Form entspricht der Text nicht den minimalen Anforderungen für ein glaubwürdiges Ergebnis dieser Konferenz», heisst es darin. «Wir können kein Ergebnis unterstützen, das keinen Fahrplan enthält für eine geordnete und gerechte Abkehr von fossilen Brennstoffen.»
Ein anderes Bündnis – zum Teil mit den gleichen Unterstützerstaaten – pocht auf eine sozial gerechte Abkehr von Öl, Kohle und Gas. An der Spitze stehen hier Kolumbien und die Niederlande. Die Konferenz dürfe nicht enden ohne einen Fahrplan für die globale Abkehr von fossilen Brennstoffen, erklärte die kolumbianische Umweltministerin Irene Velez Torres. «Fossile Brennstoffe sind die Haupt-Triebkraft der Klimakrise.» Hier wollte sich Deutschland zunächst nicht anschliessen. «Wir konzentrieren uns jetzt auf die Verhandlungen hier vor Ort auf der COP30 in Belém», hiess es. COP30 steht für die laufende Klimakonferenz.
Für Ende April kommenden Jahres laden Kolumbien und die Niederlande zu einer Konferenz zum Fossil-Ausstieg ins kolumbianische Santa Marta.
Jetzt geht es «ums Ganze»
Auch Umweltschützer befürchten schwache Ergebnisse der zweiwöchigen Beratungen in Belém, die offiziell um 18.00 Uhr Ortszeit (22.00 MEZ) enden sollen. In den vergangenen Jahren wurden die Treffen stets um mehrere Stunden oder gar Tage verlängert. Das ist dieses Jahr noch wahrscheinlicher, weil die Verhandlungen ausgerechnet in der kritischen Phase am Donnerstag wegen eines Feuers auf dem Gelände der COP30 stundenlang unterbrochen waren.
Warnung vor Fehlschlag
Der Oxfam-Experte Jan Kowalzig nannte es «schlicht unakzeptabel», dass die vorliegenden Textentwürfe keinen Ausstiegsplan aus fossilen Brennstoffen vorsähen. Es drohe ein «politischer Fehlschlag». Nun müssten Indien und China von dieser Idee überzeugt werden. Andererseits gelte es, reiche Ölstaaten wie Saudi-Arabien zu isolieren, «so dass diese nicht mehr im Weg stehen können». Sie haben eine Blockademacht, weil einstimmige Entscheidungen nötig sind.
Aktivisten von Fridays for Future und anderen Gruppen protestierten auf den Fluren der Konferenz gegen den aktuellen Entwurf. Es brauche einen klaren Plan für den Ausstieg, rief die deutsche Aktivistin Carla Reemtsma.
Schnelles Handeln ist angesichts der eskalierenden Klimakrise nötig. Denn beim Verbrennen von Öl, Gas und Kohle entstehen die meisten klimaschädlichen Treibhausgase, so dass sich der Planet immer mehr aufheizt. Die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen waren: die vergangenen zehn. Und inzwischen geht die Wissenschaft davon aus, dass die im Pariser Klimaabkommen angestrebte 1,5-Grad-Grenze spätestens zu Beginn der 2030er Jahre befristet überschritten wird.
Ein Seitenhieb nach Washington
Der brasilianische Präsident der aktuellen Weltklimakonferenz, André Corrêa do Lago, appellierte eindringlich an die Verhandler, Kompromissbereitschaft zu zeigen. Es gehe nicht ums Gewinnen oder Verlieren, sondern um einen Konsens fast aller Staaten der Erde, was einen Wert an sich habe.
«Die Welt schaut auf uns», sagte do Lago. Gelinge keine Einigung, spiele das den Gegnern des Multilateralismus, also der internationalen Zusammenarbeit, in die Hände. Ausdrücklich erwähnte er in diesem Zusammenhang die USA, die der Konferenz ferngeblieben waren.
«Stellen Sie den Menschen über den Profit»
Am Vortag hatte UN-Generalsekretär António Guterres in Belém den Verhandlern ins Gewissen geredet. «Jetzt ist Führung gefragt. Seien Sie mutig. Folgen Sie den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Stellen Sie den Menschen über den Profit», drängte er.
Viviane Raddatz von der Naturschutzorganisation WWF sagte, es sei jetzt die schwierige Aufgabe der brasilianischen Präsidentschaft, einen Kompromiss zu finden. Bislang habe sie unter widrigen Bedingungen einen guten Job gemacht. Der aktuelle Textentwurf müsse nachgebessert werden. «Aber es ist noch genug Zeit und wir sehen auch den Raum dafür.» (sda/dpa)
