Die Whistleblower-Organisation
Wikileaks hat am Montag zwei als vertraulich deklarierte Dokumente veröffentlicht. Darin legt die EU Pläne dar, wie die Flüchtlingsströme über das Mittelmeer eingedämmt werden könnten. Bereits Anfang Mai, nachdem erneut Hunderte von Migranten bei der Überfahrt von Afrika nach Europa ihr Leben lassen mussten, hat die EU bekanntgegeben, dass sie die Schlepper militärisch bekämpfen will.Auch wenn nicht erwiesen ist, dass die Bekämpfung der Menschenschmuggler zu einer Abnahme des Flüchtlingsstroms führen wird, gibt sich die EU überzeugt, die beste aller Möglichkeiten gewählt zu haben. Bis im Herbst letzten Jahres noch hatte die italienische Marine die Operation «Mare Nostrum» zur Hilfe schiffbrüchiger Flüchtlinge geleitet. Im Oktober wurde «Mare Nostrum» aufgegeben, der Nachfolgeeinsatz «Triton» – in Zusammenarbeit mit der europäischen Grenzschutzagentur Frontex – dienst in erster Linie dem Schutz der EU-Aussengrenze.
Der Inhalt des Operationspapier war grösstenteils bereits bekannt: Flüchtlingsboote sollen auf hoher See gestoppt und kontrolliert, Schleuser an Bord festgenommen werden. Auch Einsätze auf libyschem Hoheitsgebiet sind vorgesehen, um die Schlepperboote zu zerstören.
Von besonderem Interesse ist das Dokument, das als «Plan für eine militärische Intervention gegen Flüchtlingsboote in Libyen und dem Mittelmeer» betitelt ist. Es wurde am 12. Mai von den Verteidigungsministern der EU-Staaten entworfen und von Repräsentanten aller EU-Staaten offiziell gutgeheissen.
In dem Papier wird in bestem Beamtensprech betont, dass der Fokus der Mission auf den Kampf gegen die Menschenschmuggler gerichtet sein soll, und nicht auf die Seenotrettung von Flüchtlingen. Seenotrettungen, die während der Anti-Schlepper-Operationen unternommen werden, sollen nicht publik gemacht werden.
Weiter macht das Papier keinen Hehl daraus, dass die EU mit der Mission um ihre Reputation besorgt ist.
Das Strategiepapier schlägt zu diesem Zweck eine «Informationsstrategie» vor, um allfälliger negativer Publicity zu begegnen.
Das Strategiepapier verschleiert nicht, dass die EU-Operation in erster Linie der Bekämpfung von Schleppern, und nicht der Rettung in Seenot geratener Flüchtlinge dient. Die entsprechenden Zeilen muten dennoch schon zynisch an.
Auch wenn die Rettung von Menschen keine Priorität geniesst. Menschenleben soll sie trotzdem retten. Und zwar indirekt.
Die EU sorgt sich nicht nur um ihre Reputation, sondern auch die Beziehungen zu anderen Staaten. Vor allem zu Libyen. In dem Land herrscht seit dem Sturz Gaddafis faktisch Bürgerkrieg, die Abwesenheit von rechtsstaatlichen Strukturen begünstigt Schlepperbanden.
Wie kurzsichtig die Strategie der EU ist, wird in einem weiteren Abschnitt deutlich.
Selbstverständlich wird die Operation aber im Rahmen legaler Standards erfolgen:
(wst)