Kanada ist nebst seiner eindrücklichen Natur, grossen Metropolen wie Vancouver oder Toronto, dem Ahornblatt und dem Eishockey unter anderem auch für seine Zweisprachigkeit bekannt. Diese kann auch zu Konflikten führen, wie ein Vorfall in einem Flugzeug jüngst wieder aufgezeigt hat.
Jean-Pierre Beaudoin wollte mit Air Canada von Québec City nach Fort Lauderdale in Florida in den USA fliegen, wie msn.com berichtet. Doch die Reise spielte sich nicht so ab, wie Beaudoin sich das vorgestellt hatte. Seine Bedienung in der Business-Class konnte nämlich nur Englisch sprechen, was dem Passagier überhaupt nicht in den Kram passte. Er wollte nämlich auf Französisch von der Flugbegleiterin bedient werden.
Deshalb bat er angeblich darum, dass jemand anderes ihn doch bedienen möchte. Die Flugbegleiterin habe dann mit einem Kollegen gesprochen und ihm anschliessend – auf Englisch – mitgeteilt, dass sie für diesen Bereich im Flugzeug verantwortlich sei. Sie werde ihn bedienen und wenn das für ihn nicht passe, dann habe er die Freiheit, das Flugzeug vor Abflug zu verlassen. So stellt Beaudoin das Erlebte gegenüber TVA Nouvelles dar, einem französischsprachigen TV-Sender.
Die Möglichkeit, das Flugzeug zu verlassen, schlug Beaudoin, der beide Sprachen fliessend spricht, aus. Stattdessen reagierte er mit einem Akt der Rebellion – er antwortete auf Fragen der Flugbegleiterin nur auf Französisch, wenn ihn diese auf Englisch ansprach. Es gehe ums Prinzip, so Beaudoin gegenüber dem TV-Sender.
Weiter sagte er:
Zur Sprachsituation in Kanada muss man wissen: Während in weiten Teilen des Landes Englisch die dominierende Sprache ist, wird im Bundesstaat Québec im Osten des Landes mehrheitlich Französisch gesprochen. In den grossen Städten Montréal, Québec City und der Hauptstadt Ottawa ist Französisch weitverbreitet. Die kanadische Verfassung hebt die Zweisprachigkeit, ein Erbe der Kolonialzeit, speziell hervor. Öffentliche Dienstleistungen müssen der Bevölkerung in beiden Landessprachen angeboten werden.
Aufgrund der Geschichte handelt es sich bei der Sprachfrage, insbesondere für viele Franko-Kanadier, um eine emotionale Angelegenheit. Die Fluggesellschaft Air Canada machte diese Erfahrung bereits 2019, als sich ein Pärchen beschwert hatte, dass einige Schilder auf einem Inlandsflug nur in Englisch beschriftet waren. Die Fluggesellschaft musste deshalb eine Busse von über 15'000 Dollar bezahlen.
Um die Gleichbehandlung der beiden Landessprachen zu gewährleisten, gibt es in Kanada eigens eine Sprachbehörde, die unter anderem dieses Anliegen sicherstellen soll. An diese hat sich nun auch der verärgerte Flugpassagier Beaudoin gewandt und eine Beschwerde gegen Air Canada eingereicht.
Die Fluggesellschaft stellt den Vorfall im Übrigen ein wenig anders dar, als der wütende Fluggast: Der Service an Bord sei stets in beiden Sprachen verfügbar gewesen. Das Flugzeug zu verlassen, sei keineswegs die einzige Option gewesen. Beaudoins Darstellung, wie sich der Vorfall zugetragen habe, sei falsch. Zwei der drei anwesenden Mitarbeitenden seien französischsprachig gewesen und hätten den verärgerten Gast gerne auch in seiner gewünschten Sprache bedient, wenn er dies gewollt hätte. (con)